Mit der Alterssentimentalität wird es wirklich immer schlimmer.
Ich komme nicht mehr so häufig auf diese Seite hier. Aber immer, wenn ich mal vorbeischaue, erinnere ich mich an die Begeisterung in meinen ersten Jahren als Saab-Fahrer. Die fieberhafte Suche nach dem perfekten 9000, an der hier viele regen Anteil nahmen und bei der einer sogar erfolgreich unterstützte (Salut, Elmar^^). Überhaupt: Viele nette Kontakte über die Jahre. Grund genug also, doch immer wieder mal Meldung zu machen.
Seit März gibt es so einiges an Neuigkeiten im Fuhrpark zu vermelden.
Fange ich mit dem 900 an. Er ist immer noch bei mir. Das macht ihn mittlerweile zum Saab mit der zweitlängsten Haltedauer in meinem Leben. Nach dem 9000 Aero. In diesem Jahr hat er eine große Inspektion bekommen. Seither läuft er zum ersten Mal in meinem Besitz so, wie ein guter 900 laufen muss. Außerdem wurden verschiedene Anrostungen beseitigt, bevor sie zum Problem werden, und der Rostschutz insgesamt erneuert. Die mögliche To Do-Liste ist relativ kurz: Die Motorhaube könnte mal neu lackiert werden. Wurde sie schon mal. Aber leider in minderer Qualität. Einige Waschanlagenbesuche haben dann im Klarlack Spuren hinterlassen, die auch kein Profipolierer mehr rausbekommt. Mich stört es aber eigentlich nicht so richtig. Außerdem sollte ich vielleicht irgendwann mal das Thema Getriebeübersetzung angehen lassen. An die hohen Drehzahlen des 900S konnte ich mich auch nach fünf Jahren nicht gewöhnen. Aber ich bin froh, dass ich ihn habe. Und ich stelle seinen Verbleib in meiner Garage auch nicht mehr in Frage. Ich will keinen 900 als Alltagsauto fahren. Aber ich möchte einen 900 besitzen. Punkt.
Den 9000 habe ich im September abgeholt. Er bleibt ein Problemauto. In Paderborn habe ich (trotz sehr fairer Freundschaftspreise - kein Vorwurf an die Werkstatt) Unsummen in dieses Auto versenkt. Neuer Dachhimmel, Sanierung des hinteren Radhauses, neues Automatikgetriebe und und und. Geld, über das ich mich ärgere. Denn leider ist kein Ende abzusehen. Es kommen bei jeder Fahrbahnunebenheit Geräusche vom Vorderwagen, die so klingen, als ob die Achse durchbricht. Hatte er noch nicht, als ich ihn kaufte. Borghardt hat deshalb das komplette Fahrwerk getauscht und meint, der nächste Verdächtige wäre nun das Lenkgetriebe. Mein bretonischer Schrauber wiederum meint: Gebrauchte Fahrwerksteile würde er nie verbauen. Ich persönlich stehe dazwischen mit all meiner Unkenntnis und meine: Puh, keinen Bock mehr auf die Kiste. Zur Krönung blinkt auch seit geraumer Zeit die SRS-Leuchte. Und es gibt noch so einiges mehr. Tragisch: Der Wagen sieht wirklich noch sehr gut aus. Außen wie innen. Aber ich denke, er muss im kommenden Jahr gehen. Vielleicht annonciere ich ihn hier im Forum zu einem sehr fairen Tarif. Vielleicht versuche ich ihn, einer Saab-Werkstatt zu überlassen, so dass er in Gänze oder in Teilen weiterlebt.
Der Blindkauf des 9-3 bei Ratzmann in Frankfurt wiederum war eine hervorragende Entscheidung. Mega mega mega Auto! Und es bleibt dabei: Der 9-3 ist einfach mein Modell. Ein Auto wie ein Lieblingspullover. Sitzt perfekt. Ist bequem. Und man ist damit immer gut angezogen. Dazu praktisch wie ein Schweizer Taschenmesser. Kaum eine Alltagsaufgabe, die er nicht lösen kann. Ein komfortabler Reisewagen mit den besten Autositzen aller Zeiten. Der charakteristische Klang des alten Saab Vierzylinders, die grün schimmernde Armaturenbeleuchtung und der feine Duft des Leders. Alles meldet an meine Automobilisten-Seele: Du bist zuhause. Ein Design, das innen wie außen null retro ist, das aber die Saab DNA stilsicher in eine neue Zeit übertragen hat. Schlicht, elegant, unaufdringlich, zeitlos, charakteristisch. Ein Meisterwerk.
Wenn ich von meinen derzeit vier alten Autos nur ein einziges behalten dürfte, müsste ich keine Sekunde überlegen. Es wäre dieses. Und dadurch, dass ich jetzt das für mich ideale Exemplar meiner liebsten Baureihe besitze, kehrt auch ein bisschen innere Ruhe ein. Ich muss keinen 9-3 mehr suchen. Nicht mal einen weißen. Der, den ich habe, ist perfekt. Und wenn ich hinter dem Steuer sitze, bin ich wieder 27. Gerade erst mit dem Studium fertig. Erster Job mit richtigem Gehalt. Erster eigener Saab. Tolles Gefühl.
So ganz zur Ruhe gekommen bin ich dann allerdings doch nicht. Es gibt noch einen Zuwachs in der Garage. Ein lang gehegter Traum, den ich endlich wahrgemacht habe: Ein Citroën BX Break. Oder präziser: Ein am 16. November 1988 in Paris erstzugelassener Citroën BX 19 TRS Evasion. Der BX Break ist DAS Auto meiner Kindheit. Und ich habe ewig erfolglos nach einem guten Exemplar gesucht. Dann tauchte auf einer französischen Gebrauchtwagenplattform im Frühjahr diesen Jahres endlich ein vielversprechender Kombi auf. Ich schrieb den Verkäufer an, aber hatte Pech. Er war schon reserviert und so gut wie verkauft. Einen Monat später meldete sich der Verkäufer dann doch und meinte, der Wagen sei wider Erwarten noch verfügbar. Aber da hatte ich gerade den 9-3 in Frankfurt erworben. Und zwei Autos in einem Monat - das wäre doch ein bisschen zu viel Kaufrausch geworden. Von der ganzen Überführungslogistik mal abgesehen.
Wie erwartet bereute ich aber schon kurze Zeit später, nicht zugeschlagen zu haben. Zumal die Historie perfekt war. Der Erstbesitzer und seine Gattin nutzten den BX nur für ihre Fahrten von der Pariser Stadtwohnung ins bretonische Sommerhaus in Le Bono am Golf von Morbihan. Ende der 90er blieb er dann aus gesundheitlichen Gründen in der Garage und wurde vergessen, bevor ihn der Patensohn der alten Madame nach deren Tod wieder zum Leben erweckte. Mit gerade mal 60.000km Gesamtlaufleistung .... Verdammt, hätte ich doch bloß!
Ende September schrieb ich dann einfach aus einer Laune heraus nochmal diesem besagten Patensohn: Der Wagen sei doch sicher verkauft, oder? Die Antwort kam umgehend: Er habe sich damals entschieden, den Wagen selbst zu behalten. Überlege nun aber, sich doch zu trennen, weil er einfach keinen guten Standplatz dafür habe. Nach ein paar Mailwechseln waren wir uns handelseinig. Und ich kaufte auch dieses Auto blind. Was soll ich sagen? Wieder Glück gehabt. Der Citroën brauchte eine neue Kupplung. Jetzt läuft er perfekt und ist wirklich toll erhalten. In meiner Werkstatt sagte der Meister: "Ich muss überlegen, wann ich das letzte Mal einen so guten BX gesehen habe? Das ist viele Jahre her." Und immerhin wurde er ja hier um die Ecke produziert (die Limousine lief in Rennes vom Band).
Manchmal ist es jetzt so, dass ich mir abends einfach die Autoschlüssel schnappe und nochmal die Straße hoch zur Garage laufe. Dort stehen der 900, der 9-3 und der BX. (Der 9000 hat einen Garagenplatz am anderen Ende des Ortes.) Dann stehe ich da beseelt zwischen meinen Autos, betrachte sie aus allen Perspektiven, setze mich hinter das Lenkrad und freue mich. Beim BX setze ich mich meistens auf die Rückbank. Hinter dem Beifahrersitz. Dann schließe ich die Tür, atme den Neuwagengeruch anno 1988 ein und erinnere mich an meinen stolzen alten Herren (damals so alt wie ich heute), als der Ende der 80er seinen fabrikneuen eigenen BX Break abholte. Schöne Momente sind das.
Mit der Alterssentimentalität wird es wirklich immer besser.