Spiegel-Artikel: Ein Auto wie ein Schiff

So, und damit wir hier nicht nur einen toten Link verwalten, hier auch der entsprechende Text:

Alexander Baron:
Ein aggressiv geschwungener, tiefer, wahrscheinlich mit wütendem Entsetzen entdeckter und kurze Zeit später schlecht übermalter Kratzer gibt Auskunft über den Beruf des einzigen Vorbesitzers meines schwarzen Saab 900i 16 V: Er war Lehrer.

Der Kratzer war die Rache für eine schlechte Klassenarbeit. Die Indizien weisen auf die Lehrfächer Mathe und Erdkunde hin. Mathe, weil der Wagen - bis auf den schlecht übergetünchten Kratzer - im pedantisch-perfekten Pflegezustand war, als ich ihn vor fünf Jahren übernommen habe. Erdkunde, weil auf dem betörenden Heck diverse Aufkleber aus allen möglichen europäischen Ländern klebten.

Dies ist mein zweiter Saab 900. Den ersten hat man mir bei einem Auffahrunfall an der Ampel ("Da war gar nichts. Ich schwöre!") um einige Zentimeter gekürzt, diesen hier habe ich durch Zufall bekommen. Als ich meinen gepeinigten, alten 900er zur Werkstatt gebracht habe, stand da mein Jetziger. Er hatte auf mich gewartet. Baujahr 1989, 93 kw (126 PS), 2 Liter Hubraum, geregelter Katalysator, 179.000 km auf dem Tacho, scheckheftgepflegt.



Der Fahrzeugbrief verriet, dass der Vorbesitzer, der den Saab beim Händler seines und auch meines Vertrauens in Zahlung gegeben hatte, tatsächlich Lehrer war. Und zwar an der Schule, die meine Frau besuchte, als sie noch zur Schule ging.

Die Heckklappenaufkleber sind mittlerweile weg, genauso wie die typischen Durchrostungen an den Türunterkanten. Auch der perfekte Pflegezustand ist leider nicht mehr im Note-1-Bereich. Dafür sorgen meine beiden kleinen Kinder, die den Innenraum mit Sand, Spielzeug, Apfelschorle und Keksmatsch kindgerecht umgestaltet haben.

Ansonsten steht dieser wunderschöne Wagen mit seinen nützlichen Extras und den wuchtigen Zwei-Kilo-Blinkern ausgesprochen gut da: Vier schwere, was das Zuklappgeräusch angeht satte, hermetisch abdichtende Türen, elektrisches Riesenschiebedach, kein Spoiler, Zentralverriegelung, Servolenkung, Fünfgang-Getriebe, Blaupunkt-Radio, wohnzimmergroßer Kofferraum. Auch der Lack ist noch sehr gut. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass er vom klebrigen Lindenmatsch, der von den 25-Meter-Bäumen in unserer Straße auf den Wagen herabtrieft, konserviert ist.

Im Baujahr des Wagens wurde die CD gerade modern

Echte Probleme mit diesem Wagen? Fehlanzeige. Wir sind nicht ein einziges Mal liegen geblieben. Kleine Ärgernisse? Ungefähr zwei pro Jahr. Der Schiebedachmotor, der natürlich im offenen Zustand und bei einsetzendem Regen ausfällt. Die Zentralverriegelung, die ein temperaturabhängiges Eigenleben entwickelt. Der Motor, der nach der Waschstraße ein paar Kilometer lang stottert und meckert. Der Blinkerhebel, der ausgeleiert ist, weswegen der Wagen ständig nach links blinkt. Die Motoraufhängung, die erneuert werden musste. Die Antenne, die vom Fahrtwind abgeknickt ist. Kleinigkeiten.

Natürlich merkt man dem Wagen mit jedem Kilometer an, dass er ein Neuwagen war, als die CD gerade modern wurde, als man Boris Becker angefeuert hat und noch Lichtjahre davon entfernt war, sich einen "Coffee to go" zu bestellen. Und trotzdem: Es klappert nichts. Der Tacho steht jetzt genau bei 189.611 km. Und da bleibt er auch stehen. Es sei denn, ich lasse ihn reparieren. Aber wozu? Das müsste ich nur tun, wenn ich ihn verkaufen wollte. Will ich aber nicht. Das ist auch die Meinung meiner Werkstatt: "Den fährst du, bis er auseinander fällt". Davon ist er allerdings noch weit entfernt.

Irini Tavridis:
Mein allerbestes Auto wurde im März 1990 das erste Mal auf die Straße gelassen und fährt heute noch wie eine Eins. Immerhin hat mein Saab 900i heute 199.600 km drauf. Die 200.000 packen wir sicherlich noch im Juli. Mit seinen 82 kw dachte ich eigentlich, dass er die angegebenen 170 km/h Höchstgeschwindigkeit locker schafft, wurde jedoch enttäuscht. Das macht aber nichts, denn ich höre ihn immer stöhnen, sobald wir 130 km/h überschreiten. Wir tuckern also gemütlich über die Landstraßen und Autobahnen (rechte Spur) und machen uns nicht viel aus den dicht auffahrenden 7er BMWs und A8er Audis, die sich uns nur in affenartiger Geschwindigkeit nähern, sobald wir einen LKW überholen wollen. Auch in der Stadt muss ich immer den Tacho im Auge behalten - nicht wegen Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern weil wir eher zu langsam sind.

Ich fahre den Wagen nun seit sechs Jahren, und er hat mich bisher nie im Stich gelassen. Er ist das zuverlässigste Auto, das ich kenne. Nur einmal sprang er nicht mehr an, da war die Batterie leer. Da war sie aber mindestens schon vier Jahre alt. Ich muss ab und zu in die Werkstatt, um den Ölservice zu machen. Selbstverständlich müssen beim Saab regelmäßig Verschleißteile erneuert werden. Kürzlich war der Kühler undicht, er hatte ein Loch. Außerdem bekam der Wagen bei 160.000 km einen neuen Auspuff und bei 185.000 km eine neue Kupplung. Bei der Gelegenheit wurden auch die beiden vorderen Gelenkmanschetten ausgetauscht.

Kollision mit einem Lkw - schlecht für den Laster

Mein Saab ist rot und deswegen leider extrem sonnenbrandgefährdet. Will heißen: Der Lack bleicht aus. Jeden Sommer wird er poliert (eigenhändig), dann sieht er wieder richtig gut aus. Durch die dicke Lackierung hat das Auto noch keinen einzigen Rostfleck. Absolut nichts, auch nicht an den verdeckten Stellen (Kotflügel innen, Einstiegsbleche etc.).

Ich bin auch der Meinung, dass das Auto durch das dicke Blech und die stabile Bauweise relativ sicher ist. Natürlich hat es keine Airbags, dafür aber Sitzheizung. Es hat noch richtige Stoßstangen, die ihren Sinn erfüllen. Werde ich mal angerummst, sieht man an meinem Auto gar nichts, das andere jedoch hat Kratzer an den ach so schön lackierten "Stoßstangen".

Vor einiger Zeit ist mir auf der Autobahn ein Lkw aufgefahren. Ich kam die Auffahrt herein, es war Stau auf der dreispurigen Autobahn. Die rechte Spur, also meine Einfahrtsspur, war voll mit Lkw. Ich war bereits am Ende der Spur, aber kein Lkw ließ mich rein. Alle dicht an dicht. Ich passte eine Lücke ab und fuhr hinein. Der Lkw-Fahrer hinter mir wollte mir wohl eine Lektion verpassen und fuhr mir ganz langsam hinten drauf. Ich hörte Glas splittern und kurbelte mein Fenster herunter, denn die Leute in den Autos neben mir hatten das Geschehen auch beobachtet. Sie sagten zu mir, ich solle mir keine Sorgen machen, der Lkw habe sich seinen Vorderscheinwerfer bei mir an der Stoßstange eingefahren. An meinem Saab war nichts zu sehen.

Mein Mann möchte nun, dass wir uns als Zweitwagen einen kleinen Japaner kaufen. So für die Stadt. Aber das will ich ganz und gar nicht. Der Saab ist im Unterhalt günstig und ein robustes Fahrzeug. Ich fahre ihn, solange er bei mir bleiben will.
 
Der Griechin

mit dem fußlahmen 8V-Sauger sollte mal jemand das Standardprogramm näherbringen: Unterdruckdose, Kerzen. Filter, ZZP. Und natürlich ganz wichtig:

IMMER SCHÖN DEN GETRIEBEÖLSTAND KONTROLLIEREN, gell Gerd?
 
Das Thema is schon mit zwei oder drei Freds durch`s Forum durch.........
 
Hi,

sorry, habe ich nicht gewußt, habe den Link heute erst entdeckt;)

Viele Grüße
Udo
 
:D ohne worte...

>>>zusammengepackt ;)
 
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