Ähmja, wo war ich stehengeblieben? Au weia, mittlerweile ists fuer mich schon anstrengender, die Umlaute auf funktionierenden Tastaturen zu nehmen statt wie zu hause auszuschreiben. Aber zu lesen sind die Ümlauts besser, also hier in angenehmer Form der letzte Zipfel unseres 9500km-Trips.
Ja, wir fahren gerade aus Göteborg raus und überlegen uns, ob das noch Sinn macht die Fähre Helsingborg-Helsingör zu nehmen, um noch das Hamlettschloss abzustauben und dann wiederum per Fähre Rödby-Puttgarden nach Deutschland zurückzuschiffen. Aber nein, wir müssen so schon pausenlos fahren um noch halbwegs rechtzeitig zur Mitfahrerin in Lübeck zu sein. Immer diese Verpflichtungen. Und das verträgt sich nicht damit, noch Umwege zu fahren und möglicherweise ein Stunde in Helsingborg (oder war es doch -Ör??) auf die Fähre zu warten, wenn wir streng nach Murphy gerade in den Hafen einfahren wenn die Fähre ablegt.
An der Öresund-Brücke lösen wir gleich für die südliche Fähre mit.
Es gibt echt keine günstigere Verbindung nach Südschweden (außer vielleicht mit dem Motorrad von Rostock nach Trelleborg, ist aber etwas langsamer), nur wenn man z. B. nächstes Jahr gleich durch Norwegen nach dem Nordkapp fahren möchte, wäre es anzudenken, ob man nicht von Dänemark nach Norwegen schippert, und noch eine hoffentlich nicht so fade Fahrt über einen stürmischen Skagerrak mitmacht. Jedenfalls ist das schön unkompliziert, man fährt vor und auf die Fähre drauf, ohne großen Planungsaufwand, und die Fähre ging auch immer gerade als wir in den Hafen kamen - allerdings so, dass wir g'rad noch mitfahren durften.
Ich überlege noch, ob das jetzt gut kommt, mitten auf der Brücke für eine Pieselpause anzuhalten, für was ist sonst der Standstreifen da. . . da sind wir auch schon wieder auf dänischem Boden. Diesmal werden wir nicht kontrolliert, ich glaube beim Übergang an der Brücke hat auch Martin gesteuert.
Jedenfalls übernehme ich wieder für die - auf eine schläfrige Art zermürbende - Fahrt durch Dänemark. Ich halt mich striktament an die Begrenzungen, bzw. wir sind sowieso immer noch auf dem "Stur-unter-90"-Trip unterwegs. Kleintransporter fahren dicht ran und blenden auf, die Fahrer werden schier wahnsinnig in ihren faradayischen Käfigen. Ach was, die sind schon wahnsinnig. Man fühlt sich gleich wieder richtig daheim auf dem europäischen Festland, dabei müssten wir, auch wenn wir nicht die Fähre nähmen, noch über zwei Brücken karriolen, bis wir wieder auf den Kontinent kämen. Auf einem kurzen Stück ohne Überholverbot rauschen drei Kleinlaster vorbei - auf der Fähre werden wir sie wiedersehen, sie kommen in der Warteschlange durch eine Laune des Weltgeistes sogar wieder hinter uns!
Auf den letzten Metern vor der Fähre tau ich Martin schockweise auf, indem ich schier auf den Vordermann draufrausch, weil ich mich noch beim Nebenmann fürs Vorbeilassen bedanken muss. Kurz die Bremse gestempelt - nix passiert. . .
Sind ja eh mit unter-8-Sachen unterwegs, wenn die vorderen Federn nicht abgesägt wären hätten wir also nix zu befürchten (Geradschnauzer-Stoßstangen!). Gut, dass hab ich in dem Moment nicht alles bedacht, sondern einfach nur so viel Abstand gelassen, dass für ein kurzes Umkucken immer Zeit ist ohne dass man sich auf die Autoscooter-Stoßstangen verlassen muss.
Die Fährfahrt vergeht erstaunlich schnell. Kurz nach der Fähre wollen wir auf schwedische Art (auf den Standstreifen fahren) einen französischen Kastenwagen vorbeilassen. Der rafft natürlich erst mal gar nichts, aber wie er merkt, dass uns nicht etwa die Maschine krepiert ist, zieht er vorbei und bedankt sich wie bescheuert. Kommt hier wohl sonst nicht vor.
Dann hab ich ratz-fatz Martin nach Lübeck rein an den Bahnhof reindirigiert. Raus ists nicht so leicht, aber Mitfahrerin Marie kennt ja ihre Stadt zum Glück zumindest halbwegs und auf französisch kann man auch wieder halbwegs flüssig palavern.
Wie ich mit meiner Navigationsleistung überhaupt zufrieden bin! Hab uns zwar ein paar mal ins Nirvana geschickt, und wusste selber nicht mehr weiter, aber beim nächsten Ortsschild weiß man dann ja mit ner guten Karte wieder, wo man ist. Da soll man z. B. mal vergleichsweise ein weibliches Navigationssystem testen, das leitet einen zwar mit Leichtigkeit in den Schlamassel rein, aber rausfinden muss man dann wieder selber!
Auch von den horrenden Benzinpreisen werden wir wieder erinnert, dass wir wieder im Land der Ökosteuer sind - von wegen in Skandinavien ist alles teuerer! Wir riskieren abermals, mit leerem Tank liegenzubleiben, bis die Preise wieder Vernunft annehmen. Auch die Entwicklung in den folgenden Monaten sollte uns Recht geben.
Dann wird mit angepasster Geschwindigkeit über die gute alte BAB nach Berlin zurückgeheizt. Auf einen erneuten Halt an der Garage verzichten wir, fahren auf dem Ring gleich weiter über Leipzig-Nürnberg Richtung München.
Wie das weibliche Wesen so an sich haben, verfällt Marie auf den bequemen Saabsitzen sogleich in tiefen Schlummer, aus dem sie außer einem kurzen McFritten-Stopp erst kurz vor München wieder erweckt werden muss. Ich nutze ebenfalls die Gelegenheit zum erquickenden Schlaf, denn ich ahne schon, dass wir nicht mehr rechtzeitig nach München kommen, als dass ich noch einen Zug über Memmingen bis fast nach hause erwischen könnte. Den könnte ich komplett mit dem Bayernticket zahlen, später müsste ich über Ulm fahren, was fast 15 EUR teuerer käme. Mir die Nacht im Kunstpark Ost um die Ohren zu hauen kommt zwar fast genau so teuer, aber so kriegt das Geld wenigstens nicht die Deutsche Bahn! Den Schlaf bei geöffnetem Schiebedach musste ich außerdem mit einem fiesen Sonnenbrand bezahlen. Ja, was macht man nicht um der DBAG zu schaden. . .
Ich kriege ab Berlin nicht mehr viel von der Fahrt mit, aber dann werd ich von gesteigertem Fahrtwindaufkommen geweckt: im sächsischen und bayrischen Vogtland lässt Martin noch ein wenig die Kuh fliegen. . . jawoll es hat auch schöne Seiten, wieder in Deutschland zu fahren! An der Abfahrt Schleiz erinner ich mich, wie mir vor fast einem Jahr der Rapid an einer Ausfahrt zur Tanke mal ausgegangen ist. Direkt beim Sonnemondundsterne-"Deschnö"-Festival. Aber damals musste ich hurtig weiter, heute auch - weswegen wir auch die letzten 50 km Autobahn vor München umgehen. Stau wie immer. In einem Industriegebiet bei Freising lassen wir Marie absitzen. Keine Ahnung, was sie da will, aber wir sind ja nur der Lift.
35 EUR oder wieviel waren es, total laecherlich wenn man sich den entsprechenden Zugticketpreis zzgl. Stress und Ungemach besieht. Aber was solls, damit haben wir mehr als die Differenz zwischen Lübeck-München-mit-90 und -mit-120 raus, und das langt doch schon.
In München wieder ein Heimkommenserlebnis: Auf Bayern2 läuft gerade der Zündfunk mit Sonic Youth ("Kim Gordon: 53 und immer noch die sympathische Heroinabhängige von nebenan!"). Das zweite Sekundärziel, "Mittwoch abend wieder in München sein", haben wir damit erreicht und ich steige am Bahnhof ab, womit mein Trip nach hause noch nicht ganz rum ist, . . .
. . . in der Tat sollte ich natürlich für die restliche Bahnfahrt von lachhaften 200 km wegen dem üblichen Horror mit den Zugverbindungen - solange man nicht IC(E) fahren will - nochmal fast einen ganzen Tag brauchen. . .
. . . aber zumindest die Autoreise Deutschland-Polarkreis. Schade dass es schon wieder rum ist, wir wären doch noch zu gern bei den Elchen und Rentieren geblieben. Aber die laufen ja nicht weg und nächstes Jahr ist es auch wieder schön kühl in Nordschweden.