Mein "Leserkommentar des Tages" zu einem Artikel auf SPON zum bekannten Thema.
"Ismus"
Wie man hört, hat Linksextremismus nichts mit Links zu tun, Rechtsextremismus nichts mit Rechts und Islamismus nichts mit dem Islam.
Vermutlich hat Kapitalismus nichts mit Kapital zu tun und Sozialismus nichts mit Sozial.
Es ist wohl doch der -Ismus selbst, der böse ist.
(jjcamera heute, 08:52 Uhr)
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Solang jeder diese Ausschreitungen von seiner politischen Warte aus betrachtet, bewertet und einordnet, solang dringt man auch nicht zum Kern des Problems vor. Viele wollen das auch gar nicht. Siehe Merkel, Gabriel, Scholz, Herrmann und auch Kommentatoren hier im Thread. Längst walten Kräfte, die sich dem postfaktischen Zeitgeist geschickt anzupassen suchen und nun mit aller Macht zwischen den tatsächlichen Fakten die gefühlten und dabei erfolgversprechendsten Wirklichkeiten suchen - und finden. Also jene, die sich am besten anfühlen und für die eigenen Ziele verwenden lassen. Das geht soweit, dass Caren Miosga in einem Interview mit einem "Experten" dessen Aussagen so verdreht, dass beim Zuseher der Eindruck entsteht, die autonome Linke habe mit der bösen Gewalt ja eigentlich fast garnix zu tun, und die Rote Flora sei sowas ähnliches sei wie ein friedliches Begegnungszentrum für besonders alternative Leute - halt mit sozialistischer Ader. Und: dass die Krawallisten da ja eigentlich garnicht dazu gehören, sonst hätten sie rund um das friedliche Begegnungscafé ja auch nicht alles zu Klump gehauen.
Eine solche Differenzierung ist bemerkenswert. Denn gleichzeitig wirft das Nachrichten-Flaggschiff der BRD die Sympathisanten der AfD pauschal in einen Topf mit Nazis und Rechtsextremisten und verunglimpft Menschen, die sich durch diese Partei repräsentiert sehen.
So, das ist freilich provokant formuliert. Und jeder mag zu dem chaotischen Laden und seinen sehr heterogenen Anhängern (darunter sicher auch Rechtsextreme!) stehen, wie er mag. Fakt ist aber, dass sich der Umgang und die Berichterstattung mit zivilem Ungehorsam oder Gewalt in den beiden politischen Lagern gravierend voneinander unterscheidet. Und dass wir in der Folge nun diese sensible Betrachtung der Geschehnisse in Hamburg haben, während friedliche Pegida-Demos gesellschaftskonsensual zur Gefahr für den Rechtsstaat hochstilisiert werden, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass mit einem neuen Maß gemessen wird: Der postfaktischen Wahrheit.
Was auf der Strecke bleibt, ist die Meinungsfreiheit. Und somit ein Grundrecht, das eigentlich uns allen zustehen sollte. Aber eben nicht unter Einbeziehung von Gewalt.