Mal wieder Zeit für eine langweilige Statusmeldung. Langweilig deshalb, weil der Aero sich renitent weigert, mit Defekten den Unterhaltungswert des Autoalltags zu steigern. Der 16 Jahre alte Wagen kämpft sich tapfer durch Schnee, Matsch und zweimal die Woche durch die Waschanlage. Mittlerweile haben wir zusammen 7.000 Kilometer zurückgelegt. Und noch immer schwanke ich zwischen „Dafür ist er viel zu schade“ und „Dafür wurde er schließlich gebaut“. Bei den gegenwärtigen Witterungsverhältnissen lässt er sich etwas widerstrebend schalten. Wird auf jeden Fall Zeit, mal das Getriebeöl zu wechseln. Und immer, wenn ich von einem anderen Auto umsteige, fällt mir doch auf, dass die Kupplung recht schwergängig ist. Aber das war es dann auch schon.
Stichwort Umsteigen. Im Berufsalltag bin ich ja häufiger dazu verdammt, C-Klasse und A4 zu bewegen. Wenn ich Glück habe, ist es der A4. Frontantrieb, bessere Sitze, bessere Straßenlage. Objektiv betrachtet ein annehmbares Langstreckenauto. Allerdings käme ich nie auf die Idee, privat 40.000 Euro auf den Tisch zu packen, um mich täglich zu Tode zu langweilen. Ein Tag, an dem ich meinen Saab sehr mochte, war der erste Kälteeinbruch im Norden. Ich rutschte mit einer C-Klasse von Hamburg nach Kiel und verfluchte dieses Auto. In Kiel stellte sich dann raus, dass ich gleich wieder nach Hamburg muss, und ich entschied mich, den Saab zu nehmen. Obwohl der Aero mit seinen 225 PS ohne TCS (Halleluja!) nun wahrlich kein Traktionswunder ist, war die Fahrt im Vergleich tiefenentspannt. Gebettet wie auf dem abgewetzten Lieblingslesesessel und von der Kanonenofenheizung gewärmt zog mich die alte Fuhre schnurgerade über die vereisten Straßen. Und beim Stopp auf dem Rastplatz stellte ich fest: Kein Auto sieht in einer frischen Schneelandschaft so schön aus wie ein schwarzer 9000 Aero.
Was nun den künftigen Zweitwagen angeht, bin ich immer noch unentschlossen. Längere Zeit dachte ich daran, nach einem guten 9-3/I TiD Ausschau zu halten. Denn ich mag ja den 9-3/I, und diese alten Rappeldiesel sind wirklich erstaunlich sparsam. Allerdings fragte ich mich immer wieder: Ist es nicht fast noch deprimierender, das richtige Auto mit dem falschen Motor zu fahren, als gleich das falsche Auto zu fahren? Eine denkbare Alternative wäre, einen 9-3/I oder 9000 Benziner zu kaufen und auf LPG umrüsten zu lassen. Irgendwie habe ich da aber noch eine innere Sperre, die rational nicht zu begründen ist.
In den Aero kommt jedenfalls kein LPG, der bleibt so, wie er vom Band lief. Vor ein paar Tagen parkte dann ein älterer Volvo V70 vor meiner Haustür ein und mir fiel auf, dass diese Fünfzylinder schon ziemlich nette Betriebsgeräusche machen. Ein Blick in die einschlägigen Portale offenbarte: Zu teuer. Dann fiel mir ein, dass es den ja rein theoretisch auch als Limousine gab, und siehe da: deutlich billiger. Ein Exemplar fiel mir besonders ins Auge: Ein quietschroter S70 aus dem ersten Baujahr unter 100TKM mit dem 140PS-Fünfzylinder und zweieinhalb Jahre alter LPG-Anlage für 3250 Euro (inkl. einem Jahr Garantie). Fast zu schön, um wahr zu sein. Also bin ich da heute hingefahren und habe festgestellt: Doch, ist wahr. Das Auto erfüllt das, was einschlägige Wimpelhändler so gerne einen „TOP TOP TOP“-Zustand nennen. Jedes Jahr zur Inspektion in der Vertragswerkstatt, Serviceintervalle somit immer zwischen 5.000 und 10.000 Kilometer. Bei der Probefahrt war ich zwar nicht ultra angefixt von dem Auto, aber ich fand ihn behaglich, solide und angenehm. Straßenlage und Federungskomfort sind besser als im 9000, der Sitzkomfort vergleichbar gut, der Motor schnurrt sanft und melodisch sein Fünfzylinderlied, nach wenigen Kilometern entfaltet sich ein ähnliches Urvertrauen wie im Saab: Der lässt Dich nicht im Stich.
Das hielt allerdings nur so lange, bis ich von Benzin auf LPG umschaltete. Das Auto schüttelte sich, und die Maschine klang so, als ob sie nur noch auf zwei Töpfen lief. Ein Blick unter den Vorderwagen offenbarte ein lose rumbaumelndes Steckerkabel. Kann, muss aber nichts damit zu tun haben. Der seriös wirkende Verkäufer aus der freien Volvo-Werkstatt schien glaubwürdig überrascht von dem Problem mit der Gasanlage, sagte, dass er mir das Auto so natürlich nicht verkaufen könne, und versprach Klärung des Defekts nach Weihnachten. Mir ist das im Grunde ganz lieb, weil es mir Bedenkzeit verschafft.
Bin ich tatsächlich bereit für einen Alltagsvolvo und Sonntagssaab? Sicher, bei der Probefahrt gefiel er mir außerordentlich gut, der S70. Aber als ich dann wieder vor meinem Saab stand, dachte ich mir: Was für ein unendlich viel schöneres, individuelleres, wertigeres Auto. Und als ich wieder mit meinem Saab fuhr, dachte ich mir: Du kannst nicht alles besser als so ein Volvo. Manches kannst Du sogar schlechter. Aber Du hast mehr Stil und Charakter. Und es gibt einen Unterschied, den die meisten Saab-Fahrer kennen, und der sich doch so schwer beschreiben lässt: Einen Saab fahre ich, ein Volvo fährt mit mir.
Nun will ich den Saab ja auch nicht weggeben, sondern im Gegenteil schonen. Der grobschlächtige Vetter aus Göteborg wäre ja vor allem dazu da, dem Aero die Lasten des Alltages abzunehmen. Und er würde mir häufigeres Pendeln unter der Woche erlauben, was wiederum ein realer Zugewinn an Lebensqualität wäre. Denn alte Leute schlafen ja doch am liebsten im eigenen Bett.
Ich werde also über Weihnachten darüber nachdenken, ob dieser quietschrote Rucksackvolvo mit der beigen Buchhalterausstattung einen Platz in meinem Leben findet (sofern sich das LPG-Problem löst). Das Pendel schlägt im Moment zugunsten des Volvo aus. Aber das ändert sich bei mir häufiger mal.