Bei Saab-D stehen 75 Stellen auf der Kippe; Händler in Hessen bleiben gelassen.
Frankfurter Rundschau v. 03.03.2009, S.9, Ausgabe: R Region
Von Martin Brust
und Jonas Wisser
Bei Saab stehen 75 Stellen auf der Kippe
Händler in Hessen bleiben bislang gelassen – und ihre Kunden auch / Gewinner könnten freie Werkstätten sein
Bei uns rufen wegen der Insolvenz von Saab schon Kunden an, aber die meisten wollen Sympathie ausdrücken", sagt Heike Herzog vom Saab-Zentrum Frankfurt. Das Fechenheimer Autohaus ist die größte Niederlassung der deutschen Saab-Tochter, deren Zentrale in Rüsselsheim sitzt.
Wenn die Restrukturierung von Saab in Schweden nicht gelingt, ist auch die deutsche Tochter von der Insolvenz bedroht. Die trifft dann auch die Frankfurter Niederlassung, erklärt Manfred Daun von Saab Deutschland. Dann droht Arbeitslosigkeit für die 25 Angestellten in Frankfurt und die 50, die sich in Rüsselsheimer um Vertrieb, Marketing und After Sales-Aktivitäten kümmern. Aber noch herrscht normaler Geschäftsbetrieb, so Daun, Ersatzteilversorgung und Garantiefälle seien sicher. Bislang, sagt auch Saab-Händlerin Herzog, spürt sie keine Folgen der Krise. Im Gegenteil, es rufen sogar Kunden an und vereinbaren Probefahrten, die bislang keinen Saab fahren.
Herbert Schulz vom Autohaus Schulz in Schwalbach war bis vor zehn Jahren offizieller Saab-Händler. Dann verkleinerte das Unternehmen sein Verkaufsnetz von etwa 500 auf die gut 100 offiziellen Händler, die es heute noch umfasst. Als freie Saab-Werkstatt und Verkäufer von Gebrauchtwagen betreut Schulz seither die Saab-Gemeinschaft. Deren legendärer Zusammenhalt früher stärker gewesen sei. Schulz berichtet, dass seine Kunden gelassen auf die Nachrichten aus Schweden reagieren. "Problematische Reaktionen hatte ich keine, die Kunden warten ab", so Schulz. Er glaubt, dass potenzielle Käufer von Neuwagen verunsichert werden, befürchtet für sich und seine fünf Mitarbeiter aber keine negativen Folgen.
Vielleicht bessere Geschäfte
Im Gegenteil: Freie Saab-Werkstätten könnten möglicherweise sogar auf bessere Geschäfte hoffen. Wenn es für Saab keine Rettung gibt, werden sich vom Neuwagengeschäft lebende Händler einer anderen Marke anschließen, glaubt Schulz. Die Zahl der Anlaufstellen für die Saab-Gemeinde würde sich verringern, freie Spezialisten könnten profitieren.
Das Autohaus Kurländer firmiert im Telefonbuch als Saab-Zentrum Bergstraße, aber Geschäftsführer Jörg Kurländer verkauft die Marke schon seit 2007 nicht mehr. Die Wagen seien kaum noch gekauft worden, jetzt werden sie nur noch repariert. 50 Mitarbeiter beschäftigt das Autohaus, darunter vier Auszubildende.
Im Darmstädter Autohaus der Brass-Gruppe wurde der Saab-Vetrieb Ende Februar eingestellt. Achim Vasholz, bisher für den Verkauf zuständig, sagt, die Modelle seien zuletzt fast überhaupt nicht mehr nachgefragt worden. Die Ausstellungsstücke wurden entfernt, in Einzelfällen werde man Kundenanfragen nachkommen, so Vasholz. Auch der Reparaturservice bleibt.
Beim Saab-Service Dürkop in Kassel macht das Geschäft mit den Schweden nur zwei Prozent aus. Die Filiale gehört zu einer Gruppe von 18 Autohäusern mit Sitz in Braunschweig, die alle Opel-Fahrzeuge verkaufen. Hinzu kommt jeweils eine andere Marke, in Kassel und Braunschweig ist das Saab. "In den letzten Jahren ist das Volumen der Saab-Verkäufe immer geringer geworden", so Stefan Quary, Dürkop-Geschäftsführer. Angesichts der geringen Bedeutung, die Saab für ihn hat, erwartet er keine gravierenden Nachteile, sollte Saab Deutschland insolvent werden.
Quary glaubt nicht an eine Rettung – zu groß seien die Versäumnisse bei der Produktentwicklung, zu schlecht das Verhältnis zwischen Absatz und Kosten. Deshalb wird Dürkop sich nicht an einer Rettungsaktion beteiligen, für die ein Dresdner Händler um Mitstreiter wirbt.
Über die Internetseite rescue-saab.com sucht Tobias Kaboth Kunden, Händler und andere Enthusiasten, die mit eigenem Geld zum Bestand von Saab beitragen. Nicht als Spende, sondern um Aktionär zu werden. Knapp 12 000 Menschen haben sich binnen 10 Tagen registriert – ob sie tatsächlich Geld geben, bleibt abzuwarten. Selbst wenn eine Rettung gelänge, so Quary, würde sie das Leben von Saab verlängern, aber nicht die Probleme lösen.