Mal ein Bericht über einen Ironman-Jäger unter den Saab-Fahrern aus der Sächsischen Zeitung.
Gerichtsbericht
Rennrad-Schrott beim Ausflug
Beide haben an jenem 11. Mai vorigen Jahren, dem Muttertag - das gleiche Ziel: Sie wollen ihre Mutter besuchen. Der eine im Auto mit Frau und den drei Kindern, der andere mit dem Rennrad. Auf der Dresdner Straße in Coswig kommt es zur Konfrontation. Weil der Radler nicht auf dem Radweg, sondern auf der Straße fährt, kommt eine Autokolonne nicht vorbei. Als das endlich gelingt, beschimpfen sich ein Saab-Fahrer und der Radler, zeigen sich gegenseitig den "Stinkefinger". Der Radfahrer sei an einer roten Ampel auf den Radweg gewechselt, bei Rot über die Kreuzung und dann wieder auf die Straße gefahren, behauptet der Angeklagte, ein 34-jähriger Radebeuler. "Ihr Autofahrer seid doch alle Assis" und "Dann halte doch an, du Vogel", soll der Radfahrer angeblich gerufen haben. Der Saab-Fahrer fährt auf den Radweg, bremst scharf, hält an. Der Radler prallt auf das Hindernis, verletzt sich schwer. Das nagelneue teure Carbon-Rad ist Schrott. Es entsteht ein Schaden allein an dem Rad von mehr als 4 000 Euro. Wegen Gefährdung des Straßenverkehrs saß der Saab-Fahrer gestern vorm Meißner Amtsgericht.
Dessen Anwalt will vor allem zwei Dinge erreichen. Aus der vorsätzlichen Tat soll Fahrlässigkeit werden, damit die Versicherung den Schaden reguliert, ohne seinen Mandanten in Regress zu nehmen. Und das dreimonatige Fahrverbot, das im Strafbefehl ausgesprochen wurde, soll weg. Im Übrigen sei auch die Geldstrafe zu hoch.
Auf Radweg nichts zu suchen
Über das Fahrverbot will Richterin Ute Wehner reden, doch Fahrlässigkeit kommt für sie nicht in Betracht. "Sie hatten auf dem Radweg nichts zu suchen, stellten ein Hindernis dar. Warum sind Sie nicht einfach weitergefahren? Jetzt versuchen Sie, die Sache schönzureden", wirft sie dem Radebeuler vor. Anwalt Andreas Stegmann beschränkt daraufhin seinen Einspruch auf die "Rechtsfolgen", also auf die Strafhöhe. Zwar bleibt es bei 40 Tagessätzen wie im Strafbefehl, die Höhe wird aber auf 30 Euro reduziert. Insgesamt muss der Mann als 1 200 Euro Strafe zahlen. Das Fahrverbot hingegen wird aufgehoben. Der Geschädigte, der aus Braunschweig angereist ist, letztlich aber nicht gehört werden muss, ist empört. "Das ist eine lächerliche Strafe, die viel geringer ist als der Schaden, der mir entstand", sagt er. Vor allem, dass es für solch eine Tat nicht mal ein Fahrverbot gibt, leuchtet dem 28-Jährigen nicht ein.
Der Mann, der aus Oschatz stammt, ist Leistungssportler und fährt jede Woche 500 bis 800 Kilometer mit dem Rad. Als er noch in Erfurt wohnte und in Leipzig studierte, radelte er jedes Wochenende von seinem Studienort nach Hause, 130 bis 180 Kilometer für eine Tour, je nach Strecke. Er findet es eine Frechheit, dass ihm der Angeklagte unterstellt, bei Rot gefahren zu sein. "Das ist eine glatte Lüge." Die Versicherung des Angeklagten hat ihm gerade mal 2 000 Euro gezahlt, davon 500 Euro Schmerzensgeld. Das Rad musste er wegwerfen. "Kein Radsportler benutzt ein Rad noch einmal, das in einen Unfall verwickelt war", sagt er. Wegen der Verletzungen konnte er wochenlang nicht trainieren und verpasste wichtige Wettkämpfe. "Das ist eine Frechheit zu behaupten, ich wäre absichtlich aufgefahren", sagt er. Der Angeklagte habe ihn nach dem Unfall sogar noch verhöhnt mit Worten wie "Steh` auf , du Simulant." Mit einer Schulterprellung und Verdacht auf Kreuzbandriss wurde der Radfahrer ins Krankenhaus eingeliefert, acht Stunden lang untersucht und behandelt. Der Muttertag war gelaufen. Was ihn besonders ärgert. Der Angeklagte hat sich bis heute bei ihm nicht entschuldigt und nie gefragt, wie es ihm geht.
Da kommt noch was auf ihn zu
Ganz so milde, wie es auf den ersten Blick scheint, kommt der Angeklagte aber doch nicht davon. Da er wegen einer Vorsatztat verurteilt wurde, holt sich die Versicherung das Geld von ihm zurück. Auch die Kosten des Verfahrens und seinen Verteidiger muss er selbst bezahlen. Selbst wenn er eine Rechtsschutzversicherung hätte, käme die in diesem Fall nicht für die Kosten auf. Der Geschädigte ist inzwischen vollständig genesen. Er trainiert jetzt für den Iron Man auf Hawai.