God dag,
Nach selbstverordneter T(r)ollhausabstinenz habe ich mich soeben wieder an diesen Ort begeben, um meinen wissenschaftlich-ethischen Verpflichtungen gegenüber der digitalen Allgemeinheit nachzukommen.
Denn: Die Trollerei-Frühwarnsysteme der Trollhättan Trollhögskola haben ausgelöst und ein Trollbeben mittlerer Stärke aufgezeichnet, welches nach den algorithmischen Berechnungen des Computers mit exponentiellem Wachstum fortzuschreiten droht, sofern keine adäquaten Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Kurzer Rückblick: Nachdem die frühjährlichen bis sommerlichen Trolltornadowellen den so genannten T-Wert zwischenzeitlich auf den historisch singulären Wert von 2,48 anschwellen ließen, konnte dieser durch gewiss spät, aber couragiert ergriffene Exklusions- wie Quarantänemaßnahmen wieder auf den regulären Wert von 0,2 (+- 0,068) gesenkt werden.
Die Fülle der in diesem Zeitraum gesammelten empirischen Daten konnte ich mit Kolleginnen aus dem
Steelflex Valley sowie dem halbschwedischen Farmerkonzern
VectraSeneca dazu nutzen, einen Algorithmus zu programmieren, der sich nach unseren Hoffnungen zu einem effektiven Troll-Frühwarnsystem ausbauen lässt.
Das besagte Frühwarnsystem läuft hier in den Katakomben der Trollhögskola seit dem 09. Oktober in der Testphase. Nachdem die Mehrzahl der europäischen Regierungen im November wieder zu Lockdown-Regelungen zurückgekehrt ist, die an das Frühjahr anschließen, bzw. wie im Fall Schwedens überhaupt erst zu einer solchen Regelung gefunden hat, sahen wir uns dazu veranlasst, das System frühzeitig aus seiner Testphase zu entbinden: zu greifbar das erneute Aufflammen der Trollbewegungen angesichts heimdigital gebundener Alltagsszenarien der Bürgerinnen und Bürger.
Den Risiken einer vorzeitigen Liveschaltung bewusst entgegensehend, ist das Troll-Frühwarnsystem
TrollionicEnvall in Abstimmung mit zivilgesellschaftlichen Initiativen, unabhängigen Juristen und dem Regionalparlament des Wästra Jötaland Lähns am 15. November für das gesamte
World Wide Web freigeschaltet worden.
Vor ein paar Tagen nun hat es seinen ersten Warnausschlag vermeldet (die zugehörige Troll-Warnapp scheint wie intendiert zu funktionieren), und zwar für die Browseradresse "
https://www.saab-cars.de/threads/jetzt-werden-wir-alle-sterben".
Ich komme daher meiner Berufspflicht als unabhängiger, dem Gemeinwohl verpflichteter Wissenschaftler nach und spreche folgende wissenschaftlich wohlbelegte Empfehlung aus:
Zu unterlassen empfohlen wird die künstliche Beatmung eines inhaltlich nie wirklich entflammten Diskurses (historische Antitroll-Bewegungen skandierten hierzu etwa "I won't feed the troll no more" - die hier gegebene Trollsituation mag aber eine andere sein und daher andere (Verbal-)Aktionen erfordern). Wie uns die Erkenntnisse der Diskursanalyse und der Argumentationslogik lehren, ist eine fruchtbare Diskussion auf den emphatischen Einsatz aller beteiligten Teilnehmenden angewiesen; was konkret bedeutet, dass alle Teilnehmenden die Prämissen ihrer vertretenen Argumente so offen und allgemein nachvollziehbar wie möglich darzulegen haben. Besteht an dieser Stelle eine so genannte Prämissenasymmetrie, gerät ein nicht unbeträchtlicher Teil des Diskussionseinsatzes der Beteiligten dahin, die ihnen unklaren Prämissen der anderen Teilnehmenden notwendigerweise auf dürftiger informationeller Grundlage konstruieren zu müssen. Wo aber erst erraten werden muss, auf welche Grundlage das Gegenüber überhaupt seine Thesen stützt, wird Sachlichkeit gezwungenermaßen durch subjektive Konstruktion ersetzt und jede Diskussion im Sinne der Aufklärungstradition verunmöglicht.
Diese Aporie digitaler Forenkommunikation hat Kajo Kemmler bereits 1952 in seinen
Utopischen Vulkanversen antizipiert und in ein anschauliches Geheiß gewendet:
Zu einem Streit
Gehören je schon zwei
Sich zu enthalten bleibt
Liebsüchtiger Rumeierei
D'accord,
Dr. Fahrspaß