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Zurück nach vorne: Nordwärts
Wir sind Mitte August von Tübingen aus nach Schweden gefahren. So komme ich gerne der Bitte nach, hier ein paar Sätze und Bilder aus unserem Urlaub hineinzustellen. Gleichzeitig frage ich mich, warum ich das tue; der Gedanke an eine Besonderheit Skandinaviens scheint verwegen.
Doch „nur“ Schweden - wo liegt der Reiz, worin zeichnet sich das Besondere ab? Naja, die meisten von Euch waren schon viel weiter im Norden, haben mehr gesehen, kennen die Sprache besser und wissen viel besser, wo man schöne Ecken findet. Und zum anderen frage ich mich selbst, was das Interesse an diesem Land begründet, das durch Weite, Wind und Wellen bei so manchem auch die Assoziation von Öde auslösen mag. Es ist ein Gefühl, das sich, wie abgesprochen, mit Auffahrt auf die Fähre im deutschen Hafen bei jedem Reisenden einzustellen scheint und sich in einem Hollywood-like Dauergrinsen ausformt.
Haben wir die Hoffnung, im Nord-Urlaub das zu finden, was wir zwischen deutschem 'geiz-ist-geil', der Autobahn und der 70-Stunden-Büro-Woche vergeblich suchten? Zurückzukommen zur Ursprünglichkeit des eigenen Lebens und das „entschwundene Land“ Astrid Lindgrens zurückzuerobern – nicht als Reisende oder Touristen, nein, das wollen wir nicht sein, sondern - ob man will oder nicht – als Wikinger im Kampf gegen das Alter Ego.
Besonders eindrücklich versucht das die 'Hallo-wie-geil-ist-das-denn'-Fraktion wohlstandsdegenerierter, urbaner Jungakademiker, den T5 California bepackt mit Kajaks und Bikes. Gestresst von teuer erzwungener Entspannungskultur, mit vollausgestattetem Drehmoment ab in den Urlaub. Oder Ruheständler im Volvo 240 mit Din-Kennzeichen (Hallo StRudel!), die ihre Reise mit weniger Brimborium starten. Aber alle haben sie gemein, dass sie das gleiche Ziel anvisieren. Und dazwischen gibt es sie noch, die ganz normale Familie mit Passat und Zelt. Drei Kinder auf der Rückbank, die Karosse ächzt unter der Vollbeladung, aber alle sind glücklich vor Vorfreude. Die ganz große Freiheit wartet schon.
Und obwohl alle das gleiche wollen, wird jeder bekommen, was er sucht, denn Schweden hat genug davon: Freiheit und Geborgenheit scheinen zu Grundbedürfnissen einer durch Hektik geplagten Leistungsgesellschaft geworden zu sein. So, dass das, was wir suchen, nicht im 'immer mehr' gesucht wird, sondern im 'Simplify your life', 'back to the roots' – zu Fuß, mit Boot und mit Rad. Kein Wellnessurlaub mit differenziert temperierten Enspannungsbädern und Massagen, sondern raus in den Wald – dreckige Schuhe, strapazierte Füße, raus auf das Wasser – angestrengtes Rudern, rein in die Freiheit, raus in die Geborgenheit, zurück nach vorne: Nordwärts, auf zu Freiheit und Geborgenheit. Nicht edel & chick, nicht mondän & prunkvoll, sondern einfach, schlicht, ein neues Buch, das Haus aus Holz, ein See, ein Wald, eine Wiese, weite Horizonte; Ruhe und Frieden aber spürbar nah. Es scheint, als liege das Glück des Menschen eher in seinen Möglichkeiten, in die Freiheit und Geborgenheit des stürmischen Nordens einzutauchen. Dieses Grundgefühl interpretieren die Formen alter Saab 99 und 900, die steile Front, die gegen die nordischen Wetter trotzt, die Silhouette, in der sich die Länge und Eleganz eines entschleunigten Lebensgefühls ausformt. Der Heckbürzel der Turbos und ihr Auspuff protestiert gegen Zurückhaltung, einsame Ruhe und jede erschreckende Stille und ruft, "wir sind hier", hör und sieh! Diese Autos konnten nur zu ihrer Zeit und nur hier in langen Wintern geboren werden. Retten wir jeden, solange das noch möglich ist.
Doch leider sind klassische Sääbe fast vollkommen vom Straßenbild verschwunden; 9-3 II und 9-5 Chrombrillen dominieren die Saab-Präsenz; zu weilen scheint es, als habe der Schwede aufgehört, an Saab zu glauben. Schade, das.
Sehr gerne wäre ich mit einem der alten 900er gefahren - das wird nachgeholt. Dieses Jahr haben wir wieder das Dachzelt mitgenommen. Für mich ist das eine herrliche Möglichkeit, Flexibilität und Selbstständigkeit zu verbinden. Zelt aufbauen mag ich nicht, Wohnwagen wäre mir zu stressig gewesen. Das Dachzelt lässt sich in wenigen Sekunden über ein Schneckengetriebe hochkurbeln, ist dann sturmfest und das Bett (Lattenrost und Matratze) ist direkt beziehbar ohne weitere Arbeiten.
Wir sind in Tübingen gestartet und erst mal nach Dorum/nahe Cuxhaven gefahren, haben meine 88-jährige Großmutter besucht, ein paar Tage dort verbracht, Rasen gemäht, für ein paar Stunden der Rolle eines MacGyvers ähnlich, Dinge repariert und Aufgaben gefunden. Von dort aus sind wir nach Ivendorf nahe Travemünde gefahren. Ein Transitcampingplatz mit einem biologisch gereinigten Freibad. Das Freibad habe ich als ein ganz tolles Konzept wahr genommen, ohne den Einsatz von Chemikalien ein Bad zu betreiben. Schön war, auf dem Campingplatz einen lieben Saabfreund zu treffen, zudem noch 9k-Erstbesitzer – eine schöne Begegnung.
Von Ivendorf haben wir mit der TT-Line-Fähre dann von Travemünde-Trelleborg übergesetzt, für 149 EUR für beide Richtungen ein guter Preis. Nach acht Stunden Fährfahrt war's dann aber auch mal gut mit der Schifffahrt... ich verstehe die Menschen nur schwer, die an tagelangen Kreuzfahrten teil nehmen. Von Trelleborg aus ging es abends eine gute Stunde auf den Campingplatz nach Hörby. Der Campingplatz Hörby ist neu und traumhaft entlang eines Sees gelegen. Die sanitären Anlagen sind neu und sehr sauber – sauber auch gemessen an sonst schon sauberem skandinavischen Standard, man muss die Schuhe ausziehen nach dem Eintreten – eine gute Angewohnheit. Leider ist die Hauptstraße (ca. 800m entfernt) zu hören. Für diejenigen, die geräuschempfindlich sind, also kein dauerhafter Urlaubsort.
Wir sind Mitte August von Tübingen aus nach Schweden gefahren. So komme ich gerne der Bitte nach, hier ein paar Sätze und Bilder aus unserem Urlaub hineinzustellen. Gleichzeitig frage ich mich, warum ich das tue; der Gedanke an eine Besonderheit Skandinaviens scheint verwegen.
Doch „nur“ Schweden - wo liegt der Reiz, worin zeichnet sich das Besondere ab? Naja, die meisten von Euch waren schon viel weiter im Norden, haben mehr gesehen, kennen die Sprache besser und wissen viel besser, wo man schöne Ecken findet. Und zum anderen frage ich mich selbst, was das Interesse an diesem Land begründet, das durch Weite, Wind und Wellen bei so manchem auch die Assoziation von Öde auslösen mag. Es ist ein Gefühl, das sich, wie abgesprochen, mit Auffahrt auf die Fähre im deutschen Hafen bei jedem Reisenden einzustellen scheint und sich in einem Hollywood-like Dauergrinsen ausformt.
Haben wir die Hoffnung, im Nord-Urlaub das zu finden, was wir zwischen deutschem 'geiz-ist-geil', der Autobahn und der 70-Stunden-Büro-Woche vergeblich suchten? Zurückzukommen zur Ursprünglichkeit des eigenen Lebens und das „entschwundene Land“ Astrid Lindgrens zurückzuerobern – nicht als Reisende oder Touristen, nein, das wollen wir nicht sein, sondern - ob man will oder nicht – als Wikinger im Kampf gegen das Alter Ego.
Besonders eindrücklich versucht das die 'Hallo-wie-geil-ist-das-denn'-Fraktion wohlstandsdegenerierter, urbaner Jungakademiker, den T5 California bepackt mit Kajaks und Bikes. Gestresst von teuer erzwungener Entspannungskultur, mit vollausgestattetem Drehmoment ab in den Urlaub. Oder Ruheständler im Volvo 240 mit Din-Kennzeichen (Hallo StRudel!), die ihre Reise mit weniger Brimborium starten. Aber alle haben sie gemein, dass sie das gleiche Ziel anvisieren. Und dazwischen gibt es sie noch, die ganz normale Familie mit Passat und Zelt. Drei Kinder auf der Rückbank, die Karosse ächzt unter der Vollbeladung, aber alle sind glücklich vor Vorfreude. Die ganz große Freiheit wartet schon.
Und obwohl alle das gleiche wollen, wird jeder bekommen, was er sucht, denn Schweden hat genug davon: Freiheit und Geborgenheit scheinen zu Grundbedürfnissen einer durch Hektik geplagten Leistungsgesellschaft geworden zu sein. So, dass das, was wir suchen, nicht im 'immer mehr' gesucht wird, sondern im 'Simplify your life', 'back to the roots' – zu Fuß, mit Boot und mit Rad. Kein Wellnessurlaub mit differenziert temperierten Enspannungsbädern und Massagen, sondern raus in den Wald – dreckige Schuhe, strapazierte Füße, raus auf das Wasser – angestrengtes Rudern, rein in die Freiheit, raus in die Geborgenheit, zurück nach vorne: Nordwärts, auf zu Freiheit und Geborgenheit. Nicht edel & chick, nicht mondän & prunkvoll, sondern einfach, schlicht, ein neues Buch, das Haus aus Holz, ein See, ein Wald, eine Wiese, weite Horizonte; Ruhe und Frieden aber spürbar nah. Es scheint, als liege das Glück des Menschen eher in seinen Möglichkeiten, in die Freiheit und Geborgenheit des stürmischen Nordens einzutauchen. Dieses Grundgefühl interpretieren die Formen alter Saab 99 und 900, die steile Front, die gegen die nordischen Wetter trotzt, die Silhouette, in der sich die Länge und Eleganz eines entschleunigten Lebensgefühls ausformt. Der Heckbürzel der Turbos und ihr Auspuff protestiert gegen Zurückhaltung, einsame Ruhe und jede erschreckende Stille und ruft, "wir sind hier", hör und sieh! Diese Autos konnten nur zu ihrer Zeit und nur hier in langen Wintern geboren werden. Retten wir jeden, solange das noch möglich ist.
Doch leider sind klassische Sääbe fast vollkommen vom Straßenbild verschwunden; 9-3 II und 9-5 Chrombrillen dominieren die Saab-Präsenz; zu weilen scheint es, als habe der Schwede aufgehört, an Saab zu glauben. Schade, das.
Sehr gerne wäre ich mit einem der alten 900er gefahren - das wird nachgeholt. Dieses Jahr haben wir wieder das Dachzelt mitgenommen. Für mich ist das eine herrliche Möglichkeit, Flexibilität und Selbstständigkeit zu verbinden. Zelt aufbauen mag ich nicht, Wohnwagen wäre mir zu stressig gewesen. Das Dachzelt lässt sich in wenigen Sekunden über ein Schneckengetriebe hochkurbeln, ist dann sturmfest und das Bett (Lattenrost und Matratze) ist direkt beziehbar ohne weitere Arbeiten.
Wir sind in Tübingen gestartet und erst mal nach Dorum/nahe Cuxhaven gefahren, haben meine 88-jährige Großmutter besucht, ein paar Tage dort verbracht, Rasen gemäht, für ein paar Stunden der Rolle eines MacGyvers ähnlich, Dinge repariert und Aufgaben gefunden. Von dort aus sind wir nach Ivendorf nahe Travemünde gefahren. Ein Transitcampingplatz mit einem biologisch gereinigten Freibad. Das Freibad habe ich als ein ganz tolles Konzept wahr genommen, ohne den Einsatz von Chemikalien ein Bad zu betreiben. Schön war, auf dem Campingplatz einen lieben Saabfreund zu treffen, zudem noch 9k-Erstbesitzer – eine schöne Begegnung.
Von Ivendorf haben wir mit der TT-Line-Fähre dann von Travemünde-Trelleborg übergesetzt, für 149 EUR für beide Richtungen ein guter Preis. Nach acht Stunden Fährfahrt war's dann aber auch mal gut mit der Schifffahrt... ich verstehe die Menschen nur schwer, die an tagelangen Kreuzfahrten teil nehmen. Von Trelleborg aus ging es abends eine gute Stunde auf den Campingplatz nach Hörby. Der Campingplatz Hörby ist neu und traumhaft entlang eines Sees gelegen. Die sanitären Anlagen sind neu und sehr sauber – sauber auch gemessen an sonst schon sauberem skandinavischen Standard, man muss die Schuhe ausziehen nach dem Eintreten – eine gute Angewohnheit. Leider ist die Hauptstraße (ca. 800m entfernt) zu hören. Für diejenigen, die geräuschempfindlich sind, also kein dauerhafter Urlaubsort.
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