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Produktionsende des 901: Ein FAZ-Schreiber erinnerte sich

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Damals, als die Produktion des "originalen" SAAB 900 eingestellt wurde, rief ihm die FAZ am 17. August 1993 dies hier hinterher. Und weil die gifs so schlecht lesbar sind, kommt hier nochmal der Text in Reinschrift:

 

 

Geliebte Grobschlächtigkeit

Ein tränenblinder Blick zurück auf den auslaufenden SAAB 900

 

Wahrscheinlich ist die Geschichte erfunden, und wenn nicht, desto lehrreicher: Erzählt wurde jedenfalls in einer Gammel-Dansk-geschwängerten Runde von einer resoluten Person aus der Nähe von Ahus, die sich auf einem Waldparkplatz nach dem Joggen am Kofferraum ihres Autos plötzlich einem Unhold gegenüber sieht. In ihrer Bedrängnis erwehrt sie sich seines unziemlichen Anliegens mit dem einzigen Teil des Autos, das schnell zu Hand ist - sie packt die Kofferraumabdeckung und schlägt mit ihr zu. Das Auto: ein SAAB 900 Turbo. Der verhinderte Notzüchtiger soll nach der Abwehr bis zur Transportunfähigkeit krankenhausreif gewesen sein. Unwahrscheinlich macht die Geschichte, dass diese Dänin wohl auch unbewaffnet eine einschüchternde Walküre sein muss. Denn was andere Autohersteller verniedlichend Hutablage nennen und aus wabbeligem Plastik formen lassen, ist im SAAB 900 ein zentimeterdickes Holzbrett von den Maßen einer niedrigen Tür, mit hartem Filz bezogen. Nachprüfbar wahr hingegen ist: Ein Handgriff und man kann diese Waffe wie ein Wikinger seine Streitaxt schwingen - sofern man die Hutablage heben kann.

 

Wird sich die gedachte Dänin auch mit einem SAAB 900 des Modelljahres 1994 die Spraydose zur Selbstverteidigung sparen können? Wir wissen es nicht, aber wir bezweifeln es. So handfest wie der nun auslaufende SAAB 900, dessen solider Altmodischkeit wir herzlich zugetan sind, wird sein Nachfolger (FAZ vom 3. August) kaum sein können. Es wäre unzeitgemäß. Daß dies schon 1978, bei seinem ersten Auftritt, die vorherrschende Eigenschaft des aus dem Kombi-Coupé vom Typ 99 hervorgegangenen SAAB 900 gewesen sei - zu dieser fachmännischen Feststellung lässt sich nur heftig nicken. Einem fabrikneuen Oldtimer erlegen zu sein, ist des 900-Fahrers Individualismus durch die achtziger bis in die neunziger Jahre gewesen, da Windkanal und japanische Designer alles flach und rund schmirgelten. Aber für den Blick durch die steile, niedrige Windschutzscheiben, zu deren praktischen Vorzügen die geringe Inneraumaufheizung gehörte, für dieses auch dem Uninteressierten sofort deutlich werdende Anderssein, nahm man gelassen jegliches Unverständnis hin: "Siessu, Erna, iss kein Lada Samara das, komische Karre..."

 

Wer bis zuletzt den 900 jeder Variante des 9000 vorzog, konnte ein schmerzhaftes Zucken nicht unterdrücken, als der Werbebrief von SAAB Deutschland ins Haus flatterte. Die Gerüchte sind wahr, stand da, als habe man etwa auf irgendeinen Nachfolger des Klassikers draußen in der Garage gewartet - und das auch noch unter Beteiligung von General Motors. Da hat man sich nun Stammtischabende lang heiser geredet, dass eine aufgeladene Vierzylinder-Maschine auch unbestreitbare Vorzüge habe. Und dann greifen die Schweden einfach nach dem Sechzylinder in dem Regal wo Vectra dransteht.

 

Der typische SAAB-900-Hardliner hat als Junge in den frühen, gar nicht goldenen Sechzigern an einer Tankstelle herumgelungert. Plötzlich rollte ein noch nie gesehenes Etwas an die Zapfsäule. Die grau gewordenen Jungen streiten, ob das Ding zweitaktete. Tat es nicht. Mattgrün lackiert, steifbeinig-bucklig, bewegte es sich dank eines Vierzylinder-V-Motors - von Ford. Der SAAB 96 Sport hatte ein Holzlenkrad und eine Menge runder Instrumente und sah ein bisschen so aus, als sei er ein Flugzeug, das wegen Übergewichts dann doch die Laufbahn eines Autos eingeschlagen hat. Größer und vielfach retuschiert, zitierte der SAAB 900 den Typ 96 noch nach Jahrzehnten, das Auto, das sich die Männer gewordenen Jungen sofort gekauft hätten, wenn es noch zu haben gewesen wäre. Und deswegen ertrugen sie nicht nur den Benzingeruch aus eher lose durch den Innenraum verlegten Leitungen im SAAB 900, die Windgeräusche von den tresorartigen Türen ohne Schwellen, die Schwergängigkeit von allem und das Planschkuh-artige Hineintappen des schweren Wagens in Fahrbahnunebenheiten - sie liebten diese Grobschlächtigkeit geradezu. Lieben sie noch - bis ihnen ihr 900 zusammenbricht.

 

Hans-Heinrich Pardey

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Sehr schöner Artikel, klasse Einstieg :smile:

Vielen Dank fuer die Muehe, Wi!

 

Allerdings kann ich den Enthusiasmus ueber den Artikel nicht ganz teilen. Die vielen gewollten, (aber immer nur zu 80% geglueckten), rhetorischen Einwuerfe ueberwiegen jeglichen Inhalt. Der Autor hoert sich anscheinend gerne reden und vergisst ueber seine Selbstverliebtheit so ein bisschen den Inhalt.

 

Finde ich.

 

Lieber etwas weniger den "witzig-kecken Ueber-Autor" raushaengen lassen und dafuer etwas mehr Qualitaet im Inhalt.

 

Ausser der schweren Hutablage und der Tatsache, dass ein 96er eigentlich mal einFlugzeug werden sollte, dann aber doch zu schwer war, ist bei mir nicht viel haengengeblieben.

 

Kann aber auch an mir liegen :tongue:

 

EDIT: Grundsaetzlich aber eine gute Sache das ;-) Positive Publicity in jeglicher Form ist ja erwuenscht!

Schöne "Saab-Belletristik". - Und damit natürlich für viele "Technokraten" (Für mich ist der Begriff in diesem Forum hier eindeutig POSITIV belegt, also bitte nicht aufregen) vermutlich etwas zu seicht.

 

Ich bin selbst leider kein Schrauber und daher jedes mal auch für kleine emotionale Saab-Prosa im Rosamunde Pilcher Stil sehr dankbar. Seufz.:redface:

 

Kurzum: Jede Geschichte gewinnt bei mir an Qualität, wenn ein Saab drin vorkommt.:biggrin:

 

 

Danke für den Blick zurück !!!

 

J.

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