(...), könnte ein "echter" Kardan-Tunnel viel kleiner sein als dieser.
Jein. Man darf da den Durchmesser der Welle nicht als Maßstab nehmen.
Der Begriff „Kardan“-Tunnel kommt aus der Zeit als die übliche Bauweise Frontmotor und Heckantrieb bedeutete. Heute heißt das Ding eher nur Tunnel.
In der Regel wurde da der Motor längs eingebaut, das Getriebe dahinter und eine Kardanwelle verband das Ganze mit der Hinterachse. Das Getriebe ragt dabei schon ein ganzes Stück hinter die Stirnwand, braucht an der Stelle also bereits eine recht große Beule.
Die Kardanwelle ist in den meisten Fällen mehrteilig, ganz ganz alte Vehikel mal ausgenommen, muß auf dem Weg nach hinten deswegen in der Mitte nochmal einen Befestigungspunkt bekommen. Dieses Lager muß die Welle umfassen, die dreht sich ja, und sitzt seinerseits in einer Aufnahme um an der Karosserie befestigt zu werden. Genau an dieser Stelle ist der Platzbedarf also um einiges größer. (Auf der anderen Seite (Innenraum) sitzt oft dann blöderweise die breiteste Stelle der vorderen Sitze. Großzügig mit dem Tunnelblech umgehen verbot sich damals wie heute.)
Nach Getriebe/Stirnwand ist dies die zweite Stelle für den Tunnel die einfach durch die Umgebung vorgegeben ist.
Den Tunnel zwischen Getriebe und Stützlager, und dann hinter dem Lager enger an die Kardanwelle zu legen wäre schon möglich. Aber so eine „Coke bottle“ Form ist beim Frontalaufprall für die Kraftweiterleitung nicht so gut, eine möglichst gradlinige Verbindung kann einfach mehr und vermeidet weitere Verstärkungsmaßnahmen.
https://www.audi-technology-portal.de/de/karosserie/steifigkeit-crashsicherheit/crashsicherheit
Für die Betrachtung von der Seite, also für die Höhe des Tunnels, gelten die gleichen Punkte.
Die Lage der Kardanwelle läßt sich nur in engen Grenzen verschieben, Getriebeausgang und Hinterachsdifferentialeingang geben ja einiges vor. Geländewagenentwicklung hat da jetzt Vorteile, aber es gibt immer Maßketten die die Lage von Motor/Getriebe, Radgrößen und Sitzpositionen (Fersenpunkt) festlegen.
Und wenn dann noch die Abgasrohre in den Tunnel verlegt werden (zugunsten der Bodenfreiheit, auch beim PKW) kann man sich vorstellen das für die Größe eines „echten“ Kardantunnels nicht soviel Spielraum bleibt.
Das hat nicht alles Bedeutung für die meist frontgetriebenen Saabs, Abgasanlage und Krafteinleitung/Lastpfade gelten aber auch da.
Die im Wikipedia angesprochene erste A-Klasse hat zwar tatsächlich einen topfebenen Boden im Innenraum. Der ist aber vergleichsweise hoch über dem Straßenniveau und die notwendigen Strukturen liegen eine Etage tiefer, im „doppelten Boden“. Die Bodenfreiheit unter dem Wagen ist auch nicht größer als bei vergleichbaren Fahrzeugen.
Käfer oder die frühen Porsche mit ihrem Heckmotor/-antrieb hatte unten einen glatten Boden, einen Tunnel zur Versteifung aber oben draufgesetzt. Da lief dann nicht das Abgasrohr durch, aber geschützt das Schaltgestänge. Sichtbare Technik will man ja nicht unbedingt überall haben …