Rallye-Einsätze mit dem 96

Onkel Kopp

Don Quijote de Olja a.D.
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SAAB
900 I
Baujahr
1988
Turbo
Ohne
Ich bin gestern wieder auf ein paar herrliche Zeilen im Buch "40 Jahre Rallyesport" gestoßen, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Ich poste sie mal hier, da es da hauptsächlich um Erik Carlsson und den 96 geht:

Saab-Einsätze wurden nicht „irgendwie abgespult“, sie wurden zelebriert, begleitet von Blitz und Donner. Ein am Limit bewegter Rallye-Saab wirkte auf den Betrachter wie ein Derwisch im Kampf mit den Elementen: Wenn ein Saab Humalamäki fuhr, sprang und flog er nicht einfach, er teilte bei jeder Landung das Erdreich, ließ Erdfontänen aufsteigen, ächzte und stöhnte und wirkte wie eine Mischung aus Panzer und Panther. Saab-Siege wurden nie erkauft, und erprotzt. Saab-Siege wurden erkämpft, mit Vergaservereisung, Bremsfading und Männerschweiß. Die Fußbremse benutzten Saab-Fahrer lediglich zum Lenken! Die Autos waren toll, aber nicht im Sinne eines Stratos, gegen dessen Herrlichkeit jeder Fahrer verblassen musste. Saab-Autos ließen genügend Spielraum, um auch die Fahrer heldenhaft erscheinen zu lassen: Saab-Fahrer hatten stets ein besonderes Kaliber, ein besonders großes Herz, höchste Perfektion, Artistik, Kampfgeist! Den Größten unter ihnen nannte man „Carlsson-auf-dem-Dach“, und er war so stolz auf diesen „Kriegsnamen“, dass er sich ihn auf die Wagentür klebte.

Nett finde ich auch die Rallye-Story von Erik Carlsson von der 1962er RAC-Rallye, die er gewann, aber beinahe noch verloren hätte.

Erik Carlsson und sein Copilot David Stone lagen überlegen in Führung, als die hintere Radaufhängung an ihrem Rallye-96 brach. Sie humpelten ins Etappenziel und waren ziemlich ratlos. Service gab es damals ja noch nicht. Da fiel ihr Blick auf einen nagelneuen Saab 96 am Straßenrand, der dort abgeschlossen parkte – vom Besitzer keine Spur. Da man damals quasi mit Serienautos fuhr, legten die beiden kurzerhand den Zuschauer-96 auf die Seite und bauten die hintere Radaufhängung aus. Als sie gerade beim Einbau in ihren Rallye-Saab waren, tauchte der Besitzer auf, wurde blass und wollte unverzüglich die Polizei holen. Erik Carlsson konnte ihn jedoch beschwichtigen und davon überzeugen, dass dieser Eingriff jetzt wirklich unbedingt notwendig ist!

Erik Carlsson gewann die Rallye, freundete sich mit dem edlen Spender an und traf ihn noch regelmäßig bei der RAC.

In dem Buch gibt es auch ein Interview mit Erik Carlsson, wo er noch ein paar Anekdoten zum Besten gibt. Ich habe herzhaft gelacht. Die mit dem "Auto-seitwärts-aus-dem-Schlamm-rollen" von der 1964er Safari ist ja relativ bekannt, sie steht auch in Bleekers "The Spirit of Saab", aber es gibt noch ein paar kleine solcher Anekdoten. Die gibt's dann morgen...
 
Ooooch wie früher

als Muttern vorm Kaminofen Geschichten vorgelesen hat :smile: und Morgen erzähl ich Euch . . .:eek:
hoffentlich iss bald Morgen :biggrin::biggrin::biggrin:

michel
 
Ok, weiter geht’s. Leider erlaubt das Format und Gewicht des Buches keinen Scan des gesamten Interviews, aber ein paar Auszüge sind definitiv besser als nix:

Erik Carlsson über die Geschichte, dass er beinahe 1962 bei der Safari-Rallye in Kenia einen einheimischen Beifahrer gehabt hätte:

„…, ich hatte bei der RAC ein Ticket für den Flug zur Safari gewonnen. Außerdem wurde mir das Hotel bezahlt, und mir wurde ein Beifahrer gestellt. Das war ein einheimischer Zahnarzt, der wohl ein paar Mal die Safari gemacht hatte. Na gut, ich habe ihn ins Auto geladen und eine Trainingsfahrt mit ihm gemacht. Er hatte seiner Frau gesagt, wo es besonders schön zuzuschauen sein. Da stand sie dann auch und hat einen Schock fürs Leben bekommen, als sie uns so fahren sah. Am nächsten Tag hat sie angerufen. Sie wolle nicht, dass ihr Mann bei so einem verrückten Skandinavier im Auto sitzt. Er würde nicht mehr erscheinen. Also musste ich mir einen anderen Copiloten suchen.“

Legendär die Geschichte von der 1964er Safari. Carlsson:

„Es war endlos viel Schlamm auf der Straße. Wir hatten den Saab richtig festgefahren. Es war völlig zwecklos, das Auto irgendwie zu schieben, es bewegte sich keinen Millimeter. Also haben wir es zur Seite aufs Dach gerollt, auf die Räder und wieder aufs Dach, bis wir am Straßenrand auf Gras kamen. So konnten wir weiterfahren. Am Ziel in Nairobi, bei der Preisverleihung, hat uns keiner die Geschichte geglaubt. Also haben Gunnar (Palm, der Co.) und drei Mechaniker das Auto in Nairobi fröhlich über die Wiese gerollt. Am nächsten Tag waren wir mit der Nummer in jeder Zeitung."

Anschließend ließ sich der Motor problemlos starten und das Auto fuhr. Zu Ergänzung sollte man noch sagen, dass Ford, siegreich auf Cortina GT, offenbar etwas neidisch auf diese Publicity war und bei der Siegerehrung dieses Manöver auch durchführen wollte. Ergebnis: Die Dachsäulen verformten sich, alle Scheiben platzten und der Cortina entledigte sich seiner Betriebsflüssigkeiten. Peinlich!

Bei der Safari im darauf folgenden Jahr hatte Carlsson einen Copiloten, der weltweit vermutlich noch bekannter war als er selbst: Seinen Schwager und einen der besten Formel 1-Piloten Stirling Moss.

„Er war ein ganz hervorragender Beifahrer. Es war nicht seine Schuld, dass wir schließlich aus der Wertung fielen. Uns ist der Tripmaster eingegangen. Und als wir das bemerkten, hatten wir uns schon hoffnungslos verfranzt. Er hatte ein eigentlich nicht so schlechtes System ausgeheckt: Er hatte unsere Route aus Landkarten ausgeschnitten und alles zu einem langen Streifen zusammengeklebt, den er dann bei der Fahrt von einer Rolle abzog. Sehr praktisch, nur wenn man sich verfuhr, war der Kartenausschnitt manchmal ein bisschen schmal. Aber Sterling hatte das, was ich so sehr hoch schätze: Hundertprozentige Entschlossenheit zum Sieg. Einmal kamen wir an ein hoffnungslos riesiges Schlammloch. Das Loch lag in einem Tal. Stirling sagte: „Ich steige aus und lege mich auf die Motorhaube. Dann hast du mehr Traktion vorne. Mit ordentlich Anlauf schaffen wir den Schlamm“. Ich bin also wieder rauf auf den Hügel. Stirling hat sich auf der Haube so gut festgehalten wie es ging. Dann bin ich den Berg runter wie der Teufel, durch den Schlamm und am anderen Hang wieder rauf. Moss sah aus wie ein Schlamm-Monster, aber er strahlte. Ich hätte mich nicht auf die Haube gelegt“

Ob Schumi so eine Aktion auch bringen würde? Aus heutiger Sicht unglaublich erscheint auch die Aktion bei seinem 1000-Seen-Sieg in Finnland 1957 auf dem 93. Erik dazu:

„In einer Prüfung haben wir fast die Hinterachse verloren. Na ja, wir haben es aus der Prüfung noch raus geschafft. An einer Tankstelle hat mein Beifahrer, Mario Pavoni, ein Schweißgerät ausgeliehen und angefangen zu reparieren. Die Zeit lief uns weg, wir mussten weiter. Also haben wir das Schweißgerät mitgenommen, und Pavoni hat durch ein Loch hinten im Boden während der Fahrt über die Etappe kräftig weitergearbeitet. Am Start zur nächsten Prüfung war das Auto wieder fertig.“

Gegen Ende des Interviews erzählt er über Abwerbe-Angebote der Konkurrenz und der Treue zu Saab:

"Ja, da war mal ein Angebot von Ford. Da hätte ich das Drei- oder Vierfache von dem bekommen, was ich bei Saab verdiente. Ich hatte den Stift zur Unterschrift schon in der Hand. Aber ich habe es nicht getan. Denn ich bin mit Saab praktisch aufgewachsen. Und bei Saab war man immer wirklich sehr fair zu mir. Ich hatte nie einen Vertrag, das war nicht nötig. Ich fühlte mich bei Saab immer zu Hause. Auch heute noch. So bin ich heute voll überzeugt, das Richtige getan zu haben. Natürlich war der Saab zu meiner Zeit auch immer ein konkurrenzfähiges Auto. Bei Stig war das ein bisschen anders. Aber auch er blieb. Möglicherweise wäre er auf dem Höhepunkt seines Könnens besser zu einem anderen Team gegangen. Aber das ist schwer. Denn Saab war ein unvergleichliches Team.“
 
Danke für die so herrlich zu lesenden Passagen - ja, so lieben wir es!!

Kannst du bitte genauer angeben, aus welchem Buch sie stammen, vielleicht gibt es das noch antiquarisch.

Gruß, Martin
 
Danke für die so herrlich zu lesenden Passagen - ja, so lieben wir es!!

Kannst du bitte genauer angeben, aus welchem Buch sie stammen, vielleicht gibt es das noch antiquarisch.

Gruß, Martin

Hallo Martin.

Dieses Buch besitze ich auch. Es ist ein ziemlich dicker "Schinken".

Buhlmann/Klein: "40 Jahre Rallyesport" Motorbuchverlag. Kein Ahnung ob es das noch neu gibt,
sicher aber antiquarisch. Es ist relativ verbreitet.

Ciao!
 
Bei zvab.de gibt´s ne 2. Auflage von ´05 für 30 Euronen. Die würde es sicher auch tun.

Ciao!
 
Ich hab meins wenn ich mich recht erinnere vor etwa 3 Jahren auch bei amazon gekauft, es gibt es also noch. Ist wirklich lesenswert.
 
Ja nu und ?

Iss die Märchenstunde schon zu Ende ? Karl May hat doch auch x Bände geschrieben und wenn der Schinken so dick iss, jehts doch hoffentlich ooch weiter :rolleyes: :confused: :smile: . Da kann ich mich doch nich jeirrt ham :biggrin::biggrin::biggrin:

michel
 
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