Na ja, ich habe mich in einem Chemielabor in Belgien und durch Telefonate mit ESSO in HH kundig gemacht. Früher (bei verbleitem Sprit) galt doch, füllen bis an den Kragen und das Kraftstoffsystem ist "auf alle Zeiten" geschützt. Als das Blei wegen der Katalysatoren raus musste, wurde die Zusammensetzung des Benzins komplett neu entwickelt, um die Klopffestigkeit zu gewährleisten. Bei einigen älteren Modellen mussten sogar die Ventilsitze gegen anderes Material ausgetauscht werden. Wir hatten Anfang der 90er Jahre für den Lancia Beta 2.0 ie eine G-Kat-Nachrüstung gestartet und mussten uns natürlich intensiv damit befassen. Interessant war, dass Lancia schon immer geeignete Ventilsitze verwendete, Alfa aber nicht. Deshalb war bei alten Alfa-Modellen die Umstellung auf G-Kat teurer. Das nur nebenbei.
Lt. Auskunft von ESSO ist der neue Sprit zum sofortigen Verbrauch konzipiert (Lagerfähigkeit begrenzt). Deshalb hat man in den USA vor allem für Boote, die auf dem Wasser überwintern, den Fuel Dryer und den Fuel Stabilizer entwickelt. Der Fuel Dryer bindet das Wasser im Tank, wodurch die Emulsion über die Verbrennung entfernt wird. Diesen schüttet man in die vorletzte Tankfüllung. Vor der Stilllegung kommt nun der Fuel Stabilizer hinein, dann tankt man voll und fährt zum Standplatz. Dadurch vermischt sich alles und nun ist der Sprit für mindestens 1 Jahr zündfähig und oxidiert nicht. Dieser neue Sprit ist hygroskopisch und oxidationsfreudig. Natürlich spielt die Umgebung auch eine Rolle. Starke Temperaturwechsel begünstigen die Entstehung von Kondenswasser. Da Wasser schwerer als Benzin ist, sammelt es sich an der tiefsten Stelle im Tank, was bei Metalltanks durchaus zu Durchrostungen führen kann. Wird das Auto in einer gleichmäßig temperierten Halle gelagert, dauert es viel länger, bis der Sprit umkippt. In einer Doppelgarage, die ständig geöffnet wird und das andere Auto u.U. Schnee und Nässe hereinbringt und die Temperaturen stark schwanken, geht es viel schneller. Abgesehen davon ist für andere Teile (Leder, Stoff, Holzarmaturenbrett) die Luftfeuchtigkeit wichtig. Zu hoch, kann sich Schimmel bilden, zu niedrig, kann organisches Material reißen. Hier kann man einen Luftentfeuchter ins Auto stellen, der die Luftfeuchtigkeit ungefähr bei 50% hält.
Das mit dem Vollfüllen des Tanks ist eine uralte Weisheit von früher, ähnlich wie der Unsinn, Räder über Kreuz zu wechseln. Sogar in einer BA eines Autos von 1982 fand man diese Anweisung, obwohl das Auto Radialreifen hatte. Das war bis in die 60er Jahre richtig, aber heute haben sich die Bedingungen geändert. Sprit ist anders und Diagonalreifen gibt es kaum noch.
Übrigens, Fuel Dryer und Fuel Stabilizer sind in D vor allem bei Motorradhändlern zu finden. Der Kfz-Teile-Handel kann das bestellen, hat es aber selten am Lager. Den Tank komplett zu entleeren, ist beim Motorrad möglich, beim Auto eher keine Lösung. Dann können Benzinschläuche austrocknen, rissig werden und bei Wiederinbetriebnahme einen Kraftstoffnebel im Motorraum verursachen. Unabhängig von der Tankfüllung ist dies ein Problem von Boxermotoren. Da gibt es einige senkrecht stehende Schläuche, die bei längerer Standzeit leer sind und austrocknen. Ich habe immer einen Eimer Wasser neben das Auto gestellt und bei geöffneter Motorhaube genau geschaut, ob alles dicht ist. Sonst genügt ein Funke und die Kiste brennt ab. Ein Bekannter in Austria hat auf diese Weise einen kleinen Anbau mit mehreren Autos abgefackelt. Er freute sich noch, dass der Gamma sofort ansprang. Da musste er ans Telefon und inzwischen konnte nur noch die Feuerwehr verhindern, dass das Wohnhaus auch noch abbrannte.