Ein Arbeitsamt in Deutschland, im Januar 2005 Da mein Arbeitsverhältnis an der TU München aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages am 29.02.2005 endete, nahm ich meine Rechte als deutscher Staatsbürger wahr und meldete mich arbeitslos. Um an das Arbeitslosengeld zu kommen, muss man sich einmal beraten lassen. Man bekommt also irgendwann eine schriftliche Einladung, bzw. Vorladung und muss dann zu diesem Termin erscheinen.
Am Freitag, dem 05.03.05 fand also mein Auftritt in der Bundesagentur für Arbeit in Dachau statt. Ich erscheine pünktlich um 10:00, klopfe an die Tür meiner persönlichen Beraterin, aber es ist noch niemand da. Ist auch nicht weiter schlimm, dann warte ich halt noch ein wenig. Kurz darauf kommt die Bundesagentin für Arbeit den Gang herunter, schließt die Türe auf, an der ich geklopft habe, und geht hinein. Ich denke mir „coole Sache“ und gehe hinterher. Ohne sich umzudrehen sagt sie:
Bundesagentin für Arbeit: „Herr Streufenger(*)“
Ich: „Ja“
Bundesagentin für Arbeit: „Sie haben einen Termin?“
Ich: „Ja“
Bundesagentin für Arbeit: „Sie werden aufgerufen!“ {Na gut, geh ich halt wieder raus und mach die Tür hinter mir zu. Gleich drauf geht die Tür wieder auf.}
Bundesagentin für Arbeit: „Herr Streufenger(*)!“ {GRMPF. Ich kämpfe ein wenig gegen meinen dicken Hals, beschließe aber, höflich zu bleiben und trete ein.}
Ich: „Guten Morgen.“
Bundesagentin für Arbeit: „—“ {Sie schaut mich nicht mal an. Starrt nur einige Minuten auf ihren Monitor und blättert irgendwo rum.}
Bundesagentin für Arbeit: „Sie sind Diplom-Informatiker?“
Ich: „Ja.“ {Sie versucht auch gar nicht, irgendwie höflich zu wirken. Sie spricht es nicht aus, aber es ist ganz klar, sie denkt: Ich entscheide selber, zu wem ich höflich bin. Und Du lästiger arbeitsloser Winsler gehörst heute nicht dazu.}
Bundesagentin für Arbeit: „Sie wollen eine Stelle als Projektingenieur?“ Pause. „Das geht ja gar nicht!“
Ich: „Warum soll das nicht gehen?“
Bundesagentin für Arbeit: „Sie haben ja gar keine Ausbildung.“ {Ich denke: Häää ???}
Ich: „Nun gut, ich habe promoviert. Ich glaub schon, dass das eine Ausbildung ist.“ {An dieser Stelle muss man anmerken, dass ich bereits bei meinem ersten Termin diverse Formulare ausgefüllt habe und meinen Lebenslauf, natürlich mitsamt der Ausbildung, ausführlich geschildert habe. Ebenso wie diverse sonstige Kenntnisse, die mich für eine etwaige Anstellung qualifizieren könnten.}
Bundesagentin für Arbeit: „Sie sind Informatiker! Wie kommen Sie auf die Idee, eine Stelle als Projektingenieur zu bekommen?“
Ich: „Na ja, ich habe eben promoviert und denke, dass so eine Stelle ganz gut zu meiner Ausbildung passen würde.“
Bundesagentin für Arbeit: „Ja was promoviert? Sind sie Techniker?“ {Das ist zuviel. Ich muss laut lachen.}
Ich: „Ja, klar. Ich hab mein Diplom gemacht und dann als Weiterbildung noch in drei Jahren den Techniker drangehängt. Eigentlich wollte ich noch meine Gesellenprüfung machen, bevor ich mir einen Job als Projektingenieur suche. Nein, ich bin kein Techniker. Ich habe promoviert. Ich habe eine Doktorarbeit geschrieben und bereits im Dezember eingereicht.“
Bundesagentin für Arbeit: „Ja wie, Doktor? Das hätten Sie schon angeben müssen.“ {Ich habe es angegeben…}
Ich: „—“ {Sie liest wieder auf Ihrem Monitor… }
Bundesagentin für Arbeit: „Seit Dezember 2000 Promotion an der TU München. Ja und? Als was? Glauben Sie, das kann ich riechen?“ {Riechen wirst Du’s nicht können, aber lesen vielleicht. Ich hab’s jedenfalls auch angegeben… Langsam geht es mir auf die Nerven… Ich versuche trotzdem ruhig zu bleiben. Wenn ich jetzt mit dem Fachgebiet Höchstfrequenztechnik ankomme, dreht die Agentin hohl…}
Ich: „In Hochfrequenztechnik“
Bundesagentin für Arbeit: „Ja und? Was ist das?“
Ich: „Hochfrequenztechnik ist ein Teil der Elektrotechnik und die wiederum ist ein Ingenieursfach.“
Bundesagentin für Arbeit: „Was haben Sie denn nun studiert?“ {Macht die das mit Absicht?}
Ich: „Ich habe Informatik studiert und in Hochfrequenztechnik promoviert.“ {Meine persönliche Agentin verzieht das — nennen wir es Gesicht, schüttelt den Kopf, schnauft laut und tippt irgendwas in den Rechner.}
Bundesagentin für Arbeit: „Was haben Sie für Berufserfahrung?“ {Aha. Promotion in einem Ingenieursfach und eine Bewerbung als Projektingenieur geht also scheinbar doch zusammen. Oder sie hat aufgegeben. Wenn ich Ihr jetzt erzähle, dass ich frisch von der Uni komme und daher KEINE Berufserfahrung habe, platzt sie. Also bin ich gaaaanz vorsichtig.}
Ich: „Was habe ich denn zur Auswahl? Oder soll ich einfach mal aufzählen, was ich alles gelernt habe?“
Bundesagentin für Arbeit: „Ja, erzählen Sie mal.“ {Mist. Das wird nicht leicht. Aber vorsichtig sein kommt gut an. Die Agentin wird etwas ruhiger.}
Ich: „Puuh. Das ist ein weites Feld.“
Bundesagentin für Arbeit: „Haben Sie PC-Kenntnisse?“ {Neiiiin, ich muss sterben. Ich fall fast vom Stuhl vor lachen.}
Ich: „Entschuldigung. Ich habe 5 Jahre Informatik studiert. Ich denke schon, dass ich PC-Kenntnisse habe.“ {Lachen war nicht gut. Die Agentin verspannt sich wieder.}
Bundesagentin für Arbeit: „Ja was können Sie denn?“ {Na gut, ich versuche wieder ernst und freundlich zu bleiben.}
Ich: „Ich habe sehr gute Kenntnisse in verschiedenen Office-Paketen, Datenbanken, Programmierung, …“ {Die Agentin fällt mir ins Wort. Ich glaub, sie hat irgendwas gehört, das sie auch kennt.}
Bundesagentin für Arbeit: „Datenbanken? Welche Datenbanken kennen Sie denn?“
Ich: „Alle.“ {Jetzt ist sie richtig sauer. Sie schreit mich fast an.}
Bundesagentin für Arbeit: „Alle? Wissen Sie eigentlich, wie viele Datenbanken es gibt? Soll ich etwa hinschreiben, ALLE?“ {Gibt’s da echt so viele?}
Ich: „Ich habe 5 Jahre lang Informatik studiert. Ich weiß ziemlich gut, wie viele Datenbanken es gibt. Wissen Sie, wie das Studium angelegt ist? Da lernt man die Grundlagen. Ich KANN mit ALLEN Datenbanken arbeiten.“ {Jetzt ist sie beleidigt, oder sowas.}
Bundesagentin für Arbeit: „Na gut, schreib ich rein, ALLE.“ {Nach einer kurzen Pause wird sie wieder unglaublich laut. Ich glaub, sie denkt, sie hat mich jetzt erwischt.}
Bundesagentin für Arbeit: „Und Programmiersprachen? Soll ich da auch reinschreiben: alle?“ {Ich denke: Also eigentlich ist mir scheißegal, was Du da reinschreibst. Einen Job bekomme ich von Euch eh keinen.}
Ich: „Nein, nicht alle. C, C++, Cobol. Diverse Skriptsprachen, aber wieder zu viele, um sie aufzuzählen. Außerdem habe ich sehr gute Unix Kenntnisse.“
Bundesagentin für Arbeit: „Was JUNIK? Was ist denn JUNIK?“ {Doch, sicher. Das ist Absicht. Ich muss aber trotzdem ziemlich lachen. Das macht sie natürlich wieder sauer. Es wird wohl noch ein Weilchen dauern, bis ich ihr Lieblings-Arbeitsloser bin.}
Ich: „Ich buchstabiere: U-N-I-X. Das ist ein Betriebssystem.“
Bundesagentin für Arbeit: „Wenn Sie bei uns geführt werden wollen, dann müssen Sie mir schon diese Fragen beantworten.“ {Wohin die mich wohl führen…}
Ich: „Ja, schon klar. Ich denke aber, ich kümmere mich besser selber um einen Job.“ {Dann wollte ich noch wissen, wann ich wohl mit meinem Arbeitslosengeld rechnen kann. Dazu konnte die mir aber keine Auskunft geben.}