Das kann man durchaus kontrovers diskutieren. Der Markt sieht das im allgemeinen anders.
Die Leute haben ja keine Ahnung.
Natürlich ist ein verhätscheltes unter-100k-Auto schön, wenn man es in die Garage stellen will zum Zwecke, es jeden Samstag waschen und sich am Lack zu erfreuen.
Die meisten Leute wollen ein Auto aber nutzen. Und da ist es die Kilometerfixierung völlig unverständlich, denn die Folgekosten hängen vom Fahrzeugzustand und dieser von der vorherigen Nutzung und der Wartungshistorie, nicht aber vom Kilometerstand ab. Ein regelmäßig gewarteter 400k-Langstreckenkilometerfresser kann technisch deutlich besser beisammen sein als eine vernachlässigte 150.000km-Stadtgurke. Und bevor jetzt wieder jemand mit dem Argument der weichgekloppten Karosse kommt: ja, natürlich gibt es einen Unterschied zwischen 50k und 500k. Aber ob das Auto 300k, 400k, oder 500k auf der Uhr hat macht keinen spürbaren Unterschied mehr aus. Die Karosserie des Schneewittchen ist bei 534k butterweich und verwindet sich beim bloßen schief-angucken - das war beim Kauf bei 300k aber auch schon so. Veronica ist mit 307k auch weich. War sie aber mit 240k beim Kauf auch schon. Alle CD und CS/CSE, in denen ich bis jetzt saß, waren aber bei 300k bedeutend fester... wenn einen "weichgeprügelte" Karossen stören sollte man vielleicht nach anderen Karosserieformen schauen. Also kaufe man sich einen CD oder einen w123 oder w126. Die sind auch mit 500k noch steifer als jeder 900 im Neuzustand. Verschiedene Konstruktionen reagieren verschieden, auch das "weich" läßt sich nicht an den Kilometern festmachen, sondern nur an einer speziellen Kombination von Auto, Laufleistung und Nutzung.
Aber wir schweifen ab. Der Hauptgrund, warum die Leute Autos mit wenig Kilometern bevorzugen, ist die Angst, ein höherkilometriges Auto verursache höhere Werkstattkosten. Und das ist erwiesenermaßen falsch.
Warum also ein Auto mit 150k kaufen, wenn das nach drei Jahren auch 300k auf der Uhr stehen hat, die Karosse damit genauo weich ist und auch Steinschläge auf der Motorhaube hat, man in der Zwischenzeit aber die Technik runderneuern muß, während man auch für weniger Geld ein Auto mit 300k kaufen kann, das schon einmal ein neues Fahrwerk, eine neue Kupplung und ne neue Kopfdichtung bekommen hat?
Hohe Kilometer wegen einer der persönlichen Risikoaversion zu meiden ist unsinnig. Am günstigsten fährt man langfristig mit einer der drei Strategien:
a) Man kaufe das bestmögliche Auto, das man finden kann. Oft ist das ein zweit- oder Drittwagen aus wohlhabender Ersthand mit absurd niedrigem Kilometerstand, aber einwandfreier Wartungshistorie (Inspektionen dann nach Zeitablauf, nicht nach Kilometern). Der Kaufpreis kann dann durchaus den marktüblichen Preis sehr deutlich übersteigen. So gemacht bei meinen beiden w123.
b) Man kauft ein Auto durchgängiger Wartungshistorie, belegten Reparaturen und angemessenem Zustand. Kilometer sind nebensächlich, der gehobene Preis spiegelt den Zustand und die Historie des Wagens wieder. So geschehen beim Kauf des Klimawandlers und beim Verkauf des Schlampenschleppers.
c) Man nimmt eine Grotte fast geschenkt mit und versenkt dann einen vierstelligen Betrag in lebenserhaltenden Sofortmaßnahmen. Auch hier sind die Kilometer völlig egal. So geschehen beim Schneewittchen, beim Griffin und den meisten anderen Autos, die ich hatte.
Womit man aber höchstwahrscheinlich keine Freude haben wird ist das Zwischending: Ein leidliches Auto "an dem noch nie was war" mit bloß nicht zu hohem Kilometerstand. Damit stehen die Chancen dann ziemlich gut, daß man selber der erste ist bei dem sich der Wartungsstau offenbart... so ist mir das bei meinem allerersten Saab passiert. (Der ein oder andere wird sich noch an die "Diva" aus meiner Zeit im schwarz-gelben Forum erinnern.)
Wer ein Auto nicht für sein Privatmuseum, sonderm zum Fahren kauft und möglichst günstig fahren will, der muß den Kilometerstand vernachlässigen. Da geht es nur um den Zustand! Entweder findet man ein brauchbares Auto, oder man baut sich selber eines auf.
Die Ablehnung des Inserates aufgrund "zu viele(r) Kilometer" ist blödsinnig. Nachvollziehbar wäre dagegen ein "naja, die zerfledderten Sitze und der abgerockte Innenraum sprechen nicht für eine überdurchschnittliche Affinität des Besitzers zum Auto. Man müßte sich das mal ganz genau anschauen, manchmal sind Leute ja technisch penibel und ihnen ist das Äußere egal. Aber ich würde nicht davon ausgehen und mir deshalb nur dann die Mühe einer Besichtigung machen, wenn das Auto in unmittelbarer Nähe stünde oder wenn es so grotesk billig wäre, daß man auch noch einige Überraschungen in Kauf nehmen könnte."