Ich hole jetzt mal etwas aus, da ich das wichtig finde und mich die nicht nur in der Tagespolitik zu beobachtenden Identitätsspielchen zwischen den angeblich ideologiefreien "Machern" und vorgeblich ideologiegetriebenen "Träumern" langweilen.
Also Pragmatismus halte ich nun für das genaue Gegenstück zur Ideologie.
Ist Pragmatimus nun zwingend ungleich Ideologie...
pragmatische Kollegen der selben Ideologien
...oder ist Pragmatismus eine spezifische Form der Handhabung von Ideologie?
Also Pragmatismus halte ich nun für das genaue Gegenstück zur Ideologie.
Denn egal, auf welchem ideologischen Standpunkt man steht, bleibt die Praxis eben die Praxis.
Was ist die "Praxis"? Praxis in diesem Sinne ist für mich ein Ausdruck dessen, was "machbar" ist und damit nicht gänzlich neutral - denn das Machbare ist das, was in den Status Quo passt, allein das, was
gegenwärtig unmittelbar machbar ist und damit das, was die bestehenden Verhältnisse am Ende am besten stützt. Im Gegenzug wird entsprechend alles das als reine "Theorie" verfemt, was sich nicht verlustfrei, d.h. ohne Veränderung des Bestehenden, in die praktische Gegenwart integrieren lässt. Da aber die gegenwärtigen Verhältnisse niemals alternativlos sind (und, ganz pragmatisch gedacht, niemals sein sollten), kann es auch nicht so etwas wie die eine "Praxis" geben. Denn genau dann wird sie zur Ideologie, die - wie alle anderen Ideologien eben auch - auf radikale Weise Besseres vom Schlechteren trennt. In der DDR war die Praxis immer das, was in die eigene vulgäre Interpretation einer Theorie passte - selbst die Ausrichtung aller Praxis an einer (eindimensional verstandenen) Theorie ist daher am Ende pragmatisch im schlechten Sinne.
Du sagst:
eine möglichst für alle irgendwie trag- und brauchbare Lösung.
Trag- und brauchbar für möglichst alle, klar - nur, wer sind "alle" - das sind konkret "alle" im Kontext des Status Quo, also Angehörige einer Nation, einer gesellschaftlichen Gruppe, einer Unternehmensbranche, oder einer wie auch immer im Vorfeld definierten Gruppe. Ich finde nicht, dass das grundsätzlich schlecht ist, vielmehr oftmals notwendig - aber man muss sich dessen bewusst sein und den Kreis der Begünstigten immer zu erweitern bestrebt sein.
Was ich meine: So etwas wie eine im freien Raum residierende "ideale" Praxis und damit einen neutralen Pragmatismus gibt es nicht. Man muss das immer im Kontext sehen. Auch pragmatische Menschen sind Menschen.
Soviel zu den Bedingungen des Pragmatismus.
Was nicht bedeutet, dass ich dem Pragmatismus in Gänze abgeneigt wäre. Ich würde vielleicht für so etwas wie einen pluralistischen Pragmatismus werben, der "Praxis" nicht immer nur als das versteht, was unmittelbar ist, sondern auch versucht, darüber hinaus wirklich bessere Lösungen zu finden. Pragmatisch bedeutet für mich das, was effektiv ist, d.h. im Interesse der jeweiligen Sache oder der Menschen ist und eben nicht allein den bestehenden - in vielen Bereichen unidealen - Verhältnissen und damit Partikularinteressen nützen sollen. Genau solches Schindluder wird aber öfters gerade von solchen Leuten betrieben, die sich ihren Pragmatismus und ihre Praxis ganz oben auf die Fahne schreiben und meinen, nicht ideologisch zu sein. Das ist dann eben keine pragmatische Ideologie mehr, um bei Deiner Formulierung zu bleiben, sondern ideologische Ideologie. Es tut gut, immer mal wieder zurückzutreten und gerade auch solchen Entscheidungen eine "pragmatische" Chance zu geben, die auf den allerersten, verkürzten Blick als "nicht umsetzbar", "Hirngespinste" usw. erscheinen.
Und jetzt pathetisch: Am Ende darf Pragmatismus nicht der Praxis dienen, sondern muss den Menschen nützen wollen. Denn "Praxis" als Selbstzweck wendet sich immer gegen den Menschen. Ich denke, da sind wir uns einig,
@René .