Ein Zwischenstand von mir. Seit Mitte August habe ich meinen Saab wieder. Er bekam eine reguläre Jahresinspektion, die aktuellste Kurbelgehäusebelüftung, Ölwanne und Sieb wurden gereinigt. Das lag preislich alles völlig im Rahmen.
In die Papiere gehauen haben aber die Arbeiten an der Karosserie, das heißt: Die Fremdkosten vom Lackierer. Vorne fehlte der Spoiler ganz, hinten war die Halterung gerissen und der Spoiler nur noch festgeklebt. Jetzt hat er vorne und hinten neu lackierte Gebrauchtteile aus Borghardts Bestand. Die Stoßstangen wurden hinten wie vorne ebenfalls neu beilackiert und sehen jetzt aus wie neu. Die Karosse wurde mit Fluidfilm geflutet. Die vorderen Federbeine sind entrostet und neu versiegelt, Gleiches gilt für die anderen neuralgischen Stellen am Unterboden. Die hinteren Radläufe sind entrostet und neu lackiert. Noch war genug Substanz da und der Aufwand überschaubar. Aber es war höchste Eisenbahn. Mir zeigt das einmal mehr, wie wichtig es ist, so etwas rechtzeitig anzugehen. In zwei, drei Jahren wäre das richtig hässlich geworden. Es bricht mir regelmäßig das Saabfahrer-Herz, wenn ich hier in Hamburg am Straßenrand gut erhaltene 9-3/I sehe, bei denen aber die braune Pest am Radlauf großflächig wütet.
Unter dem Strich ist das Auto jetzt optisch nahezu makellos. Und ich fahre ihn super gerne. Der Unterschied in der Laufkultur zwischen dem 2-Liter und dem 2,3-Liter ist bei Saab schon sehr bemerkenswert. Die Wechselentscheidung im Sommer habe ich keinen Moment bereut.
Weil die Rechnung durch besagte Karosserie-Arbeiten einen 1000er über meinen ursprünglichen Planungen lag, musste ich erstmal schlucken - und konnte/wollte den Kaufvertrag für den Grünen als Winterauto in Paderborn nicht gleich unterschreiben. Borghardt sagte, er stelle den Wagen einfach bis Oktober für mich zurück, und ich solle dann Bescheid sagen, ob ich ihn noch wolle. (Welcher Händler macht sowas?) Ich habe dann über die Wochen Alternativen gewogen: Vielleicht doch einen günstigeren Rover 400? Oder einen Nasenbär-Passat? Parallel guckte ich natürlich immer nach Saab-Inseraten und stellte fest, dass der Grüne einfach ein super gutes Angebot ist. Letzten Sonntag besichtigte ich hier in Hamburg einen 9-3 bei einem Fähnchenhändler, der auf dem Papier interessant war: 150PS-Turbo, runde 160.000km gelaufen, 1.985 EUR. Als ich dann vor dem Auto stand, stellte ich fest: Die gesamte Fahrerseite ist großflächig bis auf die Grundierung mit einem Schlüssel zerkratzt worden. Das Auto stand unverschlossen auf dem Hof, so dass man sich reinsetzen konnte. Natürlich mochte ich den Wagen - man mag ja irgendwie jeden Saab. Aber es war ein Raucherwagen, mittelmäßiger Pflegezustand, alles sagte: Hier wurde auf Verschleiß gefahren.
Auf dem Rückweg sagte ich mir dann: Bist du eigentlich bescheuert? Da macht der Händler deines Vertrauens dir ein super Angebot. Und du zauderst wochenlang, weil du vielleicht irgendwo noch was findest, das drei bis vier Tankfüllungen billiger ist. Da ziehst du sogar in Erwägung, ein halbes Jahr lang ein Fremdfabrikat zu fahren, nur um den Gegenwert einer halben Monatsmiete zu sparen. Wenn du überhaupt irgendwas sparst - denn in Paderborn lässt man dich ja nicht alleine, wenn nach dem Kauf noch irgendwas mit dem Auto ist.
Ich schrieb also eine WhatsApp nach Paderborn, ob der Grüne noch da sei, und bekam prompt die Antwort: "Getreu dem Motto: Ein Mann ein Wort, eine Frau ein Wörterbuch, habe ich den Wagen natürlich für Sie beiseite gestellt. Der Innenraumsensor ist auch schon erneuert."
Nächste Woche bekomme ich den Kaufvertrag zugeschickt, dann überweise ich das Geld, bekomme die Papiere, und lasse den Grünen im Oktober als Winterauto zu, um ihn Ende des Monats abzuholen. Der Schwarze verbringt dann die kalten Monate unter dem Autopyjama in der beheizten Ausstellungshalle in Ostwestfalen.
Tja, und so verrückt wie das ist: Ich freue mich dann sogar darauf, für den Winter meinen 205PS-Hochglanz-Turbo gegen den ehrlichen 130PS-Stoffsitz-Buchhalter zu tauschen.