Sie kannten ja sämtliche Pläne und konnten die Saab Chancen abwägen. Dass sie letztlich recht hatten, zeigt der gestrige Konkurs.
Tatsächlich hat die Regierung aber bereits Einiges für Saab getan: als sich vor Jahren ein Kampf um die Produktionstätten Trollhättan oder Rüsselsheim abzeichnete, bat Saab dringend um bessere Verkehrsanbindung und bekam sie auch. R44 wurde zur Autobahn ausgebaut, die R45 zwischen Göteborg und Trollhättan ist im Bau. Kommt zwar der ganzen Region zugute, Auslöser war jedoch Saab.
Absolut richtig. Der Haken an der Sache ist, dass die Region nun ohne Saab dasteht. In der Bilanz der Regierung ist es so aufgegangen, dass Saab zwar weg ist, die Infrastruktur der Region aber gestärkt. Der Verlust kann also besser verkraftet werden. Ein Erfolg?
Der Autobahnbau ist und war schon immer eine beliebte Methode von Regierungen (in den letzten Jahren in Skandinavien vor allem auf der Agenda der Rechtsliberalen, vorher aber auch ein gern gerittenes rotes Steckenpferd) um in "strukturschwachen" Regionen für Optimismus und Wählerstimmen zu sorgen. Die tatsächliche Wirkung sei dahingestellt. In Dänemark z. B. wird gerade auf Betreiben des Danfoss-Konzerns eine eigene Autobahn in das 20.000-Einwohner-Städtchen Sønderborg gebaut. Kaum war das beschlossene Sache, hat die Firma (trotz Milliardengewinns) massiv entlassen. Weil sich die Regierung nicht dagegen abgesichert hat. Eine Politik, in der der Staat Garantien von der Wirtschaft verlangt, wäre ja keine liberale Politik.
Bei Saab hätte es anders laufen können, denn die Regierung hätte leichtes Spiel gehabt, massiv ins Wohl und Wehe Saabs einzugreifen und zu helfen, den Konzern zu rekonstruieren – und dann auch Ansprüche zu stellen. Das wäre aber keine Liberale Politik gewesen und war deshalb auch nicht zu erwarten.
Ich bleibe dabei, dass die schwedische Regierung Saab aus ideologischer Überzeugung hat ausbluten lassen und während des Prozesses versucht hat, eine weiße Weste zu behalten und womöglich noch Profit in Form von Wählerstimmen aus der Sache zu schlagen. Wie gesagt, das ist ihr gutes Recht, aber es ist überspitzt formuliert heuchlerisch. Ich erinnere mich, dass Frau Olofsson zu Beginn der Saab-Verhandlungen wesentlich deutlicher (unvorsichtiger?) Stellung bezog als zuletzt und als in der Folge Frau Lööf.
Ich weiß zu wenig über die Automobilbranche als dass ich mir ein realistisches Urteil über die Chancen Saabs am Weltmarkt bilden kann. Ich weiß aber auch, dass es vor allem oder sagen wir zu einem großen Teil die Schwarzmalerei gerade aus Kreisen der heutigen schwedischen Regierung und ihrer Unterstützer in den Medien etc. pp. war, die in den letzten Jahren Saab Kunden und Aufträge gekostet hat.
Schon nach der GM-Übernahme hieß es bei den gleichen Leuten, dass Saab jetzt keine "schwedische" Marke mehr sei und deshalb abzulehnen. Auch damals hatte Saab extrem schlechte Presse in Schweden - nicht nur wegen der Qualität der Autos, sondern eben auch weil plötzlich die Amerikaner und die Deutschen im Spiel waren. Das war also nicht Recht.
Als Saab dann wieder schwedisch werden wollte/sollte, war das aus ihrer Sicht ein romantischer, aber nicht ernstzunehmender Versuch, einen toten Organismus wiederzubeleben.
Dass Saab durch den Einsatz DIESER schwedischen Regierung nicht zu retten gewesen wäre, kann ich mir durchaus vorstellen, aber ich kann nicht glauben, dass das Unternehmen durch einen beherzten Einsatz einer fähigen schwedischen Regierung nicht in irgendeiner Form zu retten und zu betreiben gewesen wäre. Die technischen Kompetenzen sind bei Saab und in der Region vorhanden, nicht nur zukunftsfähige, sondern auch zukunftsweisende Fahrzeuge zu entwickeln.
Mit Saab geht nun (womöglich...) ein bedeutender Träger schwedischer Identität (jedes schwedische Auto auf den Straßen der Welt ist Werbung für den "Standort"und die "Marke" Schweden, vom 9-7x abgesehen...) und, das darf man nicht vergessen, ein für schwedische Verhältnisse großer Arbeitgeber. Die Wahrheit ist, dass Saab einfach zu wenige Autos verkauft hat. Die Wahrheit ist aber auch, dass die schwedische Gesellschaft eine große Chance hat liegen lassen.
Jetzt werden die Chinesen sich die Reste von Saab schnappen und den Schweden zeigen, was alles möglich ist, wenn hinter der Wirtschaft ein starker Staat steht.
(Um Protesten vorzubeugen: Nein, ich bin kein Kommunist und ich finde die Menschenrechte auch ganz wichtig)