Ich würde Fiat als "unbekannten westeuropäischen Bieter" noch in den Raum werfen wollen... Fiat fehlt die komplette Mittelklasse. Alfa hat nichts, Lancia hat nichts, Chrysler taugt auch nicht richtig. Da käme SAAB gerade recht. Interessanterweise haben die sogar Motoren für diese Fahrzeugklasse in der Hinterhand (bspw. der 1.8 TBI), aber ohne Überbau (der 159er ist ja gerade ausgelaufen). Wie es um die Kriegskasse und die übrigen Fabrikkapazitäten bestellt ist, weiß ich aber nicht...
Fiat ist und bleibt Spezialist für kleinere Autos bis max. Golf-Größe. Es gab nie nennenswerte Erfolge in der oberen Mittelklasse oder darüber. Der Fiat 132 (der Argenta nicht) und der Croma waren noch einigermaßen erfolgreich. Aber darüber ging nichts und wird nichts gehen. Für andere Segmente hat man ja Lancia, Alfa, Maserati, Ferrari. Durch die Übernahme des Chrysler-Konzerns haben sich nun weitere Möglichkeiten eröffnet. Fiat bekam den Freemont, der keinen italienischen Namen erhielt, weil er eine Fahrzeugkategorie bedient, die es bei Fiat noch nie gab und der Name vielleicht besser in die Marketing-Strategie passt. Der Voyager ersetzt den Eurovan 2 und heißt weiterhin so. Immerhin war der Chrysler Voyager in Europa Vorreiter für eine Fahrzeugkategorie und - wie Jeep - relativ erfolgreich. Ein neuer Name wäre Unsinn. Da sich SAAB-Liebhaber wohl etwas weniger mit dem Fiat-Konzern befassen, möchte ich anmerken, dass Lancia insgesamt erfolgreicher ist als Alfa. Die Zahlen in Deutschland sind irrelevant. Obwohl man bestenfalls ein Viertel des Alfa-Werbeetats bekommt und über einige Jahre die Produktpalette viel kleiner war, hat man mehr Autos verkauft. Alfa hat innerhalb der Konzernführung eine sehr starke Lobby und diese Leute würden Lancia gern vernichten. Dürfte Lancia wieder sportlich tätig werden, also z.B. einen Delta Integrale bringen oder offiziell mit den New Stratos operieren, wäre Alfa "weg vom Fenster". Deshalb wurde Lancia behindert, wo es nur ging. Da sich aber SM (Sergio Marchionne) den Chrysler-Konzern samt Jeep unter den Nagel reißen konnte, kann man Lancia nun komplett ausstatten, aber mit anderer Zielrichtung als Alfa. Die Presse meckert zwar über umgelabelte Chrysler, aber das ist typisch oberflächliche Recherche dieser Schmierfinken. Tatsächlich ist der New Thema keineswegs ein alter Chrysler 300 mit Lancia-Emblem, sondern ein völlig überarbeitetes Übergangsmodell. Er konkurriert in Größe, Ausstattung, Motorisierung mit BMW 7-er, S-Klasse, A8. Aber preislich liegt er sogar noch günstiger als 5-er, E oder A6. Man konnte in dieser neuen Situation nicht lauter ganz neue Autos entwickeln und mal für 4 Jahre nichts bauen, nichts verkaufen. Wovon dann die Entwicklung bezahlen? US-Käufer des neuen Chrysler (heißt nur in EUR außer UK, IRL Lancia), bescheinigen dem Auto einen Quantensprung in Sachen Finish und Fahreigenschaften. In 1914/15 werden dann deutlich europäischere Nachfolger kommen. Die vom 200 abstammende Cabrioversion soll Flavia heißen. Fans sind nicht glücklich über das Aufwärmen traditionsreicher Namen. Aber immerhin ist es das erste Cabrio nach der echten Flavia (60-er Jahre). Also nach über 50 Jahren Abstinenz. Den Beta Spider und den Montecarlo Targa kann man nicht als richtige Cabrios ansehen. Was jetzt von Chrysler beigesteuert wird, soll die Zeit überbrücken, bis die Neukonstruktionen fertig sind. Eine Annäherung zwischen US-Fans und Italo-Fans ist mit diesen Modellen auch leichter als eine brutale Änderung. SM hat sich sehr viel vorgenommen und es könnte sogar funktionieren. Immerhin hat Daimler mit Chrysler die große Bauchlandung gemacht und viele Milliarden verlocht. SM ist Italokanadier und kann vermutlich besser auf die Mentalität der Amis und der Europäer eingehen. In kürzester Zeit konnte Chrysler die Staatskredite zurückzahlen und macht wieder Gewinne. Wo aber soll in diesem Konzern Platz für die kläglichen SAAB-Reste sein? Das wäre noch eine Option gewesen, als SM an Opel interessiert war und man SAAB und Lancia zu einer Einheit hätte formen können. Der Zug ist abgefahren! Das Werk in THN ist auch kein Standort, der irgendeinen Sinn macht. Da wäre es billiger, eine ganz neue Fabrik in Malaysia zu bauen. Und das Herumgeeiere der letzten Jahre hat den guten Namen SAAB's derart beschädigt, dass der auch keinen Wert mehr hätte, zumal ja die Rechte ohnehin nicht in der Konkursmasse enthalten sind.
BMW halte ich auch für abwegig. Die haben das volle Programm, wofür also SAAB? Dass Rover daneben ging, dürfte wohl nur zum Teil BMW angelastet werden. Die Engländer konnten es wohl nicht mit ihrem Stolz vereinbaren, dass Deutsche nun das Sagen haben. Dabei haben die nicht verstanden, dass die Rover-worker samt ihrer Gewerkschaft an ihrem eigenen Untergang arbeiteten. Komischerweise haben die Leute in der Mini-Produktion oder bei Rolls Royce die Rettungsversuche unterstützt und nicht sabotiert. Ich würde BMW schon für absolut fähig halten, SAAB zu retten, aber ich sehe keinen Sinn (für BMW) darin, hier Geld und Arbeit zu investieren.