Aus Peking meldete sich der schwedische Konsul mit eigenen Infos zu Hawtai. Die Firma hätte ihre 2010 Produktionszahlen um 30% verschönt und wechsele ausserdem recht häufig den Chef, in den letzten 8 Jahren 6 mal.
Die geringe Haltbarkeit der Führungsetage ist in China allerdings keineswegs unüblich. Das würde jetzt wohl etwas zu weit führen, aber hinter Hawtai steckt ja ein recht großer Mischkonzern mit einer einflussreichen "grauen Eminenz" an der Spitze, der eigentlich nie in der Öffentlichkeit auftritt und im Verborgenen die Strippen zieht. Und wenn die untere Führungsebene nicht die erwarteten Zahlen bringt, wird sie eben ausgetauscht. Hire and fire und keine Zeit für PE Konzepte.
Das mit den frisierten Produktionszahlen - es waren +35% - kann man den Chinesen nicht wirklich vorhalten. Ich denke eher, die haben sich VM angepasst und hielten dies höflicherweise für Landessitte. Wir erinnern uns an Spyker, die modifizierte Kundenfahrzeuge als Neuwagen durch die Bücher laufen ließen
Aber mal ganz im Ernst : es mehren sich nicht nur in der schwedischen Presse die Vorbehalte bezüglich des neuen chinesischen Partners. Selbst chinesische Wirtschaftsberater sind skeptisch, und das ist nun wirklich bei der Beurteilung eines heimischen Unternehmens nicht oft der Fall. Wie man liest, war man schon vor längerer Zeit im Gespräch mit einem chinesischen Autobauer, der die erste Wahl ("Preferred Bidder”) gewesen wäre. Diese Verhandlungen konnten allerdings nicht zum Abschluss gebracht werden. Wer der bevorzugte Partner gewesen ist, wurde (noch) nicht öffentlich. Naheliegend wäre natürlich in erster Linie BAIC, der im Dezember 2010 für 155 Millionen Euro die alte 9-5/9-3 Technik gekauft hat. In frage kämen allerdings noch "China Youngman Automobile Group" und die "Jiangsu Yueda Group", welche lt. Reuters Gespräche mit Saab geführt haben. "Great Wall Motor", die auch in der Presse genannt wurden, sollen nach eigenen Angaben hingegen nicht interessiert gewesen sein.
Die Verhandlungen mit Hawtai sollen im Rekordtempo innerhalb weniger Tage und in letzter Minute geführt worden sein (nach drei Tagen in der Nacht zum Montag dann der Abschluss), daher schreibt das SvD "Kaotiskt och desperat", also chaotisch und verzweifelt. Und "Det är intrycket av spelet bakom den senaste Saab-räddningen"...
Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler Christer Ljungwall, vom renommierten China Center for Economic Research der Universität Peking, spricht von einer verzweifelten Aktion seitens Saab. Er sei natürlich generell für chinesische Investoren, aber dieses mal sei alles zu schnell gegangen. Er sei daher auch gar nicht sicher, ob der deal für die Beschäftigten in Trollhättan eine gute Nachricht sei. Es bestehe die große Gefahr, daß die Chinesen nur an der Technologie und an einer Fertigung in China interessiert seien. Ich finde es schon bemerkenswert, daß ein chinesischer Wirtschaftswissenschaftler diese Zweifel äußert, das ist wirklich ungewöhnlich in China.