wie versprochen, der Bericht zum letzten Foto weiter oben:
Freitag, 21.06.2013. Morgens um 6Uhr, Hauptbahnhof Rostock. Das Wetter ist schön, die Sonne guckt zaghaft hinter den Wolken hervor, es ist T-Shirt-tauglich warm, perfekt für oben-ohne-Fahrten :)
Ich habe mir heute einen Tag "Urlaub" genommen. Es geht los, ca. 5h Bahnfahrt zu meinem ersten Date mit Silvia.

Die Fahrt erweist sich soweit als unspannend, die Bahn ist pünktlich. Nur irgendwo in der niedersächsischen Pampa muckt der Triebwagen rum und wir müssen in einen Ersatzzug umsteigen. Erstaunlicherweise hatten sie noch einen rumstehen, die zeitliche Verzögerung war daher nicht der Rede wert.
Mein einziges Problem damit: warum zum Teufel ists hier auf einmal so fies kalt, windig und nieselig?! Wir sind doch auf gleichem Breitengrad?!
Ich bereue es, nicht den Wetterbericht verfolgt zu haben und mache mir warme Gedanken von einem heissen Date mit Silvia ("Bitte lass die Heizung funktionieren!")
Am Bahnhof im Bremerhaven erfreut mich die perfekte zeitliche Abstimmung von Bahn und Bus ... der Bus gen Hafen fährt direkt vor meiner Nase los ... suuuper, fängt ja gut an. Entweder ne halbe Stunde warten oder Taxi. Kurzer Blick ins Portemonaie: Geld vorhanden, Taxi!
Dem Fahrer ist natürlich gleich das lange Stück Blech in meiner Tasche aufgefallen, und was will man damit schon am Hafen ... "ah, sie wollen ein Auto abholen? Was ist es denn?" ... Kurze Exkursion in die kürzere Vergangenheit von Saab und speziell den CVs, und dann sind wir auch schon da.
Der Spediteur empfängt mich freundlich, ohne einen weiteres Ausweisdokument oder ähnliches weiss er sofort worums geht ... ok, ich hatte mich auch für heute angekündigt.
Wir erledigen ein wenig Papierkram und dann fährt er mich zum Lager, wo ich als erstes die Schlüssel übernehme und dann gehen wir zum Wagen.
Der erste Anblick:

WTF?! Wieso ist das Fenster auf? Es hat hier die letzte Nacht sintflutartig geschüttet, und die lassen das Fenster auf?! Das fängt ja gut an #2.
Ich finde noch die Kombination aus Mülltüte und Panzertape, die offensichtlich meine Silvia schützen sollte, allerdings hat sich diese nicht als windfest genug erwiesen.
So ist der Innenraum und auch der Fahrersitz auf dieser Seite schön durchtränkt, klasse.
Naja, erstmal egal, ich will nur noch nach Hause. Die Batterie hat offensichtlich noch Saft, die ZV funktioniert, Silvia bittet herein.
Ich nehme den Schlüssel - übrigens ein von Stefan noch in den Staaten nachgemachter - stecke ihn ins Zündschloss, drehe, knack:

NEEEEEEIIIIN!! Das glaub ich jetzt nicht! Auf alles habe ich mich ja mental vorbereitet, aber nicht auf sowas!
Ich glaube ich habe in diesem Moment ein paar amerikanisch schlechte Wörter von mir gegeben, der Spediteur möge mir verzeihen.
Was ist das bloss fürn billiges Blech, denke ich mir. Das fängt ja suuuuper an #3.
Der Rest des Schlüssels steckte nun im Schloss, fein säuberlich so tief drin, dass nicht ein einziger Millimeter rausteht an dem man ziehen könnte. Der Spediteur und ich fangen an zu grübeln, wirklich passendes Werkzeug haben wir natürlich nicht dabei. Und selbst wenn ich mal eben schnell dran gekommen wäre: auch das Bordwerkzeug liefert nichts wirklich passendes, oder?!
Wir zur Lagerhalle, rumfragen ob wer ne Zange und Schraubenzieher hat, lapidare Antwort: "wir sind ein Lager, keine Werkstatt, haben wir nicht!" Lediglich einen Nagel kann man mir anbieten, zum rumprokeln, super! Das fängt ja super an #4
Der Spediteur macht sich nun auf den Weg zurück in sein Büro, rumtelefonieren nach Schlüsseldiensten.
Ich steh vor Silvia und denke mir "Wars das jetzt? Fahre ich mit der Bahn zurück? Muss ich dich doch aufm Truck bringen lassen?", prokele noch ein wenig mit dem Nagel umher, aber es nützt nicht viel.
Um klare Gedanken zu kriegen, laufe ich ein wenig über den Platz. Erstaunlich was hier so rumsteht. Ich befinde, ich habs doch gar nichts so schlecht erwischt, es gibt grössere Baustellen als das was ich an Silvia schon gesehen habe:


und offensichtlich mutiert der Ford Mustang zum Allerweltsauto:

Bei meinem Spaziergang entdecke ich aber noch was anderes: ein kleinen Trupp Handwerker, die sich an einem Bürocontainer zu schaffen machen. Meine freundliche Frage nach Zangen oder ähnlichem wird wohlwollend beantwortet und man drückt mir eine schön kleine spitze Zange in die Hand. Damit muss doch was zu machen sein!
Ich zurück zu Silvia, Nagel und Zange geschnappt, prokel, friemel, drück, fluchend, verdammigt, warum kommt das Ding nicht ansatzweise hoch, Hebelwirkung gibts doch noch, oder?! Das fängt ja super an #5
Kurz überlegt, da war doch was mit dem Rückwärtsgang?!? Mist, der ist ja gar nicht drin, kein Wunder dass der Schlüssel nicht raus kommt!
Rückwärtsgang eingelegt, rumge-nagel-prokelt, einen Millimeter raus bekommen, Zange geschnappt, volle Konzentration! Zieh! Juhu! Steine fallen vom Herzen, Schlüsselreste fliegen in die nächste Ecke!
So, erstmal Ruhe bewahren. Hast du den Zweitschlüssel eingesteckt? Ja, hast du, puh! Gott sei Dank ein Originalschlüssel, dicker Schwedenstahl sollte doch funktioneren. Steck, dreh, ömnömnöm, Bedenksekunde, ömnömnöm, noch eine, rattatatbratzelbrumbrumbrmmelboobooboo ... sie lebt!
Alles einpacken, Freude strahlend über den Platz gurkend, die Zange breit grinsend den Handwerkern zurück bringend, Nummernschild ranfriemeln, jetzt wird alles gut #1
Bei der Zollschranke vorbei muss ich mir erstaunlich wenig anhören, Zettel vorzeigen, "jaja, alles Ersatzteile für
dieses Auto!", und raus. Ich habs geschafft. Kurz noch den Spediteur über meine erfolgreiche Operation informiert und dann ab zur nächsten Tanke.
Benzin und frische Luft für die Reifen waren nötig, Benzin gabs auch, nur Luft nicht, ausser der zum Atmen. Aber puste mal nen Reifen mit Lungenkraft auf ...
Zweite Tanke gesucht, Luftpumpdingens defekt, super. Zwischendrin schon auf der Autobahn, mann fährt sich das schwammig! Dritte Tanke, Luftpumpdingens halbwegs funktionstüchtig, ein Dutzend Anläufe bis alle Reifen gut gefüllt waren. Zurück auf die Bahn, ah so fährt sich das schon besser.
Das Fenster war ja auch immernoch auf, hmm. Ich erinnere mich an eine "Erzählung" von Stefan: Der Fensterheber Fahrerseite muss umgekehrt bedient werden, sonst fliegt die Sicherung. Kurz gecheckt, ja Sicherung durch, andere "ausgeliehen", Fenster zu, geliehene wieder zurück. Das hätte man den Hafenmitarbeitern mal irgendwie aufschreiben sollen, dann wäre das Fenster vielleicht auch nicht auf gelassen worden. zu spät.


Das Wetter wurde währenddessen immer schlechter, von dem bereits bekannten Niesel zu Wolkenbrüchen übergehend. Oben-ohne war absolut nicht drin. Ich war froh dass die Scheibenwischer noch brauchbar waren, in Kalifornien wurden sie ja auch nicht viel benutzt.
Die Fahrt war wiederrum unspannend, nur ein Freitagnachmittagsstau bei Hamburg, wie auch anders. Ich lerne die Kupplung ausführlich kennen, sie macht ihre Arbeit gut.
Je näher wir Rostock kommen, desto besser wird das Wetter. Die Sonne zeigt sich wieder, man könnte theoretisch ... ach egal, bin fast daheim.
Es ist kurz vor 18Uhr, ich muss Heim zu Frau und Kindern, lasse es mir aber nicht nehmen einen "Umweg" zu fahren, für ein paar schöne Bilder:


Der ortskundige Mitleser wird die Ecke vielleicht erkennen.
Dann folgt nur noch das Bild welches ihr oben schon gesehen habt. Ich fahre heim, parke, streichele nochmal übers Dach, werfe einen lächenlden Blick zurück und gehe hoch zur Familie.
Sie ist angekomen, Ausräumen kommt später, jetzt erstmal durchatmen.