Turbo-Elch
Saaboteure e.V.
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Im Saab mit Zentralverriegelung hätte er bessere Überlebenschancen gehabt.
Saarbrücker Zeitung vom 05.02.2010
REGION / SZR PFÄLZISCHER MERKUR
Stich ins Herz beim Parkplatz-Streit "Die Hemmschwelle sinkt rapide"
Saarländischer Polizeipsychologe über die Zunahme von Gewalt und ihre Ursachen Haftbefehl gegen 53-jährigen Elektriker: Neunkircher Autofahrer stirbt noch am Tatort
Tödlicher Streit um eine blockierte Parkplatz-Durchfahrt: Ein 45-jähriger Neunkircher wurde durch einen Stich ins Herz getötet. Ein Richter erließ gestern Haftbefehl gegen einen 53-jährigen Elektriker. Saarbrücken. Die Überreaktion des 53-Jährigen in Webenheim ist längst kein Einzelfall mehr: Werner Sorg, Polizeipsychologe beim saarländischen Landeskriminalamt, beobachtet eine Zunahme unverhältnismäßiger Gewalttaten. Mit ihm sprach Merkur-Mitarbeiter Johannes Schleuning
Von Merkur-Mitarbeiter
Michael Jungmann
Blieskastel. Erfahrene Kriminalisten wie Hauptkommissar Thomas Radermacher, Chef des Kriminalkommissariates Neunkirchen, können sich an vergleichbare Fälle nicht erinnern. So wird der tödliche Streit, der sich am Mittwochnachmittag auf dem großen Parkplatz vor einem Supermarkt zwischen den Blieskasteler Stadtteilen Webenheim und Mimbach ereignet hat, wohl als bislang "einmalig" in die Kriminalgeschichte eingehen.
Was geschah vor dem Verbrauchermarkt im Gewerbegebiet "Auf Scharlen"? Hieß es unmittelbar nach der Tat, bei einem Streit um eine Parklücke sei ein 45-jähriger Neunkircher erstochen worden, konkretisierte die Polizei gestern den Tatablauf: Der mutmaßliche Täter, ein 53 Jahre alter Elektriker, der aus dem Saarland stammt und im lothringischen Volmünster lebt, will nach einem Einkauf mit seinem roten Renault Kangoo vom Parkplatz fahren. Die Durchfahrt ist aber zumindest teilweise blockiert, weil der 45-jährige Familienvater aus Neunkirchen mit seinem schwarzen Saab einige Meter aus einer Parklücke gefahren ist, dann aber stehen bleibt und telefoniert. Polizeisprecher Georg Himbert: "Es kam zu einem zunächst verbalen Streit." Die Auseinandersetzung zwischen den Männern, die sich nicht kennen, wird handgreiflich. Der Neunkircher, der wohl gerade aus einem Fitness-Studio kommt, schlägt dem 53-Jährigen ins Gesicht, verletzt ihn am Auge. Der Mann geht zu seinem Auto, holt ein Messer und kommt wieder auf den 45-Jährigen zu. Himbert: "Er versetzte ihm mehrere Stiche in den Oberkörper, stieg in sein Auto und fuhr vom Parkplatz." Die Obduktion des Opfers ergibt später: Der Familienvater wurde durch einen Stich ins Herz getötet. Die Mediziner finden eine weitere Stichwunde und eine Schnittverletzung. Passanten, die den Streit beobachtet haben, alarmieren Polizei und Notarzt. Für den Neunkircher kommt jede Hilfe zu spät. Er stirbt noch am Tatort.
Der mutmaßliche Täter taucht wenig später bei der Polizeiinspektion in Blieskastel auf, will gegen den Saab-Fahrer Strafanzeige wegen Körperverletzung erstatten. Die Beamten sind über das Geschehen auf dem Parkplatz informiert, nehmen den Elektriker fest. Gegenüber Kripobeamten soll er sich in einer ersten Vernehmung auf Notwehr berufen haben, will das Protokoll aber nicht unterschreiben.
Der Haftrichter am Amtsgericht Homburg erließ gestern Haftbefehl wegen Totschlags gegen den 53-Jährigen. Sein Verteidiger Franz Bauer erklärte: "Mein Mandant machte vor dem Richter keine Angaben."
Die Polizei sucht bislang vergebens nach der Tatwaffe. Ein Glascontainer, der in der Nähe des Tatortes steht, wurde abgesperrt. Heute soll geprüft werden, ob das Messer dort eingeworfen wurde. Herr Sorg, wie ist das möglich, dass der Streit um eine blockierte Durchfahrt tödlich endet? Was geht da in einem Menschen vor sich?
Sorg: Am Anfang einer solchen Eskalation steht immer die Emotion, ein Gefühl des Verletztseins oder der Unrechtserfahrung. Und jetzt kommt es zur Personalisierung: Der drohende Verlust des Parkplatz wird plötzlich als persönlicher Verlust eingestuft. Daraus resultiert dann, dass man das völlig überzogene eigene Verhalten mit dem Fehlverhalten des Gegenübers begründet und so auch rechtfertigt. Ausgangsvoraussetzung bei alledem ist aber, dass der Täter bereits eine ausgeprägte Gewaltbereitschaft mitbringt.
Nimmt diese unverhältnismäßige Gewaltbereitschaft zu?
Sorg: Absolut. Die Gewaltneigung hat deutlich zugenommen. Nehmen Sie nur die Übergriffe auf Polizeibeamte. Da sinkt die Hemmschwelle rapide. Kürzlich ist ein Polizist in Neunkirchen brutalst zusammengeschlagen worden, nur weil er einen Streit in einer Diskothek schlichten wollte. Es gibt zig weitere Beispiele.
Was ist Ihrer Einschätzung nach die Ursache für diese Zunahme?
Sorg: Soziale Isolation, Frust, Perspektivlosigkeit. Und die Erfahrung, dass Probleme mit Gewalt erfolgreich,gelöst' werden. Aus der Ablehnung, die der Täter selbst erfahren hat, leitet er das Recht ab, zurückzuschlagen und anderen Leid zuzufügen.
Bildunterschrift
Polizisten sichern den Tatort: Auf diesem Supermarkt-Parkplatz bei Webenheim hat am Mittwochabend ein 53-Jähriger einen 45-Jährigen im Streit um eine blockierte Durchfahrt erstochen. Foto: bub
Saarbrücker Zeitung vom 05.02.2010
REGION / SZR PFÄLZISCHER MERKUR
Stich ins Herz beim Parkplatz-Streit "Die Hemmschwelle sinkt rapide"
Saarländischer Polizeipsychologe über die Zunahme von Gewalt und ihre Ursachen Haftbefehl gegen 53-jährigen Elektriker: Neunkircher Autofahrer stirbt noch am Tatort
Tödlicher Streit um eine blockierte Parkplatz-Durchfahrt: Ein 45-jähriger Neunkircher wurde durch einen Stich ins Herz getötet. Ein Richter erließ gestern Haftbefehl gegen einen 53-jährigen Elektriker. Saarbrücken. Die Überreaktion des 53-Jährigen in Webenheim ist längst kein Einzelfall mehr: Werner Sorg, Polizeipsychologe beim saarländischen Landeskriminalamt, beobachtet eine Zunahme unverhältnismäßiger Gewalttaten. Mit ihm sprach Merkur-Mitarbeiter Johannes Schleuning
Von Merkur-Mitarbeiter
Michael Jungmann
Blieskastel. Erfahrene Kriminalisten wie Hauptkommissar Thomas Radermacher, Chef des Kriminalkommissariates Neunkirchen, können sich an vergleichbare Fälle nicht erinnern. So wird der tödliche Streit, der sich am Mittwochnachmittag auf dem großen Parkplatz vor einem Supermarkt zwischen den Blieskasteler Stadtteilen Webenheim und Mimbach ereignet hat, wohl als bislang "einmalig" in die Kriminalgeschichte eingehen.
Was geschah vor dem Verbrauchermarkt im Gewerbegebiet "Auf Scharlen"? Hieß es unmittelbar nach der Tat, bei einem Streit um eine Parklücke sei ein 45-jähriger Neunkircher erstochen worden, konkretisierte die Polizei gestern den Tatablauf: Der mutmaßliche Täter, ein 53 Jahre alter Elektriker, der aus dem Saarland stammt und im lothringischen Volmünster lebt, will nach einem Einkauf mit seinem roten Renault Kangoo vom Parkplatz fahren. Die Durchfahrt ist aber zumindest teilweise blockiert, weil der 45-jährige Familienvater aus Neunkirchen mit seinem schwarzen Saab einige Meter aus einer Parklücke gefahren ist, dann aber stehen bleibt und telefoniert. Polizeisprecher Georg Himbert: "Es kam zu einem zunächst verbalen Streit." Die Auseinandersetzung zwischen den Männern, die sich nicht kennen, wird handgreiflich. Der Neunkircher, der wohl gerade aus einem Fitness-Studio kommt, schlägt dem 53-Jährigen ins Gesicht, verletzt ihn am Auge. Der Mann geht zu seinem Auto, holt ein Messer und kommt wieder auf den 45-Jährigen zu. Himbert: "Er versetzte ihm mehrere Stiche in den Oberkörper, stieg in sein Auto und fuhr vom Parkplatz." Die Obduktion des Opfers ergibt später: Der Familienvater wurde durch einen Stich ins Herz getötet. Die Mediziner finden eine weitere Stichwunde und eine Schnittverletzung. Passanten, die den Streit beobachtet haben, alarmieren Polizei und Notarzt. Für den Neunkircher kommt jede Hilfe zu spät. Er stirbt noch am Tatort.
Der mutmaßliche Täter taucht wenig später bei der Polizeiinspektion in Blieskastel auf, will gegen den Saab-Fahrer Strafanzeige wegen Körperverletzung erstatten. Die Beamten sind über das Geschehen auf dem Parkplatz informiert, nehmen den Elektriker fest. Gegenüber Kripobeamten soll er sich in einer ersten Vernehmung auf Notwehr berufen haben, will das Protokoll aber nicht unterschreiben.
Der Haftrichter am Amtsgericht Homburg erließ gestern Haftbefehl wegen Totschlags gegen den 53-Jährigen. Sein Verteidiger Franz Bauer erklärte: "Mein Mandant machte vor dem Richter keine Angaben."
Die Polizei sucht bislang vergebens nach der Tatwaffe. Ein Glascontainer, der in der Nähe des Tatortes steht, wurde abgesperrt. Heute soll geprüft werden, ob das Messer dort eingeworfen wurde. Herr Sorg, wie ist das möglich, dass der Streit um eine blockierte Durchfahrt tödlich endet? Was geht da in einem Menschen vor sich?
Sorg: Am Anfang einer solchen Eskalation steht immer die Emotion, ein Gefühl des Verletztseins oder der Unrechtserfahrung. Und jetzt kommt es zur Personalisierung: Der drohende Verlust des Parkplatz wird plötzlich als persönlicher Verlust eingestuft. Daraus resultiert dann, dass man das völlig überzogene eigene Verhalten mit dem Fehlverhalten des Gegenübers begründet und so auch rechtfertigt. Ausgangsvoraussetzung bei alledem ist aber, dass der Täter bereits eine ausgeprägte Gewaltbereitschaft mitbringt.
Nimmt diese unverhältnismäßige Gewaltbereitschaft zu?
Sorg: Absolut. Die Gewaltneigung hat deutlich zugenommen. Nehmen Sie nur die Übergriffe auf Polizeibeamte. Da sinkt die Hemmschwelle rapide. Kürzlich ist ein Polizist in Neunkirchen brutalst zusammengeschlagen worden, nur weil er einen Streit in einer Diskothek schlichten wollte. Es gibt zig weitere Beispiele.
Was ist Ihrer Einschätzung nach die Ursache für diese Zunahme?
Sorg: Soziale Isolation, Frust, Perspektivlosigkeit. Und die Erfahrung, dass Probleme mit Gewalt erfolgreich,gelöst' werden. Aus der Ablehnung, die der Täter selbst erfahren hat, leitet er das Recht ab, zurückzuschlagen und anderen Leid zuzufügen.
Bildunterschrift
Polizisten sichern den Tatort: Auf diesem Supermarkt-Parkplatz bei Webenheim hat am Mittwochabend ein 53-Jähriger einen 45-Jährigen im Streit um eine blockierte Durchfahrt erstochen. Foto: bub