Voooorsischt, Freunde...
Wer einmal Öl aufgetragen hat, kann sich jegliche Lackierversuche sparen - das wird dann auf immer und ewig nichts mehr.
Das Ergebnis des "Olivenhain-Experimentes" führt außerdem dazu, daß Öl durch die Risse des vorhandenen Klarlackes wandert, sich in die hauchdünne Holzschicht zieht - und diese zudem leicht aufquellen lässt. Das führt zum einen zu einer Farbveränderung des Holzes - dort wo der Riß ist, wird das Holz dunkler, danach sieht die gesamte Fläche aus, als wenn Spyderman Malunterricht gehabt hätte. Zusätzlich unterwandert das Öl noch von den Rißrändern her beginnend den noch intakten Lack. Dieser verliert hierdurch zunehmend seine Haftung auf dem Holzuntergrund. Weil das Öl auch nicht mehr verdunstet, ziehen sich die Holzfasern auch nicht mehr zusammen. Das war's dann...
In der Tat ist die Furnierschicht unglaublich dünn. Konventionelle Runterschleif-Versuche, wie bei einem "ollen Briten" führen unweigerlich zu kapitalen Schäden. Stahlwolle hinterlässt eine Unmenge von kleinsten Metallpartikeln, die sich in den Rissen festsetzten - Bringt also auch eher nichts.
Was empfehle ich Euch also, wenn Ihr den Aufwand und vor allem die Kosten einer Aufarbeitung durch einen fähigen Modelltischler vermeiden wollt...?
Nun, es ist ganz einfach. Versucht es erst einmal mit sanftem Aufhübschen. Verwendet ein Schleifmittel, welches keinen Abrieb hinterlässt, außer der abgetragenen oberen Schicht des schadhaften Klarlackes. Bevor es losgeht - GANZ WICHTIG - Probiert es erst einmal an einer am wenigsten auffallenden Stelle, bevor Ihr Euch an die seltenen Teile wie Türzargen oder Türöffnermulden wagt.
Womit also...?
Nehmt die handelsüblichen Schmutz-Radierschwämme, wie sie für kleines Klimpergeld in jedem Supermarkt erhältlich sind. Dazu eine Mini-Mini-Menge stinknormales, sauberes Wasser. Tragt das Wasser nicht auf die zu schleifende Oberfläche auf, sondern tränkt einen sauberen Baumwoll-Lappen in einer flachen Schale, so daß er gut feucht, aber nicht naß ist. Drückt den trockenen Putzschwamm auf den feuchten Lappen und beginnt Euer Werk. Immer parallel zu der Holzfaserrichtung mit leichtem Druck vorarbeiten. Ein Großteil des Schmodders in den microfeinen Rissen des Klarlackes werdet Ihr nach kürzester Zeit im Putzschwamm wiederfinden.
Häufig reicht diese Aktion. Die Oberfläche wird dabei leicht mattiert, aber der Lack nicht abgetragen - und schon gar nicht bis auf das Holz durchgeschliffen. Nur dann, wenn bei dieser Aktion schon nicht mehr auf dem Holz haftende größere Lackschichten abblättern, solltet Ihr über eine *richtige* Aufarbeitung nachdenken. Aber vorher nicht, sonst wimmelt es bald in der elektronischen Bucht nur so von ruinierten Holzverkleidungen...
Lackiert und ausgebessert wird übrigens, wenn immer möglich, *grundsätzlich* mit einem wenn eben identischen Lack wie der originale. Dies verhindert, daß große Mengen des Lösungsmittels in das Holz eingeschwemmt werden und dieses Quellen lassen - oder im schlimmsten Falle die Verklebung zwischen Holz und Trägermaterial beschädigen. Grundsätzlich wird vielen, vielen hauchdünnen Schichten gespritzt, aber niemals gepinselt - damit erstens der Lack so schnell wie möglich wegschlägt und zweitens die Auftragsdicke nicht so dick und ungleichmäßig wird, daß nach dem Lackieren immer wieder zu stark geschliffen werden muß. Glaube zudem kaum, daß Ihr den Orignal-Klarlack in der Garage habt...
Begnügt Euch auch hierbei am besten erst einmal mit der Minimal-Lösung - Arbeitet nicht auftragend, sondern nur spaltfüllend, um lediglich die Risse im vorhandenen Lack zu stabilisieren. Nehmt ein fusselfreies Tuch, tränkt es mit etwas Lack und wischt zügig mit mäßigem Druck über die gereinigte Oberfläche. Tischler verwenden für das Auftragen einen Ballen, sieht aus wie ein übergroßer Tupfer - somit heißt die Technik auch "Ballenmattierung" - In früheren Zeiten mit Schellack und schnell flüchtigen Alkohol-Lösungen.
Egal, was Ihr versucht - Überschätzt nicht Euer Können und Eure Möglichkeiten. Den alten Lack entfernen und mehrfach hauchdünn flächiges Spritzen ist zwar definitiv die bessere Lösung, aber auch wenn Ihr glaubt, Lackieren sei einfach - Als Erstlingswerk sind die empfindlichen Echtholzapplikationen definitiv das ungeeignetste Experimentierfeld, welches ich mir denken könnte.
Hope, it helps...
J.R.