Den Bericht auf Frontal21 habe ich auch gesehen und mir darauf hin die Homepage des Anbieters IMT angesehen. In seinen Beschreibungen suggeriert dieser meiner Meinung nach, dass der Ölwechsel vollständig ersetzt wird – beim Frontal21-Beitrag hatte ich auch den Eindruck, dass das so dargestellt wird. Das kann so natürlich nicht richtig sein, in meinem Kopf schob ich den Anbieter daher schon in die „Scharlatan“-Ecke, denn gegen thermische und chemische Alterung kann kein Filter was tun.
Realistischer wird die Sache dann aber in einem Beitrag von 3Sat nano, der auf der IMT Homepage verlinkt ist. Dort - und auch auf der Homepage des Entwicklungspartners Männl Elektronik - wird darauf hingewiesen, dass Frischöl bei jeder 5. Inspektion benötigt wird, dann also ein normaler Ölwechsel durchgeführt wird. So sieht die Sache schon anders auch und kann unter Umständen funktionieren. Denn so ist es im Prinzip eine Ausdehnung der Wechselintervalle auf 60.000 – 100.000 km bei regelmäßiger zwischenzeitlicher Ölreinigung. Wenn dann womöglich noch ein neuer Ölfilter zum Einsatz kommt und dadurch wieder ein halber Liter Frischöl reinkommt, dann hilft das zusätzlich. In einem Motorprüfstandslauf über 150.000 km bei der Dekra ohne Ölwechsel hat das System laut einem älteren Frontal21-Beitrag funktioniert, ohne dass der Motor Schaden genommen hat. Auf Vermessungsergebnisse nach Testende nach Zerlegung des Motors wurde leider nicht eingegangen, erst dann hätte sich ein Gesamtbild ergeben.
Auf der Homepage von IMT ist unter „Wissenswertes“ ein Gutachten der Dekra dargestellt, das eine Ölprobe vor und nach Filterung zeigt. Auch 3Sat hat im Rahmen seines Beitrages sowas in Auftrag gegeben. Das Gutachten der Dekra zeigt aber nur einige Additivmetalle tabellarisch. Mir persönlich fehlt da allerdings Wesentliches. Zum einen sind die Verschleißmetalle nicht tabellarisch mit ihrer Konzentration in ppm bzw. mg/kg vor und nach Prozedur dargestellt. Dies würde zeigen, wie effektiv die Filterung ist. Ein Infrarotspektrum ist abgebildet aber so nicht lesbar, man kann die x-Achse nicht erkennen. Im nano-Beitrag ist das Beispiel Eisen rausgepickt, der Infrarot-Peak ist reduziert. Um wieviel, das kann man auf die Schnelle nicht sehen. Generell habe ich keinen Grund, die Wirksamkeit der Filterung anzuzweifeln, aber bevor das bei meinem Auto zum Einsatz käme, würde ich gerne konkrete Zahlen sehen wollen. Vor allem wäre natürlich eine Analyse vorher/nachher beim 4. Mal, also dem letzten Mal bevor frisches Öl reinkommt, interessant. Dann frage ich mich, wie die den Kraftstoff aus dem Öl bekommen, denn der ist aufgrund seiner chemischen Eigenschaften perfekt im Öl gelöst und müsste ausgedampft werden, denn wie will man das filtern oder abscheiden? In einem Beitrag sieht man, dass das Öl im Apparat erhitzt wird, allerdings sind nur die Temperaturwerte 50-60°C auf der Anzeige zu sehen. Die Filterung dauert zudem nur 20 Minuten. Beides zusammen reicht nicht, um größere Mengen Kraftstoff aus dem Öl zu bekommen, vor allem bei Diesel nicht. Auch hier gibt es keinen konkreten Zahlen in einem Ölanalyse-Protokoll vorher/nachher. Ganz wichtig wären auch die Kennziffern TAN/TBN, die anzeigen, wie stark das Öl mit sauren Verbrennungsprodukten kontaminiert ist und wie groß noch die alkalische Reserve des Öls zur Neutralisation ist. Die nachträgliche Additivierung mit dem Festschmierstoff Graphit (das selige MoS2 lässt grüßen...) ist ein Notbehelf, denn auf ein gutes Additivpaket eines Herstellerlabors hat IMT ja keinen Zugriff.
Die Öldialyse kostet ca. 70 Euro. Das lohnt finanziell nur, wenn man es entweder mit hohen Ölmengen zu tun hat (z. B. Nutzfahrzeuge), oder wenn das Öl sehr teuer ist (z. B. VW Longlife in der VW-Vertragswerkstatt). Wer aber nur irgendein „Normalöl“ benötigt, für den ist der Tausch in einer freien Werkstatt oder bei Aktionen von Waschanlagen und Werkstattketten (ATU, Pit Stop) billiger.
Es bleibt letztlich doch noch ein ganz wesentlicher Vorteil der Öldialyse bestehen – sofern sie belastbar funktioniert: Es fällt deutlich weniger Altöl zur Entsorgung oder energieintensiven Aufbereitung an und es wird viel weniger Rohöl benötigt, was die Ressourcen schont. Mir wäre nämlich bedeutend lieber, dass das ganze Erdöl länger/billiger für die Kunststoffe die wir ständig benötigen zur Verfügung steht. Wenn das weiter für die Mobilität drauf geht, steigen die Preise früher oder später (wann auch immer das ist) empfindlich an – für alles wo Öl drin ist.