Motor Lambdawerte, Spool Up, Spritverbrauch and other Tales

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Danke
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Also.

Setzt Euch ruhig. (Wer nich will, liest weiter unten weiter)

Als wir die Kleine vor Jahren auf der Straße aufgelesen haben, war's ihr lange Zeit schon arg und schlecht ergangen. Die Haare wirr, das Kleid zerrissen und allerlei Knöpfe und Schnüre fehlten. Aber ihr schüchternes Herz war aufrichtig und stark, ihre schmutzige Haut war makellos, und uns war klar, dass der Lump, der sie zu Markte trug, sich einen Teufel um ihr weiteres Ergehen scheren wollte.

So nahmen wir sie zu uns auf und sie wollte sich sogleich als treu und dienlich erweisen. Ich lies sie wohl gewähren, fragte nicht viel und hörte ihr umso mehr zu. Mit der Zeit, so dachte ich, jetzt habe ich verstanden und sprach zu ihr: Sieh, es ist Zeit, dass Du den Glanz deiner edlen Herkunft erkennest. So wollen wir Dich nun den Doktores und Magistres vorstellig machen, dem Schuster, dem Schneider und dem Hutmacher, auf dass dein Glück vollkommen werden soll.

Und so kamen die Doktoren, die Heiler und die Beter, reichten Pillen, kochten Kräuter, salbten und beschworen, die Magister wollten von diesem, jenem und solchem Wunder wissen; doch ach, so sehr sich die besten Schneider und Hutmacher auch bemühten, so recht glücklich wollte die Kleine nicht werden.

Den Anfang nahm:
Die Werkstatt eines befreundeten Taxi-Unternehmers.
Und der Horror begann.

(Fortsetzung folgt)
 
Beim Taxischrauber:
"Klar, machen wir, Saab, no Prob."
Kupplung bitte neu, vorsorglich Kopfdichtung bei der Gelegenheit, Ventildichtungen, Fahrwerk biite auch neu und ansonsten mal Alarm geben, ween was sonst noch auffällt.

9-3 I CV B204L (185PS, Trionic 5 OBD II)

Es dauerte statt 3 Wochen so nebenbei: 6 Monate.
Ergebniss: Grauenhaftes Fahrverhalten, falsche Steuerzeiten, tausend andere Mängel.
Das Fahrwerk ist mittlerweile gemacht, der Sattler hat geleistet und neue Highheels hat sie auch. Nur das Herz will nimmer so recht...

Der Motor lief bis dahin untenrum sahnemässig, entspannt-souveränes Cruisen in jeder Lebenslage. Er hatte bereits neuen Kurbelwellensensor, gerichtetes Schlauchwerk, neue Lambdasonde 1, gechecktes und für gut befundenes APC, neue KGE, neue rote Zündkassette, funktionierende Kraftstoffentlüftung, neuen Kraftstoff-Druckregler, Benzinfilter etc.
Über 5.000 RPM hat er jedoch gezickt, war allerdings mangels tatsächlicher Erfordernis verzeihlich.

Aber: Nach dem Richten der Steuerzeiten blieben ein mauer SpoolUp und 4 Liter Spritverbrauch mehr als davor.

Aber die Kleine müht sich. Adaptiert tapfer. Irgendwie wird's besser, nach und nach.

Und da steht sie jetzt und fragt mich, wie's um sie bestellt ist und wohl weitergeht.

(Fortsetzung folgt)
 
Let's get teschnisch:

Der Grundladedruck ist zu niedrig, Wastegate geht bei 0,3 Bar auf. Wird gemacht.
APC-Leitung W abziehen und zustöpseln macht aber nur marginalen Eindruck, kein Fuel Cut Off provozierbar.
Lambdawerte und Temperaturen sind erstmal plausibel, so im Cruise-Betrieb.
Max Ladedruck eigentlich prächtig, bis zu 1bar Saugrohrdruck
Bei Volllast kommen ab dem 3ten Gang und 4000 rpm Schwankungen im Ladedruck, je höher die Drehzahl, umso zäher dreht der Motor hoch.
Im 2ten Gang dreht er noch in den Begrenzer, mit zwei drei kleinen Zuckern unterwegs.
Lamda 2 gibt bei hohen Drehzahlen und Drosselklappenöffnung über 80% Werte von fast 1V aus, liegt auch sonst häufiger über 0,6-0,7 V.

Je mehr und länger ich die Kleine rennen lasse, um so besser (scheint so) wird es. Aber nicht wirklich gut.

Kat zu? Geht das überhaupt? Und woher kommt der blöde Sprit-Mehrverbrauch? Alle relevanten Teile sind die selben wie zuvor.
 
Und hier die Zahlen dazu:

Teilastbetrieb Lambda 1 0,05 V bis 0,8V, Lambda 2 0,45 bis 0,65, Temperatur um die 90°C, Closed Loop.
Vollgas: Open Loop (OL-Drive), offensichtlich schaltet die Trionic die Lambda-Regelung da aus, um maximal anzufetten (?)
Dabei (trotzdem) ausgelesene Lambdawerte: 1: 0.95 V; 2: 0,95V

Wenn ich beharrlich auf dem Gas bleibe, wenn der Motor anfängt zu zucken (80% gelb zu 20% rot), setzt es CE, p0300, random missfire. Tatsächliche Fehlzündungen sind nicht festzustellen, eher fehlende Zündungen.
 
Aber: Nach dem Richten der Steuerzeiten blieben ein mauer SpoolUp und 4 Liter Spritverbrauch mehr als davor.
Ich denke, daß dabei was in die Hose gegangen ist und die Einlass-Ventile zu spät öffnen...

Dazu vielleicht noch ein gesättigter Luftfilter...und einen teilweise verschmolzenen Katalysator...
 
Aber: Nach dem Richten der Steuerzeiten blieben ein mauer SpoolUp und 4 Liter Spritverbrauch mehr als davor.
Ich denke, daß dabei was in die Hose gegangen ist und die Einlass-Ventile zu spät öffnen...

Dazu vielleicht noch ein gesättigter Luftfilter...und einen teilweise verschmolzenen Katalysator...

Beide Nockenwellenräder stehen 1/2 Zahn vor. Saab-Meistermeister mit Saab Meister haben das so goutiert. Freier Saabisten-Meister hat zuvor X Versionen mit vor und zurück, unterschiedlichen Kerzen, anderer DI etc gechecked. War die beste verbliebene Variante.

Das Ganze fühlt sich an, wie wenn man früher den Choke zu lange gezogen gelassen hatte. Das Wunderliche dabei ist, dass die Teile vorher und nachher die gleichen sind. Eben auch die Steuerkette.
 
Ps: Hu mit AU ist grad erst ohne Beanstandung durch. Reicht dazu noch ein angeschlagener Kat?
 
Ps: Hu mit AU ist grad erst ohne Beanstandung durch. Reicht dazu noch ein angeschlagener Kat?
Wenn bei der AU nicht gepfuscht wurde, ganz sicher nicht!!!
War auch nur eine Möglichkeit, wegen der Fehlzündungen und dem Hinweis, daß die rote Kassette schon erneuert wurde.

Bleibe ich trotzdem bei den Steuerzeiten. Welche Markierung wurde denn an den Nockenwellen genommen? Die Kerbe an den Nockenwellen oder die Kerben in den Zahnrädern? Und wieweit war denn der Kettenspanner herausgefahren?
Ich kann mir gut vorstellen, daß die Einlass-Nockenwelle zu spät steht...und zwar um 1 Zahn. Und durch die gelängte Kette sieht es nur nach 1/2 Zahn aus.:party:
 
ich richte mal den Grundladedruck und setz danach die Einlassnockenwelle um 1 Zahn zurück. Was kann mir da der Zündzeitpunkt zum StatusQuo verraten? Is viel zu lange her, dass ich sowas mal halbwusste,,,
 
Wenn bei der AU nicht gepfuscht wurde, ganz sicher nicht!!!
War auch nur eine Möglichkeit, wegen der Fehlzündungen und dem Hinweis, daß die rote Kassette schon erneuert wurde.

Bleibe ich trotzdem bei den Steuerzeiten. Welche Markierung wurde denn an den Nockenwellen genommen? Die Kerbe an den Nockenwellen oder die Kerben in den Zahnrädern? Und wieweit war denn der Kettenspanner herausgefahren?
Ich kann mir gut vorstellen, daß die Einlass-Nockenwelle zu spät steht...und zwar um 1 Zahn. Und durch die gelängte Kette sieht es nur nach 1/2 Zahn aus.:party:
Ich hatte die Taxi-Menschen extra gebeten, OT komplett zu markieren. Hamse nich gemacht...

Einlass und Auslass stehen derzeit allerdings identisch um 1/2 Zahn versetzt. Müsste ich nicht, wenn, dann beide versetzen?
 
Man muss auch nicht zusätzliche Markierungen anbringen, es sind ja welche vorhanden. OT an der Kurbelwelle und zwei Markierungen an den Nockenwellen und dann auch noch zwei Kerben an den Zahnrädern der Nockenwellen.
Wenn die Steuerkette gelängt ist, muß ich die Zugseite, also Auslass-Seite, stramm halten, damit der Kettenspanner die Schiene möglichst andrücken kann.
Drücke ich nun oben, zwischen den Nockenwellen auf die Kette, wird sich die Einlass-Welle versetzen. Nicht viel, aber ein bißchen.
Wenn man seitlich auf die Nockenwellenräder schaut, sieht man jeweils eine Kerbe, die oben steht...wenn OT ist.
Und diese werden nicht zu 100% senkrecht stehen, weil die Kette gelängt ist. ABER die Zugseite muß dabei auf Spannung sein.
Und da vermute ich den Knack-Punkt.
Der Kettentrieb ist ja nicht mehr neuwertig. Die Kette ist gelängt, die Schienen eingelaufen. Darum meine Frage: wie weit kommt der Spanner heraus?
Mehr wie 10-11 mm sollten es nicht sein!
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Der Motor hat keine Leistung, verbraucht aber 4 Liter mehr Sprit.
Ladedruck ist ausreichend vorhanden (den Grundladedruck lassen wir jetzt mal beiseite), Kraftstoffdruckregler ist neuwertig, die Werte, die während der Fahrt gemessen wurden sind plausibel. Die 90°C Wassertemperatur kommen auch aus dem Tester?...gehe ich jetzt einfach mal von aus.

Grundsätzlich: IMMER, wenn nach einer Reparatur irgendwas nicht stimmt, was vorher nicht war...liegt es zu 99% an der Reparatur!
Der Kopf war runter und das Getriebe war heraus. WAS passiert denn dabei am Häufigsten? Stecker vergessen aufzustecken, die kleinen Massekabel nicht richtig festgeschraubt, usw.
Im Teil-Lastbereich läuft der Motor einigermaßen gut...bis auf den erhöhten Verbrauch...und der zähen Leistungsentwicklung.

Es tut mir leid, wenn ich wieder mal auf meine Branche schimpfen muß, aber ich habe schon soviel Murks erlebt...ich schließe wirklich nichts mehr aus!
Und bei Deinen beschriebenen Symptomen, zusammen mit den vorher gelaufenen Reparaturen, komme ich immer wieder auf die nicht passenden Steuerzeiten!
Wenn die Einlass-Seite zu spät öffnet, dann kann der Motor nicht die richtige Luftmenge ansaugen, bzw. zugeführt bekommen.
Das Steuergerät berechnet aber die Kraftstoffmenge nach Kennfeld und Sensor-Daten/Signalen. Diese scheinen zu passen.
Bleibt nur ein mechanischer Fehler...der nicht kompensiert werden kann. Und da die Trionic T5 keinen Nockenwellensensor hat, fällt ein mechanischer Fehler in dieser Gegend erstmal NICHT auf. Denn die DI-Anlage regelt den Zündzeitpunkt nach. Solang es noch im Kennfeld machbar ist.
Bei hohen Drehzahlen schafft diese Zündanlage das aber nicht mehr. Es kommt zu Fehlzündungen.
Und das liegt dann an einem Gemisch, welches nicht mehr zündfähig ist. In Deinem Fall viel zu fettes Gemisch. Bei Voll-Last!!!
Kerzen herausdrehen und die Kerzen ganz genau betrachten. Sie werden dunkel gefärbt sein...und nicht weiß oder maximal rehbraun.

Fern-Diagnosen in dieser Größenordnung sind äusserst schwierig. Ich bin dabei immer froh über möglichst viele Informationen. Und häufig sind es die Kleinigkeiten, die gerne vergessen werden und plötzlich zum Erfolg führen. Vielleicht fällt Dir dazu noch was ein?
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3-4 Mechaniker haben sich an der Einstellung der Steuerkette beteiligt.
Da sollte man eigentlich davon ausgehen, daß es passt.
Ich tu es leider nicht.
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Und nach Deiner sehr bildhaften Erzählung...vielen Dank dafür...(das macht die Geschichte etwas lockerer)...weiß ich nicht wirklich, was man von der "Taxi-Crew" halten soll. Selbstvertrauen haben sie auf jeden Fall. SAAB ist ja auch nur ein Opel...bzw. ein Auto mit 4 Rädern.
Aber was technische Kompetenzen angeht, oder Sorgfalt bei der Arbeit, kannst nur Du für Dich entscheiden.
Wo gearbeitet wird, passieren auch Fehler. Da kann sich kein Mensch von freisprechen!
Aber dann sollte man trotzdem in der Lage sein, seinen Fehler zu finden und abzustellen.
Besser ist es, vorher seine fachlichen Kompetenzen zu kennen und zu wissen, daß man besser keinen Ferrari anpackt...blödes Beispiel...wie anschliessend Elend zu haben. Auf beiden Seiten, denn die Schrauber-Jungs haben jetzt auch schlechte Laune, nicht nur Klawitter.
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worstecase
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Die Steuerzeiten passten nicht und die Ventile hatten Kontakt mit den Kolben.
Dann können jetzt die Steuerzeiten passen, aber die Ventile sind nicht mehr dicht.
Kerzen heraus...Kerzengesicht fotografieren und hier posten...Kompression messen.
Ist zwar ziemlich unwahrscheinlich, aber es gibt fast nichts, was es nicht gibt, gab.
ICH persönlich finde die Story sehr spannend...und bleibe am Ball.
Neue Infos, neue Gedankengänge.


 
Dann mal ein paar Bilder dazu:

Alte Kette - so muss das bei KW auf OT aussehen (wo die Kerben auf den Kettenrädern dann stehen, willst du gar nicht wissen)!
Auslass
upload_2019-9-24_3-59-58.png

...und Einlass
upload_2019-9-24_4-0-42.png

Zum Vgl. neue Kette:
Auslass
upload_2019-9-24_4-2-54.png

...und Einlass
upload_2019-9-24_4-3-50.png

Ohne fachkundige Hilfe beim ersten Mal wäre ich da auch sowas von auf die Schnauze geflogen (danke, Achim :hello:)!

Aber noch ein Tipp, um zu kontrollieren, ob die Wellen gegeneinander versetzt sind, wenn die Originalmarkierungen der Kette nicht benutzt oder nicht vorhanden sind: zwischen den Kerben auf den Zahnrädern müssen sich 7 1/2 Kettenglieder befinden:
upload_2019-9-24_4-8-47.png
 
Ich lese jetzt erst mal @klawitter "bei abgezogenem Wastegateschlauch 0,3 Bar, kein Fuelcut produzierbar"
im Teillastbetrieb regelt er über die Lambas nach.
Vollast nicht.
Die Trionic verwendet die im Teillastbetrieb ermittelten Werte und reichert diese bei Vollast an, 0,9 Volt sagen aber nur fett nicht wie fett.
Ich persönlich würde jetzt mein Augenmerk auf das Luftumschubventil, Ladedruckgeschlauchs, vor allem das dicke richten.
Ich lese auch 1 Bar, gehe ich Recht in der Annahme, dass diese erst bei hohen Drehzahlen erreicht werden
 
Hmm. Nur als Idee, was passiert, wenn die Klappe am Wastegate selbst nicht mehr schließt? Oder nicht mehr vorhanden ist? Baut er dann bei hohen Drehzahlen noch so viel Druck auf?
 
Oh eilet, rennet, den Boten hinterher, als dass sie reichlich belohnt werden sollen! :D

@der41kater : Du sprichst mir aus der Seele. Nun bin ich selbst nur Ingenieur und kein Mechanikus, also kann man mir am Ende des Tages viel erzählen, grad wenn da ein SAAB-Schild über der Werkstatt hängt...
Ich folge Deinem Beitrag #14 in jedem Wort.

Danke an @patapaya, Deine Bilder geben mir das Rüstzeug zur wahren Erkenntnis.

Eure beiden Beiträge sind exakt das, was mir mein Bauch die ganze Zeit erzählt. Nur weis (bzw. wusste) ich selbst zu wenig konkretes dazu, um zu einem exakten eigenen Urteil zu kommen. Mir schwante das ja schon, weshalb ich ja extra um die zusätzliche Markierung vor dem Ausbau gebeten hatte, oder wenigstens Fotos...
Sobald ich mir nen Nachmittag freischaffen kann, gehe ich da mal ran und mache Bilder. Kerzen schaue ich mir heute Abend schon mal an.

@bantansai: Was ist das 'Luftumschubventil'? Ladedruckschläuche sind neue rote aus Schweden. 1Bar peak meldet der Tester, und ja, eher beim Kickdown bei hohen Drehzahlen, solider Fakt sind eher 0,85. Also alles i.O., denke ich. Mein Tester zeichnet leider nur einen Screenshot pro Sekunde auf.

@Rusty : Der Lader hatte in der Tat schon mal Probleme mit einer nicht schließenden Klappe. Habe damals etwas gefeilt und zack war die Kleine untenrum wie ausgewechselt. Heute Abend kommt der Lader mal raus, um sorgsam begutachtet und gepflegt zu werden.

Ach ja, noch eins: Maptun ist wieder runter, läuft derzeit original. Allerdings schon vor der Reparatur, weil die Kupplung doch arg schwächelte.

Nochmal Danke, danke, danke!
 
Luftumschubventil ist im Volksmund genannt das Popoffventil. Es ist s chwarzdirekt oben vor dem Motor zwischen alufarbenem Rohr zur Drosselklappe und Ansaugrohr vorm Turbo.
Mal abbauen und durchpusten, das sollte nicht möglich sein.
Mit ausgehangenem Wastgate, so dann auch ohne wird er keine 0,8 Bar schaffen.
 
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