So, hier das Ergebnis. Garniert mit Grundsätzlichem, ein paar Bildchen und einer Messreihe:
Die Antriebstasche ist die beidseitige getriebeseitige Aufnahme der Antriebswelle. Sie bildet den Kontakt mit dem Tripodenstern der Antriebswelle über ein dreiflügeliges Gussteil, in das der Antriebsstern der Welle eingeschoben wird.
Die Antriebstasche besteht aus eben jenem Gussteil, das mit einem äußeren Rohrblech verpresst ist. Aufgabe dieses Bleches ist es, die radiale Bewegung der drei Kontakt-Flügel bei Kraftübertragung zu minimieren. Da das gesamte Drehmoment der Antriebseinheit auf diese Kontaktflügel wirkt, ist das Halteblech einer permanent hohen Belastung ausgesetzt. Konzipiert wurde diese Konstruktion für durchschnittliche Leistungsbereiche von etwa 150 Nm, und kurzfristige Belastungen von bis zu 250 Nm. Die Lastgrenze liegt etwa bei 300 Nm. (Additiv auf beide Seiten bezogen)
Das Überschreiten der Lastgrenze (oder die kontinuierliche Belastung) führt unweigerlich zu einer schleichenden Verformung (Lösung) der Konstruktion. Dabei spielen weniger kurzfristige Überschreitungen als vielmehr die dauerhafte Belastung zu einer Ermüdung der physikalischen Konstruktion. Das Klammerblech wird partiell überbeansprucht und löst sich partiell von seiner verpressten Verbindung. Auf Dauer kann man diesen Ermüdungsprozess durch hin- und herschieben der Blechhülle auf dem dreiflügeligen Gussteil wahrnehmen, ohne dass es zwangsläufig zu einer sofortigen fahrtechnischen Wahrnehmung kommt (Geräusche / Vibrationen).
Folge dieser Überbeanspruchung ist allerdings, dass sich der Tripodenstern der Welle bei Last mit erheblichem Spiel* in der Führung bewegen kann und auf Dauer eine Riefenbildung in den Flügeln der Tasche verursacht. Spätestens jetzt kommt es zur mechanischen Wahrnehmung dieses Verschleißes. Nach kurzer Zeit wird auch die Lagerung des Wellensterns über die Maßen beansprucht – schlimmstenfalls kann es zum ausreiben und Bruch der dortigen Nadellager kommen.
Es ist davon auszugehen, dass die Mehrzahl der getriebeseitigen Antriebswellenschäden durch die Disfunktion einer sauberen Kontaktführung zwischen Antriebstasche und Tripodenstern herleitet. Defekte an der Antriebswelle bei gleichzeitig intakter Antriebstasche sind so gut wie auszuschließen.
Die Überbeanspruchung und der Verschleiß sind bei Laufleistungen von über 200.000 km mehr oder weniger vorprogrammiert. Bei häufiger Nutzung des Turboschubs aus niederen Drehzahlen umso häufiger. Eine regelmäßige Kontrolle der intakten Verklammerung zwischen Außenblech und Kern der Antriebstaschen sorgt zumindest für eine längere Lebensdauer der Antriebswellen.
Bedingt Abhilfe schafft nur eine Verstärkung der Antriebstaschen in Form eines Stahlrings, der über die Blechmanschette des Halteblechs geschoben wird, und somit der immensen Kraftübertragung auf dieselbe entgegenwirkt.
Nach Ausbau der Antriebstaschen werden die Außenmaße des Halteblechs auf min. 1/100 mm genau abgedreht. Danach wird eine Stahlbuchse in der Stärke 5mm (Länge 30mm) mit einem zylindrischen Innenmaß von –2/100 mm unter Sollmaß angefertigt. Zum Aufbringen des Rings legt man die Antriebstasche für etwa zehn Minuten in den Kühlschrank, die Buchse wird bei mäßiger Wärme etwa 5 Minuten auf einer Herdplatte erwärmt. Nachdem man sich die Finger verbrannt hat, fällt die Buchse mit deutlichem Spiel auf die Antriebstasche, und nach etwa zehn Minuten hat man eine kraftfeste und spielfreie Verbindung geschaffen. (Kosten < 100 Euro)
Empfohlen für alle, die Folgekosten sparen wollen. Pflicht für alle, die hin und wieder mit mehr als 300 Nm unterwegs sind.
* Da ich die anstehenden Arbeiten in einer Dreherei habe ausführen lassen, konnte ich es mir nicht verkneifen, noch ein paar genaue Messungen durchzuführen. Sinn der Versuchsanordnung ist es, die Maße der Taschenflügel in Bezug auf Belastung und Spiel zu verifizieren. Dazu habe ich eine bereits defekte Antriebstasche „geopfert“. Das Spiel zwischen Blech und Kern lag bei ≤ 1mm (axial) und < 0,5mm (radial). Je zwei Reibflächen wurden in Lastrichtung verkeilt, danach wurde die verbleibende Reibfläche unter Druck gespreizt, so dass eine Bewegung des Flügels nur radial möglich war. Bei einer Kraft von 20 N war keine Bewegung messbar. Bei 50 N lag die radiale Bewegung bei < 0,01 mm. Bei 100 N konnte eine radiale Bewegung von 0,75 mm gemessen werden, und bei 200 N war die Ausdehnung am Klammerblech über 2,5 mm (partiell), also deutlich stärker als zuvor. Da das Klammerblech nun endgültig deformiert war, habe ich es entfernt, und die gleiche Belastung ohne Blech wiederholt. Die Messung ergab mittig der Flügel eine Ausdehnung von < 0,01mm, 0,03 mm, 1,45 mm und 2,91 mm. An der Außenkante der Flügel bei wiederum gleicher Last: 0,37 mm, 0,9 mm, 2,44 mm und 4,32 mm. Zum Schluss habe ich die Versuchsreihe an den mit Spreizring verstärkten Taschen vorgenommen (der Lastabgleich mittig konnte aufgrund beengter Platzverhältnisse nicht vorgenommen) An den äußeren Kanten gemessen kam ich zu folgenden Werten: < 0,009mm, < 0,009mm, < 0,009mm, 0,02mm.