Privatpatienten: Von ärzten und kliniken abgezockt

Dein Einsatz und so wie Du ihn gestaltest und was Du dafür erntest, ehrt Dich ja, keine Frage.

Ich versuche mal den Begriff "Ansprüche" zu präzisieren, ohne Dich in dieses Schema pressen zu wollen. Drei meiner besten Freunde leben in diesen Kampf um Ansprüchen, ich selbst auch.

Wir repräsentieren den Mittelstand und haben deshalb materielle Vorstellungen:

Haus mit Garten: 500.000 € (In München 1-1,5 Mio. €)
Nebenkosten für das Haus: 500 € monatl.
Die E-Klasse vor der Tür 500 € monatl. Leasing (Geht über das Gewerbe, muß aber auch irgendwie verdient werden)
Der Zweitwagen für die Frau: 15.000 €
Kinder in der Privatschule: Kind 1 1000 € monatl. , das andere ist noch im priv. Kindergarten 150 €
Hobbys der Kids: Kind 1 Klavierunterricht 120 €, Kind 2 geht reiten: 250 €
1 x Urlaub für 4 Personen pro Jahr/ 2 - 3 Wochen: 5000 €
Klamotten + Kosmetik für die Frau 500 € monatl. (Die entweder schön werden will oder schön bleiben)
Ausgehen / Essen gehen / Kultur: 300 € monatl.
Putzfrau: 200 € monatl.
.... u.s.w., u.s.w. man kann es beliebig ausschmücken oder nach eigenem Gusto ändern.

Dazu kommen dann die Infrastrukturkosten für das Gewerbe, ggf. auch Personal ....

Das alles muß ja irgendwie verdient werden. Es sei denn, man hat von den Eltern steuerlich sinnvoll geerbt.

In unseren Ansprüchen wollen wir uns üblicherweise nicht mäßigen, wir wollen sie steigern und genießen. Das große Problem: Der Staat nimmt uns jedes Jahr mehr weg. Die Kompensation läuft über zusätzliche Arbeitsstunden (Bei einigen wenigen über höhere, aber nicht nachvollziehbare Rechnungen), die Ehefrau übernimmt einen 400 € Job oder mehr, ich investiere in eine Innovation etc.. Im Prinzip muß man sich alle 2 Jahre etwas neues ausdenken, um den Lebensstandard zu halten oder um ihn wie bisher zu steigern.

Fakt ist, da kommen monatlich Kosten zustande, und das über viele Jahre, die uns in diese Arbeitsspirale "zwingen" (Bzw. wir lassen uns dort hineinzwingen, weil wir unserem sogenannten "Glück" hinterherlaufen).
Die Stellschrauben werden fester gezogen, weil es wiederum andere Menschen gibt, die die gleichen Ansprüche haben wie wir auch. Zum Teil sitzen sie an einem längeren Hebel und geben somit die Taktzahl für unseren Arbeitseinsatz vor (Und für die Hemmschwelle, dass Mißbrauch irgendwann als legitimes Mittel betrachtet wird).

Die Frage, die ich mir immer wieder stelle: Ist es erstrebenswert, in dieser Spirale mitzulaufen, bis das System scheitert? Macht mich das Leben so glücklich, wenn ich nur noch Zeit für das "Haben" habe, aber nicht mehr für das "sein"?

Mag sein, dass ich mit meinem Denken völlig daneben bin oder so betrachtet werde.

Wenn ich Systeme wie das dieser Branche in Frage stelle, geht mir diese Frage immer wieder durch den Kopf: Sieht denn keiner, wo das alles hinführt?

Ehrlich: Ich hab weniger Geld in der Tasche und weiß auch wie harte Arbeit geschrieben wird. Wenn ich in meiner früheren Tätigkeit Mist gebaut hätte, dann wäre nicht nur ein Leben ausgelöscht worden sondern auf einen Schlag eine ganze Ladung. Und ich konnte trotz Steuerklasse 1 trotzdem Leben wie ein "Brummer auf'm Ködel". Und ich war/bin verdammt dankbar, denn ich habe eine gewisse Demut gegenüber dem, was ich am Ende des Monats auf der Habenseite lese. Vor allem in Hinblick auf die Berufsgruppen, die knietief in der Scheiße stehen und es trotz Doppelverdienern nur gerade eben schaffen über Wasser zu halten. Denen gilt mein Respekt und meine eigene kleine Demut.

Und wenn wir gleich bei den berufsspezifischen Belastungen bleiben wollen: Guck dir das Personal vom Rettungsdienst an und deren Verantwortung vs. Lohnabrechnung vs. Stundenzahl. Dann finde ich, mein lieber Saabi, erscheint deine Ansage hier schon fast großkotzig! Ich frage mich offen, ob Du den Arsch in der Hose hast genau dieses Statement (Trotz 27,40€ Stunden dennoch zu einem ansehnlichen Gehalt zu kommen) gegenüber den diensthabenden Nachtschwestern, Pflegern, Arzthelferinnen, Assistentinnen und Rettungsdienstlern in der Kaffeeküche vis-a-vis zu bringen.

Wenn dem so sein sollte, dann glaube ich, hast Du die längste Zeit ein halbwegs angenehmes Leben gehabt. Alles was danach kommt wirst Du dann nur noch durch ein überhohes Maß an Arroganz oder Ignoranz ertragen können. Oder Du solltest ein Sprintkünstler a la Usain Bolt sein, denn ich fürchte das man dann versucht dir den einen oder anderen soliden Gegenstand ohne örtliche Narkose in eine Körperöffnung deiner Wahl zu stecken.

Irgendwie fehlte mir der Danke-Knopf!
Danke:flowers:
 
Höchst amüsant dieser Fred!
Es ist immer wieder schön zu zu sehen, wie sich immer wieder jemand findet bei dem die Pawlowschen Reflexe durchbrechen.
Ein paar Stichworte und schon prügeln die Mitarbeiter im Gesundheitssystem fröhlich auf einander ein:biggrin:

Aber dadurch, dass man/frau den anderen durch Übertreibungen auf die Palme bringt, erreicht man keine Besserung.

Über einige der Diskussionen hier müssen sich die Krankenkassen und die Pharmaunternehmen ein Loch in den Bauch gefreut haben.
 
Oh Kerstin und Kevin!

Bitte locker bleiben!:rolleyes:

Wenn man heutzutage nicht gerade Arzt der Panklinik ist, dann ist das nicht so doll mit dem Verdienst! Die Belastung ist übel - ich möchte da nicht tauschen!

Die ganze Sache klingt auch etwas nach Neiddebatte - ich bin auch der Meinung, dass sich jeder seinen Beruf ausgesucht hat und derjenige, der jetzt vielleicht einen guten Stand hat, auch viel investiert hat.

Wenn ein Akademiker 1600 € Brutto hat, finde ich das übel und eine Frechheit, aber man darf sich als Studium auch keine brotlose Kunst aussuchen!


Gruß Jevo
 
OT
Rettungsmedizin ist keine Wissenschaft voller komplizierter Differentialdiagnosen,
Wo lebst du denn...?!?
@Kerstin: Ich glaube, mit dir würde ich gerne Einsätze fahren...

Und noch kurz zum Topic:
Es sind nicht die (in der Praxis tätigen) Ärzte, die sich das widersinnige, marode, vielfach verschlimmbesserte Sozialversicherungssystem, das irrsinnige Vergütungssystem der GKV und die sinnlosen Finanzierungs- und Abrechnungsmodalitäten im Rettungsdienst ausgedacht haben.
Ärzte müssen in dem von der Politik gewollten System - und davon - leben, und das tun sie (wie andere Berufsgruppen auch) mit mehr oder weniger "Geschick". Dagegen ist an sich nichts einzuwenden, solange keine juristisch relevanten Abweichungen von den Regeln vorkommen.

Außenstehenden sind diese Regelwerke allerdings kaum begreiflich zu machen - ich hab mal versucht, meinem Klempner zu erklären, dass er für alle Waschbecken, die er im Jahr installiert, maximal 10000 € bekommt, egal, wie viele es sind, und dass der Betrag, den er mir für mein Waschbecken in Rechnung stellen kann (aber erst im Jahr darauf - zinslos versteht sich! :frown:), um so geringer wird, je mehr er im Jahr montiert hat :redface: .
Neuerdings wirds noch besser: für das erste bezahl ich 'nen Festpreis, danach kann ich mir so viele Waschbecken einbauen lassen wie ich will - gratis und im Hausbesuch, versteht sich... :confused: (kann mir einer sagen, was ich mit so vielen Waschbecken im Haus soll?!? :biggrin: Und kann mir einer erklären, warum mein Klempner nicht mehr für mich arbeiten will?!? :rolleyes:)
Da ich aber die Rechnung nicht sehe, weil sie meine Festpreisversicherung direkt begleicht, könnte der nette Klempner nun ja schon auf die Idee kommen, das eine oder andere Waschbecken als Toilettenbecken oder Badewanne ausgeben - weil, was soll ich schließlich mit so vielen Waschbecken... Aber das wäre eben schon jenseits der Regeln... :tongue:

Nu' isses doch nicht so kurz geworden.
 
Abgesehen davon kommt man nicht umhin, festzustellen, daß freie Heilfürsorge gelegentlich auch ihre positiven Seiten hat.

Aber nicht bei der Wunderwehr?! :eek: Dort habe ich die größten Blindgänger in weißer Kluft erlebt. :mad: Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, daß dort die Dres. gelandet sind, die außerhalb der Kasernen nicht den Hauch einer Chance hätten. Am Schlimmsten war der Dr. med. dent. Ein grober Zahnmetzger ohne Motivation, denn bei Festgehalt braucht man sich ja keine Mühe mit dem Wehrpflichtigenpack geben. :mad: Vielleicht werden Offiziere privilegiert behandelt, keine Ahnung.
 
Es gab vor einigen Jahren mal die Praxis, Medizinstudenten von der Einberufung zurückzustellen - nach abgeschlossenem Studium gab es dann einen Crashkurs "wie benehme ich mich als Offizier" und der Wehrdienst wurde als Stabsarzt abgeleistet.
Von diesen wehrpflichtigen Ärzten kann ich Dir auch Horrorgeschichten erzählen...
 
Opas Lebensregel: Hüte Dich vor einem jungen Arzt und einem alten Friseur :eek: Ist 89 geworden und hat bis 84 Zigarillos geraucht ... scheint also was dran zu sein :biggrin:
 
Dabei gibt es je nach Bundesland ein monatliches Grundentgelt von 2800-3100€ Brutto.

Wenn das so wäre mache ich sofort eine "Umschulung"! 3100€ ist in etwa das, was man als promovierter Wissenschaftler (auch an med. Instituten) nach 5-6 Jahren Studium + 3-4 Jahren Doktorarbeit verdient. 45 Stunden/Woche sind das absolute Minimum eher 50+ und arbeiten am Wochenende ist auch kein Fremdwort. Also, nicht nur Mediziner arbeiten hart.:biggrin:
 
frech werden ;) ? Du hast Dir halt die falschen ausgesucht. Ich hatte damit schon in verschiedenen Staedten Erfahrungen gemacht.

...wieso erst werden...???...:rolleyes: und ne - da bleibe ich! auch, wenn ich mich um termine selber kümmern muss...
 
Neee, also um das nochmal klarzustellen.

Wenn es wrklich wichtig ist, dass Du schnell einen Termin bekommst, dann klappt das typischerweise auch, meiner Erfahrung nach.
 
Wenn das so wäre mache ich sofort eine "Umschulung"! 3100€ ist in etwa das, was man als promovierter Wissenschaftler (auch an med. Instituten) nach 5-6 Jahren Studium + 3-4 Jahren Doktorarbeit verdient. 45 Stunden/Woche sind das absolute Minimum eher 50+ und arbeiten am Wochenende ist auch kein Fremdwort. Also, nicht nur Mediziner arbeiten hart.:biggrin:


.... eher interessant ist, was "nach" Steuern übrig bleibt, weniger die Bruttogehälter.

3100 € brutto ist ein typisches Gehalt (E13) im öffentlichen Dienst. Ein höheres Gehalt mit der Ausbildung wird in der Industrie gezahlt - Tendenz aber abnehmend.
Ach ja, bei 3.100 € brutto bleiben bei Steuerklasse 1 1.900 € monatlich als Nettoeinkommen übrig.

Das größte Problem ist doch, dass die Löhne mit den Lebenhaltungskosten nur unterpropotional mitgestiegen sind. Man kann nicht behaupten, dass die Löhne in den letzten 10 Jahren mit der Inflationsrate haben Schritt halten können. Der Sprung begann etwa 2 Jahre nach der Euro Einführung.

- Die Lohnschwelle, um den Schritt in die Emerging Markets zu wagen, ist geringer geworden.
- Die Öffnung des Landes für Immigranten, die für weniger Geld in Deutschland/EU arbeiten, hat dazu beigetragen.
- Die angehobenen Steuern und die Einführung von neuen Gebühren haben dazu beigetragen.
- Die zunehmende Bedeutung des Kaptalmarktes (Weniger das des tatsächlich produzierten) hat dazu beigetragen

Die Ausnahme finden wir bei Managergehältern und Diäten, bei denen die "Einnahmen" scheinbar hängen geblieben sind.

.... und das ist ein allgemeines Problem.

Und wer hier meckert, soll sich mal die Einkommen in sozialen Berufen anschauen (Das löst allerdings das Problem nicht). Ist es legitim, dass eine leitende Angestellte, die für einen ganzen Hauskomplex für 100 zu betreuende Menschen verantwortlich ist, nur 2.650 € monatlich verdient - inkl. Rufbereitschaft an Wochenenden?

Für Alleinstehende ist der Job kaum noch finanzierbar, da muß schon ein Partner mit eigenem Gehalt her, mit dem man die Probleme teilen kann.

Arbeit ist in Deutschland nicht mehr so viel wert, das ist der springende Punkt. Unabhängig, ob hart arbeitend oder nicht.
 
.... Arbeit ist in Deutschland nicht mehr so viel wert, das ist der springende Punkt. .
Wir werden zwar langsam off-topic, aber das Thema ist interessant.

Zum Wert der Arbeit: oft hilft ein Blick über den Tellerand.
Was soll erst der für 1 Euro schuftende Asiate sagen ? Und man braucht gar nicht so weit weg schauen, Beispiel Schweden, der vielgelobte Sozialstaat: Löhne/ Gehälter niedriger als in D., dafür die Lebenshaltungskosten höher. Passt doch...

Noch geht es uns gut in Deutschland. Aber Leben muss ja teurer werden, wenn Alle besser bezahlt werden wollen.
 
Wir werden zwar langsam off-topic, aber das Thema ist interessant.

Zum Wert der Arbeit: oft hilft ein Blick über den Tellerand.
Was soll erst der für 1 Euro schuftende Asiate sagen ? Und man braucht gar nicht so weit weg schauen, Beispiel Schweden, der vielgelobte Sozialstaat: Löhne/ Gehälter niedriger als in D., dafür die Lebenshaltungskosten höher. Passt doch...

Noch geht es uns gut in Deutschland. Aber Leben muss ja teurer werden, wenn Alle besser bezahlt werden wollen.

Ja, ich weiß. Aber das ist eben ein allgemeines Problem.

Das sich der für 1 € arbeitende Asiate nicht freut, ist klar. Allerdings hatte der kulturell bedingt vorher gar nichts. Das man ihn nun als Ressource aber ausbeutet, ist keine Frage.

Aber ich bin nicht der Meinung, dass das Leben teurer werden muß, wenn alle besser bezahlt werden wollen.

Das Problem ist, dass sich die Umverteilung - insbesondere durch den Kapitalmarkt, die Globalisierungspolitik und durch den Anspruch der Staatsmacht an sein eigenes Handeln - stark verändert hat.

Diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen Ausrichtung, Bildung etc. nicht auf diese Züge aufspringen konnten - das ist nun mal die Masse - ziehen dabei den Kürzeren.
 
Hallo!

Es fängt ja schon bei der Ausbildung an ... heutzutage werden nur noch Abiturienten genommen, wo vor 20 Jahren noch Haupt- oder Realschüler genommen wurden!

Die Jugend hat es heutzutage wirklich nicht leicht - es spitz sich da auch immer mehr zu - wo endet es?????


Gruß Jevo
 
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