Sind alle gesättigt?
Licht ist auch abgedreht?
Dann haue ich jetzt nochmal ein paar Bilder und `nen Haufen Worte raus, die Fortsetzung der Vergangenheitsbewältigung aus #43218.
Im Gegensatz zu den Urlaubsdia-Abenden von früher kann man ja hier schnell weiterclicken wenn es öde wird.
1990 ging es für mich zum zweiten Mal Richtung Morgenland.
(In dem Jahr wurde mein 900er gebaut. Das wußte ich damals aber noch nicht, und ich hätte mir ihn auch nicht leisten können.)
Der ganze Krempel, und noch einiges mehr, wurde auf die beiden Autos verteilt und kaum 5000km später waren wir wieder am Grabungshaus.
Eine willkommene Abwechslung für die allgegenwärtigen Kinder.
Für uns als Voraustrupp begann nun wieder das Auspacken, Ausmotten, Haus bewohnbar machen und erste Grundversorgung herstellen bevor der Rest der Bande per Flugzeug und Bus anrückte.
Bei der Grabung selbst geht es den Archäologen in erster Linie darum gesellschaftliche und städtebauliche Strukturen zu erforschen. Also nicht um Gold- und Silberschätze. Die Stadt hier war ja schon recht groß, und so sollte es eigentlich Wohn- oder Geschäftsviertel, Marktplätze, Werkstätten, Verwaltungs-, Repräsentations- und religiöse Gebäude usw. gegeben haben. Diese zu finden und zuzuordnen war die Aufgabe.
Der obere Teil der Gebäude ist schon lange zu Staub zerfallen, wir reden hier von Häusern die vor gut 3000 Jahren aus luftgetrockneten Lehmziegeln erbaut wurden. Die Bauweise gibt es heute noch, aber wenn die Mauern nicht regelmäßig gepflegt, also neu verputzt, werden lassen Regen und Wind sie in kurzer Zeit verfallen.
Genau dieser Staub und vom Wind herangetragener Sand lagern sich aber am unteren Teil der Mauern und Fundamente ab, decken sie zu und schützen so vor weiteren Verfall. Und so ist es möglich ein paar tausend Jahre später noch teilweise bis zu zwei Meter hohe Mauerreste zu finden. Die Oberkanten der Mauer verstecken sich nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche und es wurde auch mal der Radlader mit einem Straßenkehrvorsatz losgeschickt um die die Wüste zu fegen (vgl. Spaceballs, „durchkämmt die Wüste“). Der Verlauf der Mauern war danach ganz gut zu erkennen, der dadurch entfachte Staubsturm war aber auch nicht ohne.
Dann werden sogenannte Testschnitte abgesteckt und in die Tiefe gegraben, meist in Nord-Süd-, oder Ost-West-Ausrichtung. Man erhält dadurch Informationen über die verschiedenen Besiedlungsschichten. Über die Zeit wurden verfallene Häuser immer wieder neu aufgebaut, die Fundamente oder Mauern wiederverwendet. Fußböden wurden aufgefüllt und neu eingeebnet.
Mit etwas Glück findet sich im benachbarten Testschnitt ebenfalls beispielsweise die Ascheschicht eines Brandes. Und so kann man dann den Bereich dazwischen der gleichen Zeit zuordnen.
Erst nach der Auswertung der Testschnitte wird die Fläche dazwischen schichtweise abgetragen, und natürlich dokumentiert. Jüngere Schichten werden dabei ja unwiederbringlich zerstört.
Quasi als „negativer Testschnitt“ werden beim Abgraben erstmal Stege stehen gelassen. Einmal als Verkehrswege um nicht dauernd über Hindernisse klettern zu müssen, in erster Linie aber als Kontrolle über die Schichtfolgen.
Das Präparieren der gefundenen Mauern erfordert einiges an Erfahrung (oder Phantasie). Luftgetrocknete Lehmziegel von luftgetrocknetem Lehmmörtel zu unterscheiden ist nicht leicht.
Natürlich kommen bei der Buddelei auch immer wieder Kleinode zum Vorschein die von den damaligen Bewohnern verloren, vergessen oder zurückgelassen wurden. Oder Gebäude wurden durch Feuer, Gewalt oder Naturkatastrophen zerstört und Dinge dadurch verschüttet.
Besonders Tontafeln werden von den Archäologen begrüßt, geben sie doch Einblick in das damalige Leben oder helfen bei der zeitlichen Einordnung. Auch damals gab es schon Bürokratie, und Schreiber drückten Herrschererlasse oder Inventarlisten in Keilschrift in weichen Ton und ließen trocknen.
Auch wurden Briefe gefunden, inklusive „Briefumschlag“. Die trockene Tontafel wurde nochmal in einen Lehmklumpen gehüllt und dem Empfänger so zugestellt ohne das jemand anderes den Inhalt sehen konnte. Auf der Innenseite des Umschlags zeichnete sich der Text dann in Spiegelschrift ab.
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