Besuchsbericht
Am Freitag haben MMB und ich uns das schwarze Cabrio angeschaut. Für mich war’s auch nur eine 15-Minuten-Anreise, Auto-Gucken macht ja einfach auch Spaß.
Der Besitzer erfüllt ein paar Saab-Cabrio-Fahrer-Klischees als Architekt und Killesberg-Bewohner. Daher wurde in das Auto zeitweise kräftig, zeitweise wenig investiert. Verkaufsgrund ist der Umstieg auf einen schwarzen Porsche 911 mit gelbem Leder.
Wegen Winternutzung war ich auf Schweller, Türen, Schweißnähte und die Achswellentunnel gespannt. An diesen Stellen kann man Entwarnung geben, der Wagen ist unterbodenseitig gut.
Leider ist die restliche Karosserie von außen eher mäßig. Es gibt eine Reihe Blasen am beifahrerseitigen hinteren Radlauf, hier ist eine Durchrostung vorhanden um die sich ein Käufer dringend kümmern muß. Motorhaube und Kofferraumdeckel wurden bereits ersetzt gegen original weiß lackierte Teile, die schwarz umlackiert wurden. Leider hat die Motorhaube bereits wieder deutliche Kratzer, um das Saab-Logo wurde auch schon mal nachlackiert, was am verbliebenen Sprühnebel zu erkennen ist. Trotzdem blättert der Lack rund ums Logo schon wieder. Der Kofferraumdeckel hat leichte Spuren vom Gepäckträger, auch die Innenkanten der Seitenteile hatten ebenfalls sichtlich Kontakt mit der Gepäckbrücke. Die Stoßstange vorn wurde bereits lackiert, leider die Seitenteile nicht. An der Seitenwand unterhalb des Antennenlochs konnte ich ebenfalls leichten Sprühnebel erkennen, der aber älteren Datums zu sein schien, es ließ sich nicht mehr erschließen, welcher Bereich da lackiert wurde.
Die fahrerseitige Rückleuchte hat ein kleines Loch, die Stoßstange hinten ist schon deutlich gebraucht worden und die Stoßstangen-Seitenteile sind ebenfalls ziemlich wellig. Der Airflow-Kit steht an manchen Stellen etwas ab, ob man das wieder hinkriegt ? Die Hängerkupplung wurde offensichtlich nur spazierengefahren, der im Kofferaum liegende Haken sieht aus wie neu. Die Karosserie unterstützt diesen Eindruck, sie ist keinesfalls durch starken Hängerbetrieb weich geworden. Unfallspuren konnte man nirgends entdecken.
Bei der Probefahrt konnte die Technik grob gecheckt werden. Das Getriebe schaltet sauber und macht auch keine verdächtigen Geräusche. Es wurde gegen ein gutes gebrauchtes Getriebe ausgetauscht, ist also nicht neu wie in der Anzeige angegeben. Der Zylinderkopf wurde wegen Rißbildung ebenfalls gegen einen gebrauchten Kopf getauscht. Der Motor zieht gut, der Ladedruck ist voll da, es gibt keine Geräusche, die nicht sein dürften. Gelegentlich geht der Leerlauf nach unten bis kurz vorm Ausgehen, vermutlich gibt es irgendeine Undichtigkeit im Ansaugtrakt. Die APC-Einheit ist von 1989, mit der roten Box gab es wohl irgendwelche Probleme. Der Tachostand ist übrigens 230 tkm und nicht 210 wie in der Anzeige angegeben. Der Motorraum ist die übliche verstaubte Höhle, der Motor ist aber öldicht und es sind keine Spuren irgendwelcher Pfuschlösungen zu sehen. Ein Ölwechsel ist ganz frisch gemacht worden, das Service-Scheckheft soll vollständig sein, wurde aber nach Angabe des Verkäufers leider in einer der Werkstätten verschlampt. Der Krümmer hat zwei kleine, aber deutliche Risse. Das Fahrwerk und die Bremsen sind unauffällig.
Das Verdeck wurde vor nicht allzu langer Zeit neu gemacht, ist aber nicht ganz dicht, wie Wasserflecken in der Verdeckwanne bezeugen. Der Innenhimmel wurde nicht ausgetauscht und sieht nicht mehr schön aus, vorne sind kleine Löcher drin, woher immer die auch stammen mögen und die Klettverschlüsse an den seitlichen Verdeckteilen halten nicht mehr.
Der Innenraum selbst macht einen ziemlich verwohnten Eindruck. Die Sitze sind soweit o.k., schreien aber nach ordentlicher Lederpflege. In das Kniebrett wurden Löcher gehackt und Lautsprecher eingebaut, das sollte dringend wieder in Originalzustand versetzt werden. Die Schalter für Verdeck und die elektrischen Fensterheber reagieren erst auf deutlichen Nachdruck, die Window-Down-Funktion des fahrerseitigen eFH ist defekt. In der Mittelkonsole finden sich Saab-Zusatzinstrumente, die teilweise seltsame Werte anzeigen. Der Teppich auf der Fahrerseite hat ein großes Loch, ein Hupknopf des ziemlich abgegriffenen Airbag-Lenkrads liegt lose in der Mittelkonsole. Der Sitz-Umlege-Hebel des Beifahrersitzes fehlt. Eine Handy-Freisprecheinrichtung ist eingebaut, ebenso ein Hifi-Verstärker unter der Rückbank. Die Frontscheibe zeigt die bei dieser Laufleistung üblichen Gebrauchsspuren in Form von winzigen Steinschlag-Kratern und kleinen Kratzerchen. Das Holzarmaturenbrett hat leider Spuren eines Einbruchs, bei dem das Radio geklaut wurde.
Die Ronal „Minilite“ Felgen sind durch Salzkorrosion jenseits von gut und böse. Ich habe meine Zweifel, ob hier selbst mit sandstrahlen und pulverbeschichten noch etwas zu machen ist. Immerhin gibt es die nicht ganz geschmackssicheren, aber gut erhaltenen fünfspeichigen Artec Alufelgen mit noch guten Sommerreifen dazu. Eingetragen im Brief sind übrigens noch andere Felgen, von BBS, wenn ich mich recht erinnere.
Insgesamt finde ich den aufgerufenen Preis von 8.900 Euro eine stolze Ansage. Dafür gibt es zwar ein sehr gut ausgestattetes und technisch über sehr weite Strecken gutes Auto, das aber deutliche Defizite im Bereich der Optik aufweist. Um in diesem Bereich ein schönes Auto draus zu machen, muß noch ordentlich investiert werden. Ein idealer Wagen für den Lackierer oder Karosseriebauer, der Freitagmittags „seins“ macht.
Viele Grüße Hardy