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Übrigens ist es schon sehr "verwunderlich", dass gerade Leute aus dem naturwissenschaftlichen Umfeld eher pro-Atomenergie sind. Vielleicht weil die anfangen nachzufragen, wieso das denn so teuflisch sein soll?
Hallo alle zusammen,
hier bin ich wieder. Ich will ja i_h jetzt nicht in den Rücken fallen, aber ich komme aus dem naturwissenschaftlichen Sektor und bin nicht für Atomenergie.
Ich will das auch gleich erläutern. Vom physikalischen Prinzip und der Energieausbeute her ist Kernkraft eigentlich schon was tolles. Und i_h kann auch weiterhin ganz beruhigt in der Nähe des AKWs wohnen bleiben, denn die Sicherheitstechnik ist schon ordentlich. Ebenso geben AKWs auch nicht Unmengen Strahlung oder radioaktive Substanzen ungewollt an ihre unmittelbare Umgebung ab, wie manchmal gemutmaßt wird. Das bißchen Zusatzstrahlung was i_h als "AKW-Anlieger" da zusätzlich abbekommt ist wahrscheinlich eher von der Größenordnung der natürlichen Hintergrundradioaktivität, die viele einfach vergessen. Wir werden ständig aus dem Boden und aus dem All bestrahlt, da hilft auch kein Bettdecke über den Kopf ziehen
. Diese Hintergrundstrahlungsintensitäten sind durch natürliche Gegebenheiten auch lokal unterschiedlich.
Raucher z.B. setzen sich durch ihren Zigarettenkonsum ebenso erhöhter Strahlung aus, das weiß nur kaum jemand.
Insgesamt ist der Betrieb von Kernkraftwerken schon relativ sicher. Alles in meinen Augen unstrittig.
Was jedoch nicht durchdacht ist, ist die Abfallproblematik und die leichtfertige Aussage, Kernkraft sei eine "Null-Emission"-Energiequelle. Letzteres ist schlicht falsch, da bei den Herstellungsprozessen von Kernbrennstäben auch Emissionen anfallen, ebenso beim Entsorgen der Abfälle. Das sind alles Dinge die man mit einrechnen muss, wenn man auf der anderen Seite auch z.B. den Transport von brasilianischer Kohle für dt. Kohlekraftwerke bemängelt. (Zurecht, übrigens!)
AKWs beinflussen ihre umliegende Umwelt übrigens ebenso, wie andere Kraftwerkstypen. Wer sich darüber ereifert, dass beim Bau von Windanlagen Fische, Vögel, Meeressäuger, etc. gestört werden hat natürlich recht, aber vergisst, dass jede größere Anlage einen Eingriff des Menschen in die Umwelt darstellt, das gilt auch für AKWs. Die müssen auch gebaut werden, das Uranoxid muss irgendwo herkommen, einige AKWs sitzen an Flüssen und benutzen das Wasser zur Kühlung, geben dadurch große Wärmemengen in das Flussökosystem ab, was dort natürlich auch Flora und Fauna beeinflusst.
Da sind AKws einfach, was diese Probleme angeht, nirgendwo prinzipiell besser als alle anderen Energiequellen. allerdings auch nicht viel schlechter.
Die Abfallproblematik der abgebrannten Kernelemente ist in meinen Augen jedoch entscheidend. Es gibt einfach keinen durchdachten Lösungsansatz. Man kann und will das Zeug nicht ewig lagern und wir werden es auch nicht los. Wie wollen wir das Zeug denn z.B. ins All schießen? Das sind hunderte, vielleicht sogar tausende Tonnen im Jahr. Eine Ariane V Rakete hat eine Nutzlast von höchstens 10t. Wieviel Raketen sollen denn da täglich starten? Was kostet der Spass denn? Was passiert, wenn mal eine Rakete explodiert, verglüht usw., dann regnet der ganze hochradioaktive Dreck auf uns herab. Falls der Abfall im Orbit ankommt müsste das Zeug auch noch in Richtung Sonne gebracht werden, damit es dort verglühen kann. Viel zu gefährlich und viel zu utopisch. Das wird sich die nächsten paar hundert Jahre auch nicht ändern, denn Raumfahrttechnik entwickelt sich recht langsam und ist sündhaft teuer. Raumfahrttechnik wird generell nicht die Lösung unserer irdischen Probleme sein, sondern die Lösung unserer irdischen Probleme wird eher über den Fortbestand der Raumfahrttechnik entscheiden, also eher anders herum als angenommen.
Also Fazit: Kerntechnik (Fission,d.h. Kernspaltung) ist in meinen Augen nicht prinzipiell besser als andere fossile Energieträger, da Rohstoffabhängig und abfalltechnisch äußerst problematisch, bestenfalls etwas weniger CO2 emittierend als andere Energiequellen. Die Kernspaltung hat ihre Chance gehabt und ist eigentlich keine ernste Alternative für das 21 Jh. Sie sollte in Ehren gehalten langfristig auslaufen und ebenso wie andere fossile Energiequellen schrittweise durch neue Technologien ersetzt werden, sei es regenerative Energien in allen Formen und Farben, oder Kernfusion, sollte das denn irgendwann klappen. Wenn nicht, haben wir sowieso ein Problem, d.h. die Kernfusion ist quasi zum Erfolg verdammt.
Viele Grüße,
Nibohr
P.S. Man entwickelt zur Zeit übrigens an Photovoltaik-Zellen mit Wirkungsgraden von 30-40%. Die werden also noch besser und billiger werden, ähnlich wie es der Laser bis zum winzigen Halbleiterlaser vorgemacht hat.