Die Besichtigung hat stattgefunden. Den Wagen habe ich nicht gekauft, und zwar deshalb, weil die Italiener in zwei Tagen keine Überführungskennzeichen besorgen können bzw. weil die Versicherung auf den Eigentümer und für die montierten italienischen Kennzeichen für 5 Tage daran gescheitert ist, dass der Wagen aus steuer- und versicherungstechnischen Gründen auf den Vater gelaufen ist. (Der Wagen war schon versicherungsmässig abgemeldet). Der Vater aber lebt mitten in Sizilien und nicht in Catania wie der Sohn, Vollmacht vom Vater gab es auch nicht. Und eine Woche warten, bis das ganze Krimskrams beieinander ist, dazu habe ich keine Zeit. Beim Start ein Riesenschwall Wasser aus dem Auspuffendtopf geflossen. Aber angeblich seit 7 Monaten zum ersten Mal gestartet, ist auch sofort angesprungen.
Und ich hatte auch nicht die Möglichkeit, mit deutschen Überführungskennzeichen runterzufliegen, weil ich von Budapest aus geflogen bin. Abgesehen davon, dass diese Kennzeichen in Italien gültig sind, ist es aber nicht der ganz korrekte Weg angeblich, ein italienisches gebrauchtes Auto nach Deutschland zu überführen, so mein Kenntnisstand. Übrigens sollte die italienische Versicherung für 4 Tage 712,50 Euro kosten, wenn es denn das Problem mit der fehlenden Vollmacht nicht gegeben hätte. Von mir eine aufgezeigte Möglichkeit, italienische Exportkennzeichen für 5 Tage zu bekommen, sei für Sizilien nicht möglich (hätte 250 Euro plus Steuern gekostet, ca. 300 Euro nach meiner Schätzung).
Vielleicht ist es besser so, obwohl ich noch immer grüble, ob ich den Wagen nicht im zweiten Anlauf nach Deutschland mitnehme.
Verkäufer smarter Italiener, Jahrgang 1963, approbierter Apotheker, im blaukarierten Tommy Hilfiger-Hemd und Burberry-Brille, der in seiner Garage neben einem neuen, weissen Alfa Romeo 147 JTD (120 Diesel-PS) noch einen schwarzen Porsche 911, Jahrgang 1988, mit 231 PS sein Eigen nennt und den er auch unbedingt behalten möchte (Aufkleber am Alfa, dass er Mitglied des italienischen Porsche-Clubs ist). Verkaufsgrund des SAAB Cabrios seien die hohen Steuern und Versicherung auf das Auto, weil angeblich das Oldtimeralter in Italien von 20 auf 30 Jahre heraufgesetzt wurde. Weiterer Verkaufsgrund sei die schlechte wirtschaftliche Lage, Umsatz der beiden Apotheken des Ehepaares (beide studierte Apotheker) hat sich halbiert durch Medikamten-Preisdeckelung der italienischen Regierung.
Nun zum Wagen: Probefahrt wegen fehlender Versicherung nur auf dem Gelände des professionellen Autoverkäufers als Vermittler mit max. Tempo 40 möglich, Wagen liess sich gut kuppeln, schalten, lenken. Ein Kühlwasserschlauch sollte noch bei Kauf repariert werden, Ölwechsel, Ölfilter, Getriebeölcheck, Bremsflüssigkeitswechsel und eine neue Batterie spendiert werden (veranschlagte Kosten hierfür 1000 Euro, netter Gag von ihm). Der Lack war ziemlich gut, nicht total ausgeblichen bzw. Klarlackschicht abgelöst, wie so oft in den letzten Tagen in Catania gesehen (auch bei deutschen Premiummarken á la BMW). Neuen Lack hätte der Wagen wirklich nicht nötig gehabt, neuen Lack ringsum für die Stoßstangen und Airflow-Verkleidung indes schon. War bis vor sieben Monaten angeblich in der Garage gehalten. Jetziger Eigentümer ist der 3. Eigentümer, der den Wagen 1998 mit 70.000 km gekauft hat. Jahresfahrleistung seitdem angeblich 5.000 km, dazu passt aber der jetzige Kilometerstand von knapp 160.000 km nicht.
Servicecheckheft natürlich nicht vorhanden, versiffte italienische Betriebsanleitung schon.
Hinterer Fußraum links klatschnass, Einlegeteppichfussmatte darüber mit blütenweisser Schimmelbildung. Das Loch im Dach ist auf der rechten Seite, der Fussraum rechts hinten war aber stocktrocken.
Raucherauto (Geruch und Aschenbecher eindeutig) durch die vorherigen Eigentümer bedingt. Blinkerhebel links und rechts bleibt nicht arretiert. Warnblinkanlage defekt, rechtsseitiges Dauerleuchten der Blinker dann von vorne bis hinten. Lampenkontrollleuchte im Cockpit für Stand-/Abblendlicht leuchtete nicht. Kilometerstand scheinbar echt, keine verdächtigen Spuren an den Knöpfen, Kilometerzähler und Tacho funktionierten. Klimaanlage funktionierte nicht, angeblich sei es mit einem Nachfüllen des Kältemittels getan einmal jährlich. Natürlich nicht auf R 134a umgerüstet. Handschuhfachdeckel ohne Blasen, 4 Löcher in der Mittelkonsole von demontierter Telefonhalterung. Armaturenbrett fast rissfrei bzw. minimalster Rissansatz an der üblichen Stelle vorne links.
Überraschenderweise hatte der Wagen auch elektrische Sitze, was ich vorher nicht wusste, und diese funktionierten auch. Sitztasche Fahrersitz ausgeleiert, Beifahrerseite nicht. Batterie war natürlich platt, Starthilfe bekommen, Reifen (Kleber) ebenso platt, aber neu laut Verkäufer (DOT war 2. Woche 2009). Frontspoilerlippe vorne links mit zwei Extraschrauben befestigt, vorne rechts mit der üblichen einen. Airflowteil vorne rechts Kotflügel ebenso mit Schraube von aussen sichtbar befestigt. Bowdenzug Motorhaube gerissen, mit Zange von innen irgendwie gezogen, da der Zughebel locker vor sich hinbaumelte. Verdeck funktionierte, aber ich hatte das Gefühl, dass es ein wenig Anschubhilfe beim Öffnungsstart benötigte (ist das normal?). Auspuffendtopf 6 Monate alt, kompletter Kofferaumteppich neu und trocken, kein Rost in den Kofferraumecken, Verdeckkasten auch trocken. Rücklicht rechts zwei kleine Risse. Zentralverriegelung defekt.
Saab-Embleme vorhanden und bis auf das 16 Valve-Emblem so, wie ab Werk verklebt. Verdeckgestänge nicht verrostet. Laut Papieren 125 kW/170 PS, Mj. 1993. Verkäufer war der Typ, der reparieren lässt und mit seinem Porsche auf der Rennstrecke zum Spass rumkurvt. Auf die Frage nach der Redbox wusste er vorab per Telefon nicht, was gemeint sei, obwohl mein italienischer Arbeitskollege Erst- und Zweitkontakt mit ihm pflegte. Wagen hatte übrigens Redbox, hab sie aber nicht rausgezogen und nummernmässig untersucht, vielleicht hat der Wagen mit 170 PS eine Redbox ab Werk, vielleicht auch nicht, vielleicht war es sogar eine 185 PS-Box. Holzarmaturenbrett auch nicht beschädigt, also Vollausstattung bis auf Airbag, was ich aber vielleicht hätte nachrüsten lassen. Fahrersitzlehne kleines Loch im Einstiegsbereich. Alarmanlage "Piranha", siehe Motorraum Kotflügel links. Leder noch relativ elastisch, mit üblicher leichter Rissbildung. Aschenbecher hinten mit schwarzer Dichtungsmasse festgeklebt. Kunststoffverkleidung Kofferraumschloss abgenagt.
Erstverdeck vermutlich, da der Verkäufer keins hat erneuern lassen. Krümmer rissfrei.
Verkäufer sagte, dass sein 900 turbo S Cabrio der einzige in Catania sei und dass das Tür-/Seitenverkleidungsleder hinten was ganz besonderes sei, dass wusste er und wies mich darauf explizit hin.
Ja, und Besichtigung von unten auf Hebebühne war auch nicht möglich, da Verkaufsstelle keine Hebebühne hatte. Er fuhr mich auf ein anderes Gelände der Verkaufsstelle in der Hoffnung, dort eine zu finden, da war aber nichts. Zu seinem Mechaniker des Vertrauens hinzufahren zwecks Hebebühne war auch nicht möglich, da keine Versicherung auf das Fahrzeug. Frontscheibe steinschlagfrei, lief aber in den oberen Ecken schon an. Bremsbeläge und Bremsscheiben angeblich gut, Bremsflüssigkeit nie gewechselt. "Revisione" durchgeführt alle 2 Jahre von 2000 bis 2006, 2008 und 2010 schon nicht mehr laut Fahrzeugschein.
Also einige italienische Ungereimtheiten und Negativpunkte, typisch könnte man dazu sagen.
Der Wagen ist aber dennoch reizvoll, da er eben ein echter Vollturbo ist, aus dem letzten vollen Modelljahr, die umfangreiche Teilesuche und der umfangreiche Umbau auf Vollturbo wegfallen würden, eigentlich ein gutes Restaurationsobjekt. Vielleicht meinen welche unter Euch, der Wagen sei eine Grotte. Vielleicht meinen andere unter Euch, dass der Wagen auf den Fotos gut rüberkommt, aber Ihr wisst ja, auf den Fotos sieht es meistens besser aus als es in Wirklichkeit der Fall ist. 5000 Euro sollte er nach wie vor kosten, das Doppelte kann man da mindestens reinstecken, bevor der Wagen einigermaßen manierlich wieder technisch und optisch daherkommt.
Wenn, ja wenn man wirklich wüsste, dass sich im nassen Fußraum hinten links nicht schon erheblicher Rost entwickelt hat. Wie lange das Loch im Verdeck besteht, kann man ja nicht wirklich wissen, auch wenn es in Catania angeblich sooooo selten regnet laut Verkäufer. Nur vor der Ankunft am Samstag hatte es starken Regen gegeben, und heute am Montag hat es nur so geschüttet. Ansonsten sind die üblichen rostkritischen Stellen frei von Rost. Motorraum auch nicht gesäubert laut Verkäufer, da der Saab eine empfindliche Elektronik hat, die Motorwäsche schlecht verträgt.
Auf die Schnelle war es das fürs Erste.
PS: Die Haube war wegen des defekten Haubenentriegelungshebels nicht mehr eingerastet, als ich den Wagen fotografierte. Deshalb steht sie ein wenig hoch vorne, nicht unfallbedingt.