Und jeder der franz als erste Fremdsprache lernt, mindert natürlich die Summe der Eng-Kompetenz.
Meines Erachtens sollte weltweit nur noch engl. als einzige Fremdsprache in größerem Umfange unterrichtet werden. Dann wäre das Thema wohl recht schnell vom Tisch.
Mehrere 'wichtige' Fremdsprachen führen einfach zum Verzetteln
Na ja. Das habe ich ganz anders erlebt.
Ich war auf dem bilingualen Zweig einer "Europa-Schule", d.h. in der Unterstufe verstärkter Englischunterricht, in der Mittelstufe und Oberstufe wurden Erdkunde, Biologie, Sozialkunde ebenfalls auf Englisch unterrichtet, Englisch stand als erster Leistungskurs fest. In der 7. kam Latein dazu, in der 9. Französisch und in der 11 noch Spanisch.
Dabei haben die Lehrer es dann noch fertiggebracht, mich für Fremdsprachen so zu begeistern, daß Französisch der zweite Leistungskurs wurde und ich weit nach Ende der Schulzeit auch noch Schwedisch gelernt habe... Leider sind die Spanisch-Kenntnisse nahezu völlig passiviert und das Französisch mittlerweile eingerostet, aber das liegt nur am Nichgebrauch mangels Notwendigkeit, nicht an der Vermittlung in der Schule.
In Englisch, das einem im Netz, im Dienst und selbst beim Musikhören dauernd begegnet blieb auch nach über zehn Jahren noch ein "vierer"-
SLP, bei Französich, daß ich im Dienst nur sporadisch und im Abstand einiger Jahre brauchte, nur ein "dreier". Wobei mir bei den mehrwöchigen Episoden, in denen ich während meiner Dienstzeit Französisch sprechen mußte, die am ersten Tag noch abhanden gekommen geglaubte Sprache meistens in der zweiten Woche wieder zurückgekehrt war. Nur Spanisch habe ich halt leider so gut nie gebraucht... ich verstehe es zwar immer noch, ich kann mich nur kaum noch mündlich in der Sprache ausdrücken.
Es ist also offensichtlich möglich, in der Schule mehr als nur eine Fremdsprache erfolgreich zu vermitteln. Natürlich leidet, wenn man das so exzessiv betreibt wie das an unserer Schule in den 90ern möglich war, etwas anderes darunter. Eine bessere Mathe-Ausbildung hätte mir zum Beispiel ganz sicher nicht geschadet.
Aber die Beschänkung auf lediglich eine Fremdsprache als Voraussetzung für bessere sprachliche Fähigkeiten sehen zu wollen ist hirnrissig!
Ich finde es eher schade und unheimlich einschränkend, daß sich das Kapitel "Fremdsprachen" in Deutschland im allgemeinen nur auf das Englische beschränkt. Dabei geht so viel verloren... gerade die Vielsprachigkeit und die dadurch ausgedrückte kulturelle Vielfalt ist es doch, was Europa ausmacht. Für mich persönlich gehört es einfach zu einer fundierten Allgemeinbildung dazu, auch über Länder- und Sprachrenzen hinweg kommunizieren zu können. Als ich in Frankfurt (Oder) gewohnt habe habe ich natürlich auch versucht, mir zumindest einige polnische Brocken beizubringen, um zumindest Guten Tag, bitte und danke sagen, mir im Restaurant etwas bestellen, an der Tankstelle bezahlen und meinen überaus attraktiven polnischen Kommilitoninnen Komplimente machen zu können. (Ich hätte gerne noch mehr gelernt, aber dazu war die Sprache zu schwierig und die Zeit leider zu kurz.)
Natürlich ist Europa zu divers, als das man jede Sprache lernen könnte, und natürlich erleichtert eine "lingua franca", die überall verstanden wird die Sache ungemein. Ob das nun unbedingt das Englische sein muß sei mal dahingestellt, es hat sich nunmal so etabliert. Eine Beschränkung auf die lingua franca alleine ist aber nicht sinnvoll, auch weil im Sprachunterricht ja nicht nur die Sprache, sondern notwendigerweise auch Kultur und Geschichte des jeweiligen Landes vermittelt werden. Es schadet also ganz sicher nicht, wenn man die Sprache hinter der nächstgelegenen Landesgrenze zumindest in Grundzügigen erlernt. (Im "Westen" lernte man zusätzlich zum Englischen meistens Französich, weil Frankreich der mit Abstand wichtigste Handelspartner der "alten" Bundesrepublik war und die meisten Polen lernen aus dem gleichen Grunde etwas Deutsch, aber welche Brandenburger lernt schon Polnisch?)
Ich halte jenseits des unmittelbaren praktischen Nutzens die Mehrsprachigkeit aus gerade diesem Grunde für ein unbedingt anzustrebendes Ideal: wer fremde Sprachen lernt, der entwickelt auch Verständnis für bestimmte kulturelle Eigenheiten und Empfindsamkeiten. Sprache ist Werkzeug intellektuellen Wahrnehmung. Wer erfahren hat, daß der gleiche Sachverhalt nicht nur auf zwei, sondern auf mehreren, verschiedensten Arten wahrgenommen werden kann, der geht auch davon aus, daß in dem ihm noch fremden Sprachen/Kulturen auch von anderen Wahrnehmungen auszugehen ist. Der ist auch eher geneigt, eine solche andere Wahrnehmung nicht nur wenn sie ihm gegenübertritt als bedenkenswert anzuerkennen, der wird, weil er nicht von der Selbstverständlichkeit seiner Weltdeutung ausgeht, sich auch aktiv um das Verstehen des Anderen bemühen. Das ist in einem Europa, das nur auf Grundlage internationaler Kooperation funktionieren kann, eine nicht hoch genug einzuschätzende Fähigkeit, die übrigens nicht nur Politikern und grenzüberschreitend tätigen Geschäftsleuten, sondern auch jedem Bürger, auf dessen Beurteilungen und Überzeugungen ja die politische Landschaft seines Landes beruht, gut zu Gesicht stünde.
Um wieder zum Praktischen zurückzukommen:
Sehr hilfreich wäre übrigens, in Deutschland endlich die Unsitte der Synchronisierung von Filmen abzustellen. Filme im Originalton mit Untertiteln würden den fremdsprachlichen Fähigkeiten der breiten Bevölkerung deutlich mehr helfen als jede schulische Schwerpunktsetzung.