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SAAB-Qualität? Persönliche Anmerkungen eines FAZ-Autoren

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Veröffentlicht

Tja, da hatte einer seinerzeit wohl ein Montagsauto erwischt... :smile:

In der FAZ vom 20. April 1993 erinnert sich Rolf Kaiser an sein Leben mit einem SAAB 900. Und weil auch dieses Dokument schlecht lesbar ist, kommt hier nochmal eine leserliche Version.

 

Viel Spaß beim Lesen (vor allem der Neu-SAAB-Fraktion, die immer schon ahnte, dass früher eben nicht alles besser war - schon gar nicht die Autos aus Schweden...)

 

:biggrin:

 

Wonniges Ringen noch ohne Sieger

Autos über die Jahre hinweg: Saab 900 EMS/Der Rost und die Liebe

Natürlich war ich vernarrt in diesen grünen Saab 900 EMS, als ich ihn im Juli 1984 bei einem Volvo-Händler war. Dass das Auto fünf Jahre und 121.000 Kilometer hinter sich hatte, sollte bei einem Saab ("nach 100.000 gerade erst eingefahren") keine Rolle spielen. Kupplung und Getriebe waren soeben erst erneuert worden, der Gesamtzustand schien gut zu sein. Zu dem frühen Getriebeschaden teilte mir die Saab-Werkstatt mit, das sei ein ausgesprochener Saab-Schwachpunkt. Etwas irritierend so ein Schwachpunkt, aber dafür war er erst einmal beseitigt.

 

Endlich am Lenkrad, stieg die Vernarrtheit trotz steinharter Federung und viel Lärm im Innenraum stetig an. Allein der Blick durch die seitlich leicht gewölbte Frontscheibe in die Welt: unbezahlbar. Die Welt war auch in Ordnung, jedenfalls was den grünen Saab anging, denn der benötigte nichts außer Benzin (knapp 10 Liter auf 100 Kilometer), Öl (kein Verbrauch zwischen den Wechseln), Bremsbelägen (vorne nach 25.000, hinten nach 50.000 Kilometern), Reifen (vorne nach 30.000, hinten nach fast 50.000 Kilometern), Auspuff (nach drei Jahren) und Kleinkram. Bei Kilometerstand 149.000 hörte ich ein metallisches Hämmern aus dem Motorraum, eindeutig lauter als sonst. Es ist kein schmiedeeiserner Troll, sondern ein Pleuellagerschaden. Das unsägliche Wort geht dem Saab-Meister glatt über die Lippen. 3.155 Mark sind zu berappen. Ich werte das als persönlichen Angriff des Saab auf mein Saab-Bewusstsein.

 

Nach dem ersten Winter wittere ich den nächsten Angriff - viele kleine, braune Flecken im grünen Kleid. Die Saab-Werkstatt stellt ungerührt Durchrostungen fest: Radläufe, Schweller, Türrahmen, Heckklappe, Motorhaube, Frontscheibenrahmen und - als Höhepunkt - das Dach vorn rechts. Nach sechs Jahren. Ich denke an ähnlichen Rost bei meinem VW Polo Mitte der siebziger Jahre und die damalige Werkshilfe. Aber der Saab-Kundendienstingenieur erklärt mir, solche Leistungen seien nicht vorgesehen. Offenbar ist das mehr etwas für "Billighersteller".

 

Im Vertrauen auf im Alter nachlassende Angriffslust tat ich etwas für ein verlängertes Leben: Restaurierung und Neulackierung für 6.120 Mark. Das hatte zwei Vorteile: Das Auto sah schick aus, und nachfolgende Reparaturen erschienen mir geradezu lächerlich billig. Mit der Zeit stellte sich bei mir allerdings eine Neigung zum Zurückschlagen ein: Boshaft verzichtete ich auf die Heilung einer Vielzahl von Wehwehchen und wertete diese Schwächen einfach als Charaktermerkmale. Man sieht: Wir verkehrten miteinander quasi von gleich zu gleich. Nicht verzichten durfte ich auf den Austausch des Zylinderkopfes bei Kilometerstand 209.000, der Dampf aus dem Motorraum war zu dicht, man konnte die Straße nicht mehr sehen (2.340 Mark).

 

Zehn Jahre hatte mein grüner Saab jetzt hinter sich. Es war Sommer 1989 und schönes Wetter. Bei gemütlicher Fahrt plötzlich lautes Klappern hinten rechts. Schließlich die Entdeckung: Stoßdämpfer und Längslenker waren aus der Halterung gebrochen - Rost. Auf der anderen Seite hätte es noch ein paar Wochen gehalten, stellt die Werlstatt in gewohnter Gelassenheit fest. Und man stellte auch fest, dass die Träger des Vorderwagens ebenso verrostet waren wie die Bodenbleche im vorderen Fußraum.

 

Nun war eigentlich die Trennung fällig, aber es war zuviel investiert, in jeder Hinsicht. Ein guter Freund rettete mich und meinen geschätzten Feind, indem er tagelang ununterbrochen mit seinem Schweißgerät hantierte (3.500 Mark). Der Kampf konnte weitergehen. Eine neue Front wurde eröffnet: Benzingeruch sollte mich aus dem Auto treiben. Ich finde Benzinleitungen aus Kunststoff, locker durch den Innenraum gelegt und unter der Rückbank frei zur Besichtigung. Der Unterschied zum seinerzeit inkriminierten Hersteller Fiat ist nur, dass Saab diese Leitungen nicht durch solche aus Metall austauscht. Als kürzlich Kühlwasser in den Innenraum strömte, mussten Heizungskühler und -ventil getauscht werden. Der Ersatzteilpreis betrug 745 Mark (Mercedes 190: etwa ein Sechstel davon). Das ist der Preis für nordische Heizleistung.

 

Mittlerweile, nach fast 250.000 Kilometern, sind wir beide zum Erstaunen aller immer noch innig verbunden. Der Kampf geht weiter, doch der Sieger steht schon fest.

 

Rolf Kaiser

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Charmant. Und wahr. Man muß ein bisschen verrückt sein um sich sowas anzutun. Aber wenn der Artikel '93 erschien, dann weiß der Autor offensichtlich einen raren EMS zu schätzen. :smile:

Ich fürchte eher, dass der schon längst in der Tonne ist.

 

Und ich kann die Erfahrung des Herrn eigentlich nicht teilen. Ich fahre nunmehr seit genau zehn Jahren SAAB, habe immer regelmäßig Wartungen durchgeführt und Verschleißteile getauscht.

Darunter Bremsbeläge und -scheiben, Kühler, Traggelenke, WSS, ZDK.

 

Und ich hatte noch NIE Probleme (toitoitoi) mit meinem Wagen. Seit mittlerweile 270.000 Kilometern fährt er einfach.

sehr schöner Artikel. - Ich bin ja ein Fan von dieser wunderbaren "Saab-Belletristik"...

 

Mir fällt immer wieder auf, dass jeder so seine eigenen Momente des "kleinen Glücks" mit dem Auto hat.

 

Beim einen es ist die geschwungene Frontscheibe, beim anderen das Auspuff-Blubbern, der Geruch....

 

hach...schmacht - Da sage mal einer, Technik und Emotionalität seien gegensätzlich !

 

Also ich bin ja der festen Überzeugung, dass die beiden auch heute noch zusammen sind ? By the way, gibt es hier auch Herzchen-Smilies. :biggrin::biggrin::biggrin:

Rolf Kaiser arbeitet heute bei Mc Doof in der Frühschicht, weil er den Abend verschlafen hat? :confused:
Rolf Kaiser arbeitet heute bei Mc Doof in der Frühschicht, weil er den Abend verschlafen hat? ....

 

:confused:

Verstehe ich nicht.

:confused:

Verstehe ich nicht.

 

Ich versteh seinen Beitrag so, dass er

 

a) entweder den Artikel nicht mochte

b) den Autor kennt und diesen nicht mochte

c) meinen Beitrag nicht mochte

d) den Autor meines Beitrages nicht mochte. (da wir uns nicht kennen, fällt d) vielleicht doch noch weg. :biggrin:

 

... ich glaube, es fällt leichter diese Art der "unqualifizierten Nicht-Schrauber-Beiträge" zu genießen, wenn man sie nicht bezüglich ihrer technischen, sondern vielmehr bezüglich ihrer literarischen Qualität bewertet.

 

... und unter dem Aspekt ist das einfach ein charmant geschriebenes kurzweiliges Stückchen netter Unterhaltung...

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