Das Angebot ist halt weit höher als die Nachfrage. Dies regelt den Preis dann ganz klar ab.
Jein. Wie viele GUTE Steilschnauzer gibt es denn auf dem Markt? Das werden in Deutschland jährlich vielleicht fünf Autos sein. Wieviele ernsthafte Interessenten für Nichtforumsgölfe gibt es? Ich denke schon, daß es auch mindestens fünf sein werden, vielleicht sogar drei mehr.
Das Problem ist nicht, daß Angebot und Nachfrage weit auseinanderklafften (
beides geht gegen null und ist damit im Gleichgewicht...
), sondern daß der Markt so klein ist, daß es keinen wirklichen Markt mehr gibt. Wenn es keinen Markt gibt, gibt es auch keine "Marktpreise". Ich habe bis jetzt jeden meiner Saabs so losbekommen, daß ich mit dem Ertrag zufrieden war. Oft weit jenseits dessen, was hier als "Marktwert" tituliert wurde. Ich habe aber teilweise anderthalb oder zwei Jahre warten müssen.
Wer einen leidlich guten 9000 CC sucht, der kann sich entweder eine halbgare Grotte kaufen und die selber fit machen, oder er kauft das einmal im Jahr auftauchende brauchbare Auto und zahlt dann das, was Verkäufer dafür haben will. Wer einen guten 9000 CC loswerden will, der muß auf den einen Typen warten, der unbedingt so ein Auto haben will und keinen Nerv hat, es selber zu machen - oder er muß es mit Gewalt über den Preis in den Markt drücken. Sprich verschenken. Oder schlachten oder vom Schrotti abholen lasssen, denn der endverbrauchte 9000cc will auch niemand.
Und warum sollte jemand eine halbgare Kiste nehmen, wenn es für ein paar Euronen mehr einen gut gepflegten Vollausstatter, oder gar eine Gasanlage mit dazu, gibt?
Normalerweise standen sich Voyager in den Portalen vor Jahren auch die Reifen platt. Meinen 'vollen' mit LPG hätte ich am ersten Tag dreimal verkaufen können - preislich gut zwei Scheine über ansonsten in Alter und LL vergleichbaren 'Einsteigermodellen'.
Es sind und kommen deutlich mehr durchschnittliche SAABs auf den Markt, als nachgefragt werden. Und wenn die Leute halbwegs bei Sinnen sind, finden nur die besten davon einen Käufer - nicht die billigsten!
Die Leute sind nicht bei Verstand. Sonst würden sich Neuwagen nicht so gut verkaufen.
Spaß beiseite: der Gebrauchtwagenmarkt ist aufgrund der Informationsasymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer disfunktional. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich schon auf
Akerlöf verlinkt habe, tue das aber gerne noch einmal. (Hier der
Originaltext). Stark vereinfacht und verkürzt: der Durchschnittskäufer ist nicht in der Lage, zwischen guten und halbgaren Autos zu unterscheiden; also wird er nur den Preis eines halbgaren Autos bezahlen, weil er sonst in Gefahr liefe, zuviel für ein als gut beworbenes Autos zu bezahlen, das aber tatsächlich doch nur halbgar ist. Das führt dazu, daß Autos vom Verkäufer vor dem Kauf heruntergerockt werden, weil man das zuvor in den Unterhalt gesteckte Geld beim Verkauf nicht mehr reinbekommt. Am Ende gibt es dann fast nur noch Grotten auf dem Markt. (Anmerkung von mir: daß die Leute nur Grotten bezahlen wollen schließt aber unrealistische Zustandserwartungen nicht aus.)
900, insbesondere wenn keine schwarzen Vollturboscoupés oder -Cabrios sind, und vor Allem 9000 befinden sich noch in den Niederungen des schnöden Ge- und Verbrauchtautomarktes. Es gibt also auch hier deutlich mehr Grotten als gute Autos. Ergebnis: s.o.
Im Klassikerbereich sieht das etwas anders aus. Da findet tatsächlich eine preisliche Differenzierung statt. Dummerweise haben viele Käufer dennoch nicht mehr Ahnung von Autos als zuvor. Deshalb hängen sie sich an "Kennzahlen" wie der Anzahl der Vorbesitzer oder dem Kilometerstand auf... und zur Sicherheit muß es ein Scheckheft geben. Die Kilometer sagen aber absolut nichts über den tatsächlichen Zustand aus, wie ein Vergleich von
Plüschtier und
Veronica nachdrücklich zeigen könnte. Oder der Vergleich mit dem jahreswagenzuständlichen 430.000km-S8 im Bekanntenkreis...
Wer jetzt ein gutes Auto hat, das aber nicht in die Suchraster "wenig Kilometer, aus erster Hand" paßt, für den reduziert sich der potentielle Käuferkreis noch weiter.
Mir persönlich sind beim Autokauf die Kilometer herzlich egal. Ich lege aber Wert auf eine zumindest leidlich nachvollziehbare Historie. Ein Scheckheft muß nicht sein; aber Wartungs- und Reparaturnachweise in Form von Werkstattrechnungen sind schön. (Die Tatsache, daß alle Autos, die ich länger als 500km fahre, lückenlos dokumentiert sind hat beim Verkauf meiner eigenen Autos übrigens auch immer sehr geholfen, bzw war oft sogar der Hauptgrund, daß ein Verkauf zustandekam.)
Manchmal weiche ich davon ab: zum 9-5 gibt es beispielsweise nur Rechnungen vom Vorvor- und Vorvorvorbesitzer, aber keine aus der Zeit, in der das Auto beim Verkäufer war. Dafür kenne ich den Verkäufer seit einigen Jahren, weiß daß er etwas von Autos versteht und sich um seine Autos zu kümmern pflegt, und ich wußte sogar von den kleinen Problemchen, die er mal damit hatte, lange bevor ein Verkauf überhaupt zur Diskussion stand. Kurz: Papier wurde hier ersetzt durch gewachsenes Vertrauen. Ist aber für den Gesamtmarkt auch unpraktikabel. Man kann nicht jeden kennen.
Wir bewegen uns bei Altsaabs aber mittlerweile in Bereichen, in denen der technische Zustand deutlich hinter die Karosserie zurücktritt. Wenn die Karosserie rostfrei bzw rostarm ist, dann kann die Technik komplett durch sein, es wird unterm Strich dennoch das billigere Auto bleiben. Diese Beurteilung erfordert aber wiederum zwingend eine eingehende persönliche Besichtigung und etwas Sachverstand - oder eben wieder viel Vertrauen in den Verkäufer...
Im dreistelligen Preisbereich kann ich auf all das auch verzichten, einfach weil das finanzielle Risiko so gering ist; aber offensichtlich ist rationale Risikobewertung keine Stärke der Bevölkerungsmehrheit. (Anders ließe sich die gegenwärtige Terrorhysterie auch nicht erklären, aber das ist ein ganz anders Thema.)
Fazit:
- wer einen Saab verkaufen will braucht Zeit, ansonsten muß er über den Preis konkurrieren.
- wer über den Preis konkurriert, konkurriert mit Grotten, und muß folglich auch mit deren oftmals durchwachsenem Käuferkreis auskommen.
- wer ein Auto zu einem angemessenen Preis und in einer angemessenen Zeitspanne verkaufen will, der jat Pech.
- wer ein guten Saab zeitnah kaufen will, der muß jeden Preis zahlen, den der Käufer des einen im Betrachtungszeitraum auftauchenden guten Autos aufruft.
- wer einen guten Saab kaufen will, aber nichts dafür bezahlen, der muß sich durch die Flut der Grotten quälen, bis er ein an sich brauchbares Auto von einem entnervten Verkäufer unter Zeitdruck findet.
- wer ein gutes Auto in einem angemessenen Zeitrahmen finden möchte und die Qualität nicht selber beurteilen kann, der hat Pech.
Kurz: die Marktsituation ist eigentlich für Käufer- wie Verkäufer derzeit gleichermaßen unbefriedigend. Kein Wunder, es gibt ja keinen funktionierenden Markt.
Eine Lösung dafür gibt es nicht. Aber man kann seine eigenen Erwartungen anpassen, dann ärgert man sich auch nicht darüber.