WI-JX900
SAAB-Kasper im Ruhestand
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Danke für den Link, aber "Hätte, könnte, täte, würde..."
Also, für *diese* nachrichtentechnische Meisterleistung und den Rest des Artikels gäbe es von *mir* jedenfalls *kein* Zeilenhonorar. Journalisten sollen verdammt noch mal - wie in früheren Zeiten - Hintergründe aufdecken und allgemeinverständlich für die breite Masse aufarbeiten - und nicht noch zusätzlich rumfaselnderweise im seit Monaten treibgas-aufgeblähten Hefekuchen mitrühren...
Frei von Fakten, alles wie gehabt reine Spekulation.
so, nachdem der server seinen schluckauf überstanden zu haben scheint, versuche ich nochmal eine antwort:
ach, josef, übe nachsicht mit den armen kollegen, die mangels news immer neue locken auf der immer gleichen glatze drehen müssen. es ist kein spaß, über solche verhandlungen zu berichten, von denen die ganze welt (oder zumindest der teil der welt, der sich für den inhalt oder wenigstens das ergebnis dieser verhandlungen interessiert) wissen will, was vor sich geht. vor allem, wenn wirklich nichts neues zu berichten ist. man muss dann nämlich trotzdem berichten.
die höchststrafe sind: tarifverhandlungen, vor allem solche von größerem öffentlichen interesse.
mit grausen erinnere ich mich an die telekom-tarifverhandlungen im juni 2007. (also jene tarifverhandlungen, an deren ende die telekom dann doch 25.000 mitarbeiter in sog. "service-gesellschaften" mit schlechterer bezahlung, längerer arbeitszeit und weniger arbeitsplatzsicherheit ausgelagert hat.)
nicht nur, dass die telekom und ver.di als verhandlungsort bad neuenahr gewählt hatten. bad neuenahr, wo tagsüber rentner in beigen popelinejacken die gehwege bevölkern, die um 21 uhr hochgeklappt werden. bad neuenahr, wo das tagungshotel über nacht die zimmerpreise um 20 euro aufgestockt hatte, um seinen gerechten anteil am inhalt der spesensäckel der versammelten journaille zu bekommen. bad neuenahr, wo man keine zwanzig schritte vom verhandlungszimmer wegkonnte, weil ja jeden moment etwas entscheidendes geschehen konnte - was dann aber vier tage lang erstmal nicht geschah.
stattdessen: warten. warten. warten. zwischendurch gespräche mit den presseleuten der verhandlungsgegner, die einem angeblich vertrauliche tipps gaben - die sie aber allen anwesenden journalisten gaben und die natürlich nix taugten, sondern nur stimmung machen sollten.
immer, wenn die tür des verhandlungszimmers aufging, musste die kameraleute und fotografen aufspringen und besinnungslos draufhalten: licht an, blitz scharf, klackklackklack, drehdrehdreh. in aller regel war es dann aber doch nur die servicekraft, die mit einem servierwägelchen voller leerer kaffeekannen, dreckiger kaffeetassen und abgefressener brötchenplatten rauskam und in jenem juni 2007 zur meistfotografierten und meistgefilmten servicekraft deutschlands wurde.
am entspanntesten waren noch die kollegen von SPIEGEL, FOCUS & co. - die haben sich halt nur gelangweilt und auf das ende mit oder ohne ergebnis gewartet. die tageszeitungskollegen musste einmal am tag aufschreiben, dass es nichts neues gab, ohne dass der leser merken durfte, dass es nichts neues gab. wir elektronischen (TV, radio) standen schon drei- bis sechsmal am tag vor dem mikrofon bzw. der kamera und mussten das immer selbe paraphrasieren, ohne dass der hörer/zuschauer merken durfte, dass er das immer selbe sah/hörte. ganz mies waren die kollegen von den nachrichtenagenturen dran, deren zentralen (dpa, ddp, reuters etc.) im halbstundentakt aktualisierte nachrichten und berichte verlangten, obwohl es nichts aktuell neues gab.
aber es ist nun einmal unmöglich, AB-SO-LUT UN-MÖGLICH, den zentralen in köln, berlin, mainz, münchen, frankfurt oder woauchimmer die blattplaner und sendeplatzverwalter im schutze ihrer geheizten redaktiosstuben den gummibaum beim wachsen bestaunen, klarzumachen, dass sich eine stunde, einen halben tag, eine ganze nacht lang eben nichts berichtenswertes ereignet hat.
die einzige revanche, die ich in der situation gesehen habe, war die: ich habe drei tage lang in jedem beitrag, jedem kommentar, jedem live-gespräch aus bad neuenahr den immer selben satz untergebracht - "man könnte auch sagen: wie schnell ist nichts passiert."
die darauf bezug nehmende e-mail meines damaligen chefredakteurs ist im sender noch heute legendär...

also, josef: sei nachsichtig. die armen schweine vor ort haben keine chance, wenn sie nicht um aufträge und arbeitsplatz bangen wollen - die müssen in immer neuen worten beschreiben, dass gerade eben wieder mal nichts passiert ist.
und solange es jemand druckt/sendet, wird das auch so bleiben...