Onkel Kopp Ihm seine Räder - Teil 4
Giant Cadex CFM-1 (Modell 1993) – Der ebay-Spontankauf
Rahmenmaterial: Carbon (Rohre) / Alu (Muffen)
Gabel: Aluminium starr
Bremsen: Shimano XTR Cantilever
Schaltung: Shimano XTR
Laufräder: Shimano XTR-Naben / Campagnolo-Felgen
Mein erstes Mountainbike war ein 1993er Giant Track, Kostenpunkt 1200 DM. Ich war unglaublich froh, dass ich mir so etwas zu Weihnachten 1992 wünschen durfte. Ich habe mir im Anschluss auch den Giant Prospekt des 1993er Jahrgangs besorgt. Und da gab es einen Sonderprospekt für die Cadex-Serie, die edlen Carbon-Teile des Massenherstellers. Das Nonplusultra war das CFM-1: Alle Rahmenrohre aus Kohlefaser, in Alu-Muffen verklebt (Monocoques steckten da noch in den Kinderschuhen), dazu die komplette Shimano XTR-Gruppe. Ein Hammerteil für sage und schreibe 3800 DM, also gefühlte Lichtjahre vom Track entfernt. Es gab das CFM-1 optional auch noch mit Rock Shox MAG 21-Gabel bei ansonsten gleicher Ausstattung, damit überschritt das Rad sogar deutlich die 4000 DM-Marke.
Irgendwann reifte beim Stöbern in ebay mal die Idee, mir ein gebrauchtes Cadex aus dem 1993er Jahrgang zu kaufen. Nicht unbedingt das Topmodell und zur Not auch eines aus einem anderen Jahrgang. Ich guckte immer mal, habe aber nicht wirklich danach gesucht. Eines Tages entdeckte ich zufällig ein Angebot, das noch 3 Tage lief. Foto klein und sehr unscharf, Gebot stand noch niedrig, NUR Abholung, 100 km von Aachen entfernt, Rahmenhöhe genau passend. Man konnte auf dem Bild keinen Schriftzug lesen und es war das Jahr 1995 angegeben, aber die Farbgebung des Cadex und die gelistete Ausstattung ließen keine Zweifel: Das war ein 1993er CFM-1. Laut Beschreibung mit Gebrauchsspuren, aber stets gepflegt. Ich ließ es ohne Besichtigung drauf ankommen, gab 255 Euro Maximalgebot ein und erhielt für 248 € den Zuschlag.
Vor Ort dann die angenehme Überraschung: Das Rad entsprach tatsächlich exakt der Beschreibung, es hatte von 15 Jahren Einsatz Gebrauchsspuren, aber nichts Wildes, und es machte einen relativ gepflegten Eindruck. Und vor allem: Es war (fast) original belassen und unverbastelt. Der sehr sympathische Verkäufer fuhr hauptsächlich Rennrad und verkaufte das Cadex, weil er kaum noch damit fuhr. Er war sichtlich erfreut darüber, dass der Käufer sehr genau wusste, was er da ersteigert hatte und das Rad somit in gute Hände kam.
Bremsen, Ritzel, Kette, Kettenblätter - überall noch ordentlich „Fleisch“ da. Die Lenkergriffe waren verschlissen und die Lenkerenden hatten deutliche Grate. Hier wurde von mir nachgearbeitet und neue Griffe verbaut. Bremsen und Schaltung wurden exakt eingestellt und neue Reifen aufgezogen. Das Rad war in zwei Punkten nicht original: An Stelle der Shimano-Clickpedale waren normale Bärentatzen verbaut - was kein Problem war, da es stilistisch passt und ich eh ohne Clickies fahre - und der Sattel war falsch. Es handelte sich um einen braunen San Marco-Ledersattel mit Nieten, der fürchterlich an dem Rad aussah. Im Original war ein Vetta SL verbaut, den ich in gutem Zustand mit etwas Geduld zum Glück bei ebay aufspürte und ergattern konnte.
Dieses Rad ist für mich quasi ein Sammlerstück, abgesehen von gelegentlichen Bewegungsfahrten fahre ich nicht damit. Es ist ein reines Cross-Country Renngerät, das merkt man beim Fahren sofort, es macht für die Stadt oder Touren keinen Sinn. Es erinnert mit seinem Fahrverhalten und der starren Gabel mehr an etwas, was man heute „Fitnessrad“ nennt, eine Kreuzung aus Crossrad mit geradem Lenker und Rennrad. Deshalb habe ich es vor kurzem auf leichte MTB-Slicks umgerüstet, jetzt geht es mit seinen 26“-Rädern richtig gierig um die Ecken. Es ist quasi der Saab 99 unter den Fahrrädern.