Sorry, war Saabschrauben statt demonstrieren und erspare mir die letzten sechs Seiten Staatshass von Josef.
- Es ist geplant die ICE-Schnellzüge durch die S-Bahn Tunnels zu führen. Das ist nicht erlaubt, sehr gefährlich und kann nur mit Ausnahmegenehmigungen durchgedrückt werden
- Die Zu- und Abfahßrten zu dem unterirdischen Bahnhof haben eine viel zu hohe Steigung/Gefälle, so dass auch das wieder nur mit einer Ausnahmegenehmigung erlaubt werden kann. Es ist allerdings ein hohes Sicherheitsrisiko, denn so ein 800 Tonnen schwerer ICE hat bringt einiges an Energie mit in einen Aufprall.
Hmm, Hörensagen ?
Die S-Bahn läuft im 90-Grad-Winkel zu den geplanten Gleisen. Insofern kann ich mir kaum vorstellen, dass sich ein ICE auf's S-Bahn-Gleis verirrt. Ganz im Gegenteil ist der Vorteil der neuen Strecke, daß die Anbindung an die Fernbahnstrecken viel direkter und gerader wird und sich die ICEs nicht mehr auf 150 Jahre alte Trassenführungen durch jeden Vorort quälen müssen.
Die Steigungen sind sicher stärker als das, was man einem ollen Güterzug zumuten darf. Aber auf der neuen Strecke fahren ja Höchstgeschwindigkeitszüge mit entsprechender Antriebs- und Bremsleistung. Das Thema halte ich für ein machbare technische Aufgabenstellung. Klar ist alles Technik und bei Versagen gefährlich. Aber es demonstriert auch niemand gegen den Airbus 380, dass da doppelt so viele tot sind, wenn einer runterfällt.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Normen, nach denen die erwähnten Ausnahmegenehmigungen fällig werden, noch aus einer ganz anderen Epoche des Bahnbetriebs stammen ... am Ende bräuchte es statt Lichtkuppeln Austrittsklappen oder Absauganlagen für den ganzen Rauch, wenn sich mal eine Dampflok in den neuen Bahnhof verirrt.
Im übrigen hab ich vor kurzem ein interessantes kleines Büchlein hinter mir über zwei andere württembergische Bahnstrecken: Die Bottwartal- und die Zabergäubahn. Beide Strecken wurden Ende des 19. Jhd. im schwäbischen Unterland gebaut. Aus Kostengründen als Schmalspurbahnen, weil man engere Kurven fahren, damit dem Gelände angepasster und mit weniger Bauwerken trassieren kann und es ein bissle billiger ist. Die Mehrkosten für Normalspur hätten aber nur ca. 10-20 % betragen.
Die Nachteile: Stückgut muss umgeladen werden, spezielle Normalspurwägen müssen auf Rollböcke umgesetzt werden (kippelige Sache, das), der Fuhrpark ist nicht flexibel und mit anderen Stellen austauschbar, es können keine durchgehenden oder weitergehenden Züge angeboten werden. Die Fahrzeiten waren wie in dem berühmten Lied über die schwäbische Eisenbahn - wo der Bauer die Ziege an den letzten Wagen hinten dranhängt - beklagenswert lang und daher unattraktiv.
Unmittelbar nach Fertigstellung fielen die Nachteile nicht so sehr ins Gewicht, denn Arbeitskraft war billig und verfügbar, die Kommunen froh, überhaupt angeschlossen zu sein und die Geschwindigkeit war einfach noch nicht so sehr Maßstab, weil auch viele Güter transportiert wurden. So war das damals: Die Rüben wurden vielleicht 20 km aus dem Bottwartal bis nach Marbach gefahren, dort umgeladen und weitere 20km nach Stuttgart in die Zuckerfabrik ... Zunächst erfreuten sich die Bahnen großer Beliebtheit, an den Wochenenden wurden sogar Güterwagen mit Zeltplanen überspannt als "Hilfspersonenwagen" eingesetzt, um dem Andrang nachzukommen (das war dann wohl die 5. Klasse).
Aber es kam wie es vielerorts war: Nach dem 2.WK hatte die Bundesbahn kein Interesse am schrumpfenden Aufkommen im Zuge der Motorisierung der sechziger/ siebziger Jahre, kein Interesse am Betrieb besonderer Fahrzeuge und personalintensiver Strecken, dünnte den Fahrplan aus und schuf zusätzlich durch parallel betriebene Buslinien eine Konkurrenz um die ungeliebten Strecken loszuwerden. Die Zabergäubahn wurde in den 50ern immerhin noch auf Normalspur umgespurt, die Bottwartalbahn nur in den Randbereichen. Heute sind beide Strecken stillgelegt.
Für die Zabergäubahn geistern immer wieder mal Pläne herum, die Trasse für die Heilbronner Stadtbahn zu reaktivieren. Aber ob da je was draus wird steht in den Sternen, denn die Bahn hat wenig Interesse an Förderung der Konkurrenz (die Betreibergesellschaft ist privat). Immerhin sind die Gleise noch da, allerdings vom Rest-Netz getrennt, man hat die entsprechende Weiche einfach schnöde ausgebaut.
Die Bottwartalbahn wurde abgebaut und ist heute ein (sehr schöner) Radweg, und es ist ein Jammer, denn für eine schnelle Stadtbahn wäre das eine spitzen Strecke, Haltestellen mitten in den Orten, das Bottwartal mit seinen Weinbergen und Beilstein mit Burg und Falknerei sind lohnende Ausflugsziele, das Oberstenfelder Freibad, Schülerverkehr nach Marbach und Heilbronn ... Mit einem attraktiven Fahrplan wäre das bestimmt ausgelastet - aber wenn die Gleise erst mal weg sind kommt da nie wieder was.
Was man draus lernen kann ? Man darf bei solchen Infrastrukturprojekten nicht nur in heutigen Dimensionen denken. Leider ist die Zukunft oft schlecht vorhersehbar. Lohnt sich ein Projekt ? Vielleicht. Wahrscheinlich. Früher oder später ... Was soll's ?