Ich habe grundsätzlich nichts gegen Weltverschwörungstheorien und s/w-Betrachtungen.
Oft hilfreich, um komplexe Zusammenhänge, deren Bewertung nicht auf den ersten Blick gelingt, mal durch Übertreibung auf das Wesentliche zu reduzieren. Und damit gerne auch einen gegensätzlichen Blickwinkel zu produzieren. Sozusagen als Gegengewicht zum idealistischen Ansatz.
Wenn das ganze aber zum Allheilmittel wird, legt man sich die Scheuklappen, die man gerade abgelegt hat, auch ganz schnell wieder an. Es ist nämlich verdammt einfach, am Lagerfeuer hocken zu bleiben und der Welt permanent zu verkünden, hinter jedem Baum lauere der Säbelzahntiger. Da bin ich fein raus, wenn irgendwann wirklich mal einer gefressen wird. *Siehste, hab ich’s doch gesagt*.
Ja, es stimmt, der Staat ist lange nicht die ideale Interessensvertretung seiner Bürger, die er sein könnte.
Es stimmt, dass globale Wirtschaftskräfte an Hebeln sitzen, gegen deren Einflusspotential die Mittel des einzelnen ein Fliegenschiss sind.
Es stimmt, dass Realitäten aus Einzelinteressen heraus gesteuert werden, um Massen zu bestimmten Entscheidungen zu manipulieren.
Aber hat es jemals eine Zeit gegeben, in der alle Dinge ausgewogen existiert haben? Eine heile Welt der Samurai, im Gleichgewicht mit sich selbst, der eigenen Gemeinschaft und dem Kosmos? Falls ja, schöner Einzelfall.
An diesen Weltverschwörungstheorien eisern festzuhalten, hat den gleichen Effekt, gegen den sie antreten. Die Versprechungen der Versicherungsvertreter, man könne sich gegen alles Übel der Welt absichern. Die der Juristen, man könne sich überall sein Recht erstreiten. Die der Politik, die Rente ist sicher, jeder bekommt jede noch so teure medizinische Behandlung, usw. Schei**e ja - das Leben ist lebensgefährlich.
Aber wenn ich den Anspruch habe, die Welt zu erklären, egal ob in kunstvoll arrangierten Sätzen, gespickt mit Hintergrundwissen und einer Portion Witz obendrauf, oder mit Zeitungsmeldungen über böse Buben aus der Hauptstadt, dann bitte auch mit allem was dazugehört. Darunter verstehe ich zB einen konkreten Vorschlag, wie denn die Habenichtse von den Leistungsträgern zu trennen sind. Und dann sind wir wette ich, uns schnell einig.
Das Asylrecht und Sonderregelungen für Bürgerkriegsflüchtlinge (Ex-Jugoslawien zB) ausgenommen, bin ich dafür, dass jeder der hier leben will, einen Beitrag nach seinen Möglichkeiten zu leisten hat. Plus, dass diese Gesellschaft auch definieren muss - wenn das das Hauptkriterium sein soll, wie viele *Leistungsträger* sie verkraften kann. Mit allen Konsequenzen. Ob sie bereit ist, hierzulande jedem zustehende Grundrechte ggf dem Zugewanderten zu verwehren. Hilfeleistung bei Krankheit, Arbeitslosigkeit, etc. Dann wird das Thema nämlich endlich mal bei an den eigenen Eiern gepackt.
Wer sticht denn bei uns den Spargel, wer stellt die Putzkolonnen, wer macht bei uns die Drecksarbeit? Und dann möchte ich mal sehen, wer mir die Welt mit Bürgern zweiter Klasse erklärt. Ein Prinzip unseres Selbstverständnisses ist die Gleichheit in Grundrechten. Die werden wir dann aber vermutlich anhand der Herkunft oder des Blutes zuteilen.
Für den der mir das sauber erklären kann, hoffe ich, dass er keine Verwandtschaft hat, die von unserem lieben Helmut in den 90er Jahren eingeladen wurde, aus dem kalten Sibirien in die langersehnte Heimat zu kommen. Denen die Zuwanderung zu verwehren, oder nach *Leistung* zu kontengieren, wäre hier auf heftigsten Widerstand gestoßen.