Ich hab da neulich auch sowas gehabt...
cruise gelassen in der Morgendämmerung mit Tacho 95-100 über die Landstraße. ab und an ist da ja tempo 80, aber das paßt dann auch noch.
Straße ist übrigens schnurgerade, ab und an leichte Huckel, aber recht ansonsten recht gut einsehbar.
Auf einmal *Plink* ein rotes Licht. Nee, oder?
Mich hat das so geärgert, ich bin gleich den nächsten Feldweg raus und die Strecke zu Fuß abgegangen.
Ergebnis:
- da steht je Fahrtrichtung ein Blitzer.
- da ist tatsächlich tempo 60!
- die Straße geht geradeaus, es gibt keine Kreuzung oder Einmündung.
- Aber: da steht ein Wildwechselschild. In Gegenrichtung auch.
Dumm nur, daß auf der einen Straßenseite ein ziemlich großes Industriegelände ist - ob das Reh wohl unbedingt da hin will?
Noch lustiger: die Wildwechselgefahren sind versetzt. Das heißt, in die einen Richtung ist die "Gefahr" (und die Geschwindigkeitsbeschränkung) aufgehoben, und dann steht da nach ein paar Metern auf der anderen seite ein Schild, welches Gleiches verkündet. Moment? Das heißt ja, die Gefahrenbereiche sind 20 Meter versetzt. Interessant. Das Reh läuft also auf meine Fahrbahnseite, verläßt diese nicht sondern trabt in Fahrtrichtung auf dieser weiter. Bei erreichen des Blitzers setzt es zu einem Spurt an, um im Sprung die 20 Meter Distanz überbrüken zu können, und springt dann 20 Meter auf die andere Fahrbahn, um dort festzustellen, daß es da ja (wegen der Industrie) gar nicht hinwill. Daraufhin ist es dann so verärgert, daß es sich wie Rumpelstilzchen selbst zerreißt.
Es iost ja sowas von klar, daß das die reinste Abzocke ist... Mein erster Gedanke war, den Blitzer herrauszureißen. Da mir dann aber der 303 in den Sinn gekommen, und ich habe mich besonnen und es gelasssen. Einfach den Film zu entnehmen war dann der nächste Gedanke, aber das ist garantiert auch irgendwo verboten und deshalb schied das für mich als gesetzestreuen Bürger auch aus.
Kann man sich denn irgendwie gegen so eine Abzocke wehren?
Ich dachte da an eine Anzeige der verantwortlichen wegen Nötigung oder Erpressung sowie Bildung einer kriminellen vereinigung (wobei das schon dreist wäre, die betreffende geeinde als kriminelle vereinigung zu bezeichnen. Frage dazu: reicht es aus, wenn eine schon bestehende Vereinigung zu kriminellen Zwecken umgewandelt wird, oder muß tatsächlich eine *gegründet* werden?)
Außerdem müßte man ja auch gegen den Bußgeldbescheid vorgehen können, schließlich wird der ja aufgrund eines Verstoßes gegen einen rechtswidrigen Eingriffe erlassen.
Dazu müßte die Geschwindigkeitsbeschränkung ein rechtwidriger Eingriff sein.
Zunächst könnte fraglich sein, ob eine Geschwindigkeitsbeschränkung überhaupt ein Eingriff ist. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung das Recht des Autofahrers, schnell zu fahren. Dieses ist eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts1) und wird in §3 StVo sinnvollerweise so ausgeprägt und gestaltet, daß es nicht mehr in Konflikt mit den Rechten anderer Verkehrsteilnehmer gerät.
Daß nicht das langsame, sondern das zügige, mit anderen Worten schnelle Fahren den Normalfall darstellt, wird durch §3 II StVO klargestellt.
Eine Geschwindigkeitsbeschränkung stelt folglich einen Eingriff in ein Grundrecht dar.
Des weiteren müßte dieser Eingriff rechtswidrig sein.
Aus der oben vorgetellten Betrachtensweise ist klar ersichtlich, daß die von der StVo vorgesehenen Geschwindigkeitsbeschränkungen nur zum Zweck der Vermeidung der Gefährdung der Verkehrsteilnehmer zulässig sind.
Zwar wurden in diesem Falle die Geschwindigkeitsbeschränkungen unter dem Vorwand der Gefahr eines Wildwechsels eingerichtet, diese Gefahr bestand jedoch nicht.
Das Einrichten der Geschwindigkeitsbeschränkung war somit rechtswidrig. Der Bußgeldbescheid sowie die Ergreifung weiterer Maßnahmen (Meldung an das zentrale Register in Flensburg) sind nichtig.
Hilfsgutachten:
Auch unter der Annahme einer tatsächlich durch Wild hervorgerufenen Gefahr könnte die Geschwindigkeistbegrenzung unzulässig sein.
Das wäre u.A. bei einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Fall.
Um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen, muß eine Maßnahme geignet, erforderlich und angemessen sein.
Eine Maßnahme ist geeignet, den Zweck zu erreichen, wenn sie seine Erreichung bewirkt oder zumindest fördert.
Zweck der Geschwindigkeitsbegrenzung war hier die Vermeidung von Wildunfällen. Hier waren aber die Geschwindigkeitsbeschränkungen wegen derselben Gefahr in beiden Fahrtrichtungen an unterschiedlichen Orten eingerichtet. Es ist aber nict einzusehen, daß im ersten bereich das wild nur die eine Fahrbahnseite, nach Aufhebung des gefahrenschildes dann keine Fahrbahnseite, und dann wieder die andere, entgegengesetzte Fahrbahnseite gefährden sollte. Selbst wenn man zugute hält, daß Rehwild sich zumeist springenderweise fortbewegt, so erscheint es zumindest fraglich, daß es der verwaltung möglich ist, die Orte der Landung nach dne sprüngen so dezidiert vorrauszusagen. Desweiteren ist durchaus anzuzweifeln, daß ein Rehbock regelmäßig eine Sprungentfernung von 20 Metern bewältigt.
Die Einrichtung der Geschwindigkeitsbegrenzung war in der gegebenen Durchführung nicht geeignet, Wildunfälle zu verhindern oder weniger wahrscheinlich zu machen.
Die Geschwindigkeitsbeschränkung ist unverhältnismäßig.
Der Bußgeldbescheid sowie die Ergreifung weiterer Maßnahmen (Meldung an das zentrale Register in Flensburg) sind nichtig.
Hilfsgutachten:
Die Zulässigkeit der Geschwindigkeitsbeschränkung könnte auch an der Erforderlichkeit der Maßnahme scheitern.
Eine Maßnahme ist erforderlich, wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht, das ebenso (oder sogar besser) geeignet ist, den Zweck zu erreichen, gleichzeitig aber denjenigen, den die Maßnahme betrifft, weniger belastet.
Zweck der Maßnahme war hier die Vermeidung von Wildunfällen. Ein Wildzaun entlang der Straße könnte aber zuverlässig verhindern, daß Wild die Fahrbahn erreicht und den Verkehr überhaupt gefährdet.
Durch einen Wildzaun könnte der Zweck ebenso oder besser erreicht werden, gleichzeitig würde der Autofahrer geringer belastet.
Die Geschwindigkeitsbeschränkung ist unverhältnismäßig.
Der Bußgeldbescheid sowie die Ergreifung weiterer Maßnahmen (Meldung an das zentrale Register in Flensburg) sind nichtig.
Die Geschwindigkeitsbeschränkung ist nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig.
Der Bußgeldbescheid sowie die Ergreifung weiterer Maßnahmen (Meldung an das zentrale Register in Flensburg) sind nichtig.
Hilfsgutachten:
(Ich könnte die Geschwindigkeitsbegrenzung jetzt auch noch an der Angemessenheit scheitern lassen, hab aber keine Lust, hier so viel zu schreiben.)
1) Jeder saabfahrende Jurist kann sich dieser Auffassung nicht vernünftigerweise entziehen.