Liebe Foristen,
es war nur eine kurze Liaison, zum Glück! Der Verlust schmerzt, ist aber besser als ein Schrecken ohne Ende.
Liebe macht blind, und Verkäufer, die mit sehr schönen Saabs 99 vor Ort sind, ordnerweise Fotos zeigen können, ordnerweise Rechnungen vorweisen können und schöne Geschichten erzählen färben die Brille zusätzlich rosarot. Auf alles gibt es eine Antwort, Motor und Turbolader haben (laut Rechnungen) gerade mal 5000km nach Überholung hinter sich. Der angeblich einzig wahre Volvospezialist in Norddeutschland hat gut 2800€ für den Umbau auf Lucas-Einspritzung, die Euro-2-Abnahme und diverse Einstell- und Montagearbeiten
in Rechnung gestellt. Das Auto wurde "ohne Rücksicht auf Kosten restauriert". Lack neu, Leder neu. Nach den ganzen Hollandruinen endlich mal ein schönes Auto. Der Verkäufer und sein Begleiter scheinen tief in der Szene verankert und vertrauenswürdig,die Geschichte zum Verkaufsgrund klingt glaubwürdig, also wird das Geschäft gemacht. Bei der Abholung wird man mit dem Satz "Ich habe die ganze Liebe zu meiner Frau in den Wagen gelegt" verabschiedet.
Fröhlich tritt man die Reise nach Kehl an, es gab eine Einladung, mit französischen Freunden zum Narrensprung nach Rottweil zu kommen. Es ist zwar nicht wirklich warm, aber die Sonne scheint, eine Stunde geht es offen Richtung Süddeutschland, die Stimmung steigt. Alles richtig gemacht!
OK, der Durchzug ist für einen Vollturbo etwas schlapp, und die APC-Kontrolle schlägt nicht aus, aber das tut sie nach Auskunft des Verkäufers ja erst bei hohen Drehzahlen, und mehr als 3500/min fordere ich nicht. Außerdem ist ja alles neu, kann ja nur eine Lappalie sein.
Nach ca. 4 h ist die Abfahrt Offenburg erreicht. Huch, was ist denn das für ein komisches Geräusch an der Ampel? Der Verkäufer hatte erzählt, dass es keine originalen Spannschienen mehr gäbe, und daher die Kette manchmal etwas rasseln würde, was aber kein Problem sei. Komisch, hört sich an wie ein Pleullagerschaden. Aber welcher Motor macht 500km mit einem Schnitt von 125km/h mit einem Pleullagerschaden? Kann ja nicht sein, ist ja alles neu.
Ankunft in Kehl auf dem Hof eines alten Freundes, den man über die Schrauberei an exotischen Franzosen (Panhard) vor 15 Jahren kennengelernt hat. Er öffnet das Tor, ein fragender Blick.
Da klappert doch was? Hmm, aber nur im Teillastbereichund nur manchmal. Kaputte Pleuellager klopfen doch vor allem unter Last?!?
Der Verkäufer angerufen. Ach, wäre sicher kein Problem, vielleicht die Nockenwellenlager, man wäre gerne bereit, sich bei der Lösung des Problems finanziell einzubringen.
Nächster Morgen. Wir drehen eine Runde um den Block. Nichts zu hören, aber man ist sich einig, dass der Turbo irgendwie nicht vorhanden ist. Montag nachmittag geht es piano mit 3000/min zurück nach Hause. Kann ja nichts wildes sein, der Motor ist ja quasi neu...
Mit dem Verkäufer wird verabredet, zu Molek zu fahren und eine Diagnose einzuholen. Leider muss ich bis 17.00h arbeiten, daher kann ich erst am Freitag dahin, da habe ich um 13.00h in Düsseldorf Feierabend. Der Freitag kommt, ich habe böse Vorahnungen.
Ich komme um 13.45h bei Molek an, und obwohl der Laden gerade mal 3km von meiner Schrauberbude weg ist, war er mir vollkommen unbekannt.
Das Urteil fällt verheerend aus: Die Antriebseinheit ist völlig verölt, die Verbindungsstange zum Wastegate fehlt, das APC-Ventil fehlt. Der neue Stoßdämpfer hinten rechts ölt, die Antriebswellenmanschette vorne rechts ist defekt. Der Tank ist undicht und verliert auf der Oberseite Benzin. Der Motor hat einen massiven Lagerschaden, der Wagen ist ringsherum verspachtelt (laut Aussage des Verkäufers "alles verzinnt, kein Gramm Spachtel" - da war mein Winzmagnet wohl zu stark, die dünne Magnetfolie von Molek fällt fast überall ab). Vater und Sohn Molek würden wetten, dass der Motor niemals draußen war, geschweige denn überholt wurde. Der Wagen sei ein "klassischer Blender".
Noch von den Moleks rufe ich den Verkäufer an, stelle das Telefon auf laut und verlange die Wandlung. Er sichert diese zu.
Danach folgt ein Nervenkrieg per SMS mit Zu- und Absagen, bis mir um 7.22h heute morgen mitgeteilt wird, dass zu meinem Glück die Frau des Verkäufers findet, dass sie den Wagen zurücknehmen sollten.
Ich bin um 8.00h beim Hängerverleih, der Saab kommt auf den Trailer, ab geht es von Duisburg ca. 60km mitten ins Ruhrgebiet, in einen Ort, der mit Ca... beginnt, ich bin mir absolut nicht sicher, ob wir den Wagen nicht wieder mit zurücknehmen müssen. Der Verkäufer ist mit seiner Begleitung vom Verkaufsgespräch vor Ort, schleicht kurz um den Wagen und bietet mir an, den Wagen für 900€ weniger als den Kaufpreis zurückzunehmen. Ich bin mit den Untiefen einer gerichtlichen Auseinandersetzung bestens vertraut und schlage ein, will diesen Mühlstein nur noch vom Hals haben.
Auf der Rückfahrt stellt sich Erleichterung ein. Wie konnte ich nur so blöd sein?
Das einzig positive an diesem Vorfall ist dieses Forum und die Bekanntschaft mit den Moleks, die natürlich meinen Hallenvermieter (einen 86jährigen ehemaligen Schrotthändler, ein echtes Original ) wie auch meinen Mitmieter (einen Kfz-Sachverständigen) bestens kannten. "Warum bist du nicht vorher gekommen?" Tja, weil ich sie nicht kannte. ..
Jetzt weiß ich, wie es geht. Für das schöne Turbo-Coupe in Moleks Garage fehlt mir gerade trotzdem das Geld, aber vielleicht wird es ja ein 9000er. Alles in allem hat mich jeder Kilometer im Saab einen Euro gekostet, aber besser ein blaues Auge als zwei zugeschwollene!
Mittlerweile überwiegt die Erleichterung.
Beste Grüße
Frank
es war nur eine kurze Liaison, zum Glück! Der Verlust schmerzt, ist aber besser als ein Schrecken ohne Ende.
Liebe macht blind, und Verkäufer, die mit sehr schönen Saabs 99 vor Ort sind, ordnerweise Fotos zeigen können, ordnerweise Rechnungen vorweisen können und schöne Geschichten erzählen färben die Brille zusätzlich rosarot. Auf alles gibt es eine Antwort, Motor und Turbolader haben (laut Rechnungen) gerade mal 5000km nach Überholung hinter sich. Der angeblich einzig wahre Volvospezialist in Norddeutschland hat gut 2800€ für den Umbau auf Lucas-Einspritzung, die Euro-2-Abnahme und diverse Einstell- und Montagearbeiten
in Rechnung gestellt. Das Auto wurde "ohne Rücksicht auf Kosten restauriert". Lack neu, Leder neu. Nach den ganzen Hollandruinen endlich mal ein schönes Auto. Der Verkäufer und sein Begleiter scheinen tief in der Szene verankert und vertrauenswürdig,die Geschichte zum Verkaufsgrund klingt glaubwürdig, also wird das Geschäft gemacht. Bei der Abholung wird man mit dem Satz "Ich habe die ganze Liebe zu meiner Frau in den Wagen gelegt" verabschiedet.
Fröhlich tritt man die Reise nach Kehl an, es gab eine Einladung, mit französischen Freunden zum Narrensprung nach Rottweil zu kommen. Es ist zwar nicht wirklich warm, aber die Sonne scheint, eine Stunde geht es offen Richtung Süddeutschland, die Stimmung steigt. Alles richtig gemacht!
OK, der Durchzug ist für einen Vollturbo etwas schlapp, und die APC-Kontrolle schlägt nicht aus, aber das tut sie nach Auskunft des Verkäufers ja erst bei hohen Drehzahlen, und mehr als 3500/min fordere ich nicht. Außerdem ist ja alles neu, kann ja nur eine Lappalie sein.
Nach ca. 4 h ist die Abfahrt Offenburg erreicht. Huch, was ist denn das für ein komisches Geräusch an der Ampel? Der Verkäufer hatte erzählt, dass es keine originalen Spannschienen mehr gäbe, und daher die Kette manchmal etwas rasseln würde, was aber kein Problem sei. Komisch, hört sich an wie ein Pleullagerschaden. Aber welcher Motor macht 500km mit einem Schnitt von 125km/h mit einem Pleullagerschaden? Kann ja nicht sein, ist ja alles neu.
Ankunft in Kehl auf dem Hof eines alten Freundes, den man über die Schrauberei an exotischen Franzosen (Panhard) vor 15 Jahren kennengelernt hat. Er öffnet das Tor, ein fragender Blick.
Da klappert doch was? Hmm, aber nur im Teillastbereichund nur manchmal. Kaputte Pleuellager klopfen doch vor allem unter Last?!?
Der Verkäufer angerufen. Ach, wäre sicher kein Problem, vielleicht die Nockenwellenlager, man wäre gerne bereit, sich bei der Lösung des Problems finanziell einzubringen.
Nächster Morgen. Wir drehen eine Runde um den Block. Nichts zu hören, aber man ist sich einig, dass der Turbo irgendwie nicht vorhanden ist. Montag nachmittag geht es piano mit 3000/min zurück nach Hause. Kann ja nichts wildes sein, der Motor ist ja quasi neu...
Mit dem Verkäufer wird verabredet, zu Molek zu fahren und eine Diagnose einzuholen. Leider muss ich bis 17.00h arbeiten, daher kann ich erst am Freitag dahin, da habe ich um 13.00h in Düsseldorf Feierabend. Der Freitag kommt, ich habe böse Vorahnungen.
Ich komme um 13.45h bei Molek an, und obwohl der Laden gerade mal 3km von meiner Schrauberbude weg ist, war er mir vollkommen unbekannt.
Das Urteil fällt verheerend aus: Die Antriebseinheit ist völlig verölt, die Verbindungsstange zum Wastegate fehlt, das APC-Ventil fehlt. Der neue Stoßdämpfer hinten rechts ölt, die Antriebswellenmanschette vorne rechts ist defekt. Der Tank ist undicht und verliert auf der Oberseite Benzin. Der Motor hat einen massiven Lagerschaden, der Wagen ist ringsherum verspachtelt (laut Aussage des Verkäufers "alles verzinnt, kein Gramm Spachtel" - da war mein Winzmagnet wohl zu stark, die dünne Magnetfolie von Molek fällt fast überall ab). Vater und Sohn Molek würden wetten, dass der Motor niemals draußen war, geschweige denn überholt wurde. Der Wagen sei ein "klassischer Blender".
Noch von den Moleks rufe ich den Verkäufer an, stelle das Telefon auf laut und verlange die Wandlung. Er sichert diese zu.
Danach folgt ein Nervenkrieg per SMS mit Zu- und Absagen, bis mir um 7.22h heute morgen mitgeteilt wird, dass zu meinem Glück die Frau des Verkäufers findet, dass sie den Wagen zurücknehmen sollten.
Ich bin um 8.00h beim Hängerverleih, der Saab kommt auf den Trailer, ab geht es von Duisburg ca. 60km mitten ins Ruhrgebiet, in einen Ort, der mit Ca... beginnt, ich bin mir absolut nicht sicher, ob wir den Wagen nicht wieder mit zurücknehmen müssen. Der Verkäufer ist mit seiner Begleitung vom Verkaufsgespräch vor Ort, schleicht kurz um den Wagen und bietet mir an, den Wagen für 900€ weniger als den Kaufpreis zurückzunehmen. Ich bin mit den Untiefen einer gerichtlichen Auseinandersetzung bestens vertraut und schlage ein, will diesen Mühlstein nur noch vom Hals haben.
Auf der Rückfahrt stellt sich Erleichterung ein. Wie konnte ich nur so blöd sein?
Das einzig positive an diesem Vorfall ist dieses Forum und die Bekanntschaft mit den Moleks, die natürlich meinen Hallenvermieter (einen 86jährigen ehemaligen Schrotthändler, ein echtes Original ) wie auch meinen Mitmieter (einen Kfz-Sachverständigen) bestens kannten. "Warum bist du nicht vorher gekommen?" Tja, weil ich sie nicht kannte. ..
Jetzt weiß ich, wie es geht. Für das schöne Turbo-Coupe in Moleks Garage fehlt mir gerade trotzdem das Geld, aber vielleicht wird es ja ein 9000er. Alles in allem hat mich jeder Kilometer im Saab einen Euro gekostet, aber besser ein blaues Auge als zwei zugeschwollene!
Mittlerweile überwiegt die Erleichterung.
Beste Grüße
Frank
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