Ziehmy
Forums-Fahrlehrer
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Soooo...... einige Forumsmitglieder wissen bereits, dass heute, am 14.05.2012, in Uetersen ein ganz besonderers Fahrzeug der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte!
Nun ist es raus, und ich kann berichten:
Ich arbeite bekanntlich bei einem Linienbusunternehmen, wir sind relativ klein, haben 34 Linienbusse (www.kvip.de).
Trotzdem ist es uns heute (hoffentlich) gelungen, die alternativen Antriebe in Deutschland ein wenig in den Vordergrund zu rücken:
Mit mehreren Monaten Vorbereitung, haben wir den ersten 12m-Standardlinienbus mit reinem Elektroantrieb vorgestellt!
Er erreicht eine maximale Geschwindigkeit von 80 km/h (mehr ist auch nicht erlaubt) und hat eine Reichweite von ca. 250 km!!!!!
Die erneute Aufladung braucht dann ca. 3 Stunden bei 300A Ladestrom.
Da wir zur Zeit leider nur 100A bereitstellen können, brauchen wir zum Aufladen ca. 7 Stunden - reicht aber auch!
Und hier nun die Story, die meinen Beruf so abwechslungsreich macht:
Am Freitag, 04.05.2012, konnten wir den E-Bus, der per Schiff aus China kam, im Hamburger Hafen abholen.
Er stand auf einer Flat (Stahlplatte zum Verladen) und war dort festgekettet und verzurrt. Leider gab es wohl einen grobmotorischen Kranführer, so dass hinten rechts eine Seitenscheibe eingedrückt war.... Die Schutzfolie, die in China angebracht wurde, hing in Fetzen herunter - der Eindruck war ein Schock!
Der nächste Schock sollte sogleich folgen:
Nachdem alle Spanngurte entfernt waren, wir den Bus endlich öffnen konnten, stellten wir schockiert fest, dass die Chinesen offenbar vergessen hatten, den Bus vor der Verschiffung aus zu schalten!
Der Hauptschalter im Heck war auf ON.....
Ohohoho... das sah nicht gut aus, und so war er nun 5 Wochen auf dem Schiff unterwegs :-/
Nachdem die teilweise sehr lustig beschrifteten schalter im Cockpit gesichtet und durchschaut waren, machte sich dann aber sogleich Entspannung breit: Die Akkukontrolle zeigte trotzdem noch immer 79% Ladung an! BINGO! Es gab wieder Hoffnung.
Dann ein wenig Herumprobieren und schon war der elektrisch betriebene Luftpresser zu hören, die Hydraulikpumpe lief an, langsam pumpten sich die Luftbälge der Federung hoch und die Drucklufttüren bekamen leben eingehaucht. Eigentlich alles, wie bei einem normalen Linienbus!
Aber dann: Den kleinen Joystick auf F (Forward) gestellt, Bremse lösen und leicht auf das Gaspedal tippen: wie von Geisterhand geschoben rollen 12 Tonnen Leergewicht langsam über eine Rampe von der Flat herunter. Nur GENIAL! Völlig lautlos, zu hören ist nur die Hydraulikpumpe.
Es folgte eine Fahrt durch das Containerterminal - es ist schon echt beeindruckend, wie riesig hoch diese Containercarrier sind, wenn sie direkt neben dem Bus stehen!
Recht lustig wurde es dann beim Zoll: Die Zollbeamtin wollte Die Fahrgestellnummer sehen - verdammt, daran hatten wir nicht gedacht, so dass sämtliche Klappen aufgerissen wurden, und alle Beteiligten (Importeuer, Techniker, Meinereiner, Projektbegleiter, Zoll) lustige Verrenkungen durchführten, um in alle Ecken und unter alle Streben zu schauen. Die Fahrgestellnummer blieb aber unauffindbar.
Bis die Zollbeamtin zu unseren Entspannung dann zu lächeln begann und sagte "Na, den werden sie ja nicht geklaut haben...." - dabei gab sie sich dann mit den Daten vom Typenschild zufrieden.
Nett, wirklich sehr nett - DANKE!
Aber der Bus sah mit seinen Transportspuren auch wirklich bemitleidenswert aus......
So, nun war alles klar: Lautlos ging es durch den Zoll auf die Autobahn, zügig in den Elbtunnel und da waren sie wieder, unsere Probleme: Da war das nette Hinweisschild, doch im Tunnel bitte das Licht ein zu schalten. Aber wo war der Schalter?!?!?!?! War nicht so tragisch, da wir vor und hinter dem Bus je ein Begleitfahrzeug hatten, aber war schon blöd....
Wir haben den Schalter, der eigentlich sehr gut sichtbar ist, nur sich an völlig ungewohnter Stelle befindet, dann auch noch vor dem Tunnelende gefunden .
Die 40 Kilometer vom Hafen bis zu unserem Betriebshof in Uetersen verliefen völlig problem- und nahezu geräuschlos!
Dabei konnten wir auch gleich mal prüfen, dass er wirklich 80 km/h schnell ist. Während der Fahrt fuhren wir mit eingeschalteter Klimaanlage und kompletter Beleuchtung.
Für 40 Kilometer haben wir genau 10% der Akkuaufladung verbraucht - WOW! Es geht also tatsächlich!
In der dann folgenden Woche haben wir den Bus nach unseren Bedürfnissen technisch ausgerüstet: Videoinnenüberwachung, RBL (Rechnergestütztes Betriebsleitsystem), LSA (Lichtzeichen-Steueranlage), Funk, Fahrgastzählanlage, Fahrscheindrucker.
Parallel wurde der Bus gründlich gereinigt, von Aussen mit Werbung beschriftet und die hintere Seitenscheibe ersetzt.
Und auch die erste Aufladung mit deutschem Ökostrom erfolgte in unserer Halle in Uetersen.
Ich bin fest der Meinung, dass der E-Antrieb die Zukunft sein wird! Hybrid, Brennstoffzelle oder Rangeextender sind alles nur Übergangstechnologien!
Die Chinesen haben bewiesen, dass es funktioniert! Die Technik scheint überschaubar, robust und ausgereift. Dort laufen diese Busse seit 2008 im Alltag!
Auch im Fernsehen (NDR + RTL) wurde am Abend berichtet! Der Fahrer des Busses bin übrigens ich
Nun freue ich mich auf Eure Fragen, Kommentare, Meinungen und wünschte viel Spaß beim Anschauen der Bilder.
Nun ist es raus, und ich kann berichten:
Ich arbeite bekanntlich bei einem Linienbusunternehmen, wir sind relativ klein, haben 34 Linienbusse (www.kvip.de).
Trotzdem ist es uns heute (hoffentlich) gelungen, die alternativen Antriebe in Deutschland ein wenig in den Vordergrund zu rücken:
Mit mehreren Monaten Vorbereitung, haben wir den ersten 12m-Standardlinienbus mit reinem Elektroantrieb vorgestellt!
Er erreicht eine maximale Geschwindigkeit von 80 km/h (mehr ist auch nicht erlaubt) und hat eine Reichweite von ca. 250 km!!!!!
Die erneute Aufladung braucht dann ca. 3 Stunden bei 300A Ladestrom.
Da wir zur Zeit leider nur 100A bereitstellen können, brauchen wir zum Aufladen ca. 7 Stunden - reicht aber auch!
Und hier nun die Story, die meinen Beruf so abwechslungsreich macht:
Am Freitag, 04.05.2012, konnten wir den E-Bus, der per Schiff aus China kam, im Hamburger Hafen abholen.
Er stand auf einer Flat (Stahlplatte zum Verladen) und war dort festgekettet und verzurrt. Leider gab es wohl einen grobmotorischen Kranführer, so dass hinten rechts eine Seitenscheibe eingedrückt war.... Die Schutzfolie, die in China angebracht wurde, hing in Fetzen herunter - der Eindruck war ein Schock!
Der nächste Schock sollte sogleich folgen:
Nachdem alle Spanngurte entfernt waren, wir den Bus endlich öffnen konnten, stellten wir schockiert fest, dass die Chinesen offenbar vergessen hatten, den Bus vor der Verschiffung aus zu schalten!
Der Hauptschalter im Heck war auf ON.....
Ohohoho... das sah nicht gut aus, und so war er nun 5 Wochen auf dem Schiff unterwegs :-/
Nachdem die teilweise sehr lustig beschrifteten schalter im Cockpit gesichtet und durchschaut waren, machte sich dann aber sogleich Entspannung breit: Die Akkukontrolle zeigte trotzdem noch immer 79% Ladung an! BINGO! Es gab wieder Hoffnung.
Dann ein wenig Herumprobieren und schon war der elektrisch betriebene Luftpresser zu hören, die Hydraulikpumpe lief an, langsam pumpten sich die Luftbälge der Federung hoch und die Drucklufttüren bekamen leben eingehaucht. Eigentlich alles, wie bei einem normalen Linienbus!
Aber dann: Den kleinen Joystick auf F (Forward) gestellt, Bremse lösen und leicht auf das Gaspedal tippen: wie von Geisterhand geschoben rollen 12 Tonnen Leergewicht langsam über eine Rampe von der Flat herunter. Nur GENIAL! Völlig lautlos, zu hören ist nur die Hydraulikpumpe.
Es folgte eine Fahrt durch das Containerterminal - es ist schon echt beeindruckend, wie riesig hoch diese Containercarrier sind, wenn sie direkt neben dem Bus stehen!
Recht lustig wurde es dann beim Zoll: Die Zollbeamtin wollte Die Fahrgestellnummer sehen - verdammt, daran hatten wir nicht gedacht, so dass sämtliche Klappen aufgerissen wurden, und alle Beteiligten (Importeuer, Techniker, Meinereiner, Projektbegleiter, Zoll) lustige Verrenkungen durchführten, um in alle Ecken und unter alle Streben zu schauen. Die Fahrgestellnummer blieb aber unauffindbar.
Bis die Zollbeamtin zu unseren Entspannung dann zu lächeln begann und sagte "Na, den werden sie ja nicht geklaut haben...." - dabei gab sie sich dann mit den Daten vom Typenschild zufrieden.
Nett, wirklich sehr nett - DANKE!
Aber der Bus sah mit seinen Transportspuren auch wirklich bemitleidenswert aus......
So, nun war alles klar: Lautlos ging es durch den Zoll auf die Autobahn, zügig in den Elbtunnel und da waren sie wieder, unsere Probleme: Da war das nette Hinweisschild, doch im Tunnel bitte das Licht ein zu schalten. Aber wo war der Schalter?!?!?!?! War nicht so tragisch, da wir vor und hinter dem Bus je ein Begleitfahrzeug hatten, aber war schon blöd....
Wir haben den Schalter, der eigentlich sehr gut sichtbar ist, nur sich an völlig ungewohnter Stelle befindet, dann auch noch vor dem Tunnelende gefunden .
Die 40 Kilometer vom Hafen bis zu unserem Betriebshof in Uetersen verliefen völlig problem- und nahezu geräuschlos!
Dabei konnten wir auch gleich mal prüfen, dass er wirklich 80 km/h schnell ist. Während der Fahrt fuhren wir mit eingeschalteter Klimaanlage und kompletter Beleuchtung.
Für 40 Kilometer haben wir genau 10% der Akkuaufladung verbraucht - WOW! Es geht also tatsächlich!
In der dann folgenden Woche haben wir den Bus nach unseren Bedürfnissen technisch ausgerüstet: Videoinnenüberwachung, RBL (Rechnergestütztes Betriebsleitsystem), LSA (Lichtzeichen-Steueranlage), Funk, Fahrgastzählanlage, Fahrscheindrucker.
Parallel wurde der Bus gründlich gereinigt, von Aussen mit Werbung beschriftet und die hintere Seitenscheibe ersetzt.
Und auch die erste Aufladung mit deutschem Ökostrom erfolgte in unserer Halle in Uetersen.
Ich bin fest der Meinung, dass der E-Antrieb die Zukunft sein wird! Hybrid, Brennstoffzelle oder Rangeextender sind alles nur Übergangstechnologien!
Die Chinesen haben bewiesen, dass es funktioniert! Die Technik scheint überschaubar, robust und ausgereift. Dort laufen diese Busse seit 2008 im Alltag!
Auch im Fernsehen (NDR + RTL) wurde am Abend berichtet! Der Fahrer des Busses bin übrigens ich
Nun freue ich mich auf Eure Fragen, Kommentare, Meinungen und wünschte viel Spaß beim Anschauen der Bilder.
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